Plötzlich erwachsen? Ein runder Geburtstag für "Prince Party"

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Prinz Harry gilt als wildestes Mitglied der britischen Royals mit Hang zu Parties und schrägem Humor. Am Montag wird er 30 - und scheint "reifer" geworden.

Wenn die Briten jemanden ins Herz schließen, ist es meist jemand, der ein bisschen aus der Reihe tanzt. Der Fußballer Paul Gascoigne etwa, ein schwerer Trinker und Pöbler, konnte und kann die Nation bewegen, der 1991 an Aids verstorbene Queen-Sänger Freddy Mercury bezaubert viele bis heute, und unter den Repräsentanten des Königshauses gehört die Zuneigung des Volkes eindeutig dessen wildestem Mitglied: Prinz Harry, der am Montag runde 30 Jahre alt wird. Wenn seine Mutter Diana einst die „Prinzessin der Herzen“ war, so ist der Rotschopf mit dem (spitz-)bübischen Lachen heute der „Prinz des Volkes“.

Obwohl Harry – geboren am 15. September 1984 um 16.20 Uhr als Prinz Henry Charles Albert David, Gewicht: 3,11 Kilogramm – so wie sein zwei Jahre älterer Bruder William mit dem sprichwörtlich goldenen Löffel im Mund zur Welt kam, war die Kindheit beider von der Zerrüttung der Ehe ihrer Eltern Prinz Charles und Lady Diana überschattet. „Schreiduelle, Türenschlagen, Auseinandersetzungen“ seien alltäglich gewesen, heißt es in einem neuen Buch der Journalistin Penny Juror. In die kollektive Erinnerung grub sich das Bild des 15-jährigen William und des zwölfjährigen Harry ein, wie sie am 6. September 1997 ihre Mutter nach deren Unfalltod in Paris zu Grabe trugen.

An Harry ging das nicht spurlos vorbei. „Wenn man etwas von ihm wollte, musste man das Gegenteil verlangen“, erinnert sich sein Ex-Kindermädchen laut Diana-Biograf Andrew Morton. Alle seien ihm dennoch immer wohlwollend gegenübergestanden, besonders die Queen habe ihn ins Herz geschlossen: „Nur wenn er sehr schlimm war, wurde er ,Henry‘ gerufen.“

Während William früh auf die Prinzenrolle eingeschworen wurde, gab Harry den Kasperl. Ken Wharfe, ein ehemaliger Leibwächter, erinnert sich: „William wollte als Kind Polizist werden, aber Harry verspottete ihn immer: ,Das geht nicht, du musst König werden!‘“ Der Psychologe Frank Sulloway schreibt über Harry: „Für das jüngere Kind ist Humor ein großartiges Mittel, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.“ Mit seinem etwas eigenartigen Sinn für Humor (bis heute wirft er angeblich, wenn er sich langweilt, bei Tisch zur „Unterhaltung“ mit Gebäck herum) hat Harry sogar die Weltöffentlichkeit erregt. Im Jänner 2005 wurde er auf einer Party in Nazi-Uniform fotografiert. Nachdem ihn der britische Boulevard als „nationale Schande“ bezeichnet hatte, entschuldigte sich der Prinz mit typisch royalem Understatement für die „schlechte Wahl“ seines Kostüms.

Schon davor und danach tauchten regelmäßig Fotos von Harry in einem Zustand auf, der auf ein gewisses Missverhältnis zwischen Blut und Alkohol schließen ließ und ihm den Spitznamen „Prince Party“ eintrugen.

So erklärt sich vielleicht auch, warum er sich auf einer Party in Kroatien im Sommer 2011 auf einmal vollbekleidet im Pool eines Nachtclubs wiederfand. Das Gegenteil durfte die Welt ein Jahr später miterleben, als Harry in einem Hotel in Las Vegas mit sechs jungen Damen Strip-Poker spielte und dabei per Mobiltelefon gefilmt wurde. Auf den von der US-Klatschwebsite „TMZ“ veröffentlichten Aufnahmen verhüllt er zumindest seine „Kronjuwelen“ züchtig mit einer Hand.

Langsam erwachsen. Der Fauxpas, der selbst die Queen „not amused“ haben soll, erfolgte, als man in der britischen Öffentlichkeit schon enttäuscht damit gerechnet hatte, dass selbst Harry langsam erwachsen werde. Die Armee, in die er unmittelbar nach dem mühsamen Abschluss der Eliteschule Eton eintrat, schien den Prinzen zu einem Mann zu formen. Gegen den Willen der Familie und die Bedenken der Regierung diente er zweimal in Afghanistan an der Front, er war Kampfhubschrauberpilot, und unter den Kameraden seines Bataillons schien er sich wohl wie kaum woanders zu fühlen.

Der Kriegseinsatz hat Harry nachhaltig geprägt. Er engagiert sich seither für die Soldatenwohlfahrt, auf seine Initiative hin fanden in London die Invictus Games statt, bei denen sich bis heute, Sonntag, 400 kriegsversehrte Soldaten aus elf Nationen im sportlichen Wettkampf miteinander maßen. Harry zollte den Kameraden in seiner Eröffnungsrede Tribut: „Ihr beschämt uns und zeigt uns, was möglich ist, wenn man wirklich an etwas glaubt.“

Was das für den Sohn von Charles und Diana einmal genau sein wird, zeichnet sich indes nicht ab. Als vierter (und nach der neuen Schwangerschaft seiner Schwägerin Kate bald fünfter) Royal in der Thronfolge wird er sich voraussichtlich nie königlichen Pflichten unterwerfen müssen. Heute macht er einen Schreibtischjob in der Armee und holt sich seinen Kick mit einem Audi RS5 und einer Ducati 848.

Nachdem er seiner Freundin Cressida Bonas im April nach zwei Jahren den Laufpass gegeben hat, ist er wieder Single. Mit Vater Charles und der Familie ist er ausgesöhnt, für Bruder William gab er einen großartigen Trauzeugen, seinem kleinen Neffen George ist er ein spaßiger Onkel. Schwägerin Kate richtet ihm heute im Kensington Palace ein Geburtstagsdinner mit exakt 30 Teilnehmern aus. Gespeist werden Filet Wellington und Fishcakes.

Reicher Erbe. Zu seinem runden Geburtstag erbt Harry aus der Hinterlassenschaft seiner Mutter – der er so verblüffend ähnlich sieht, während Bruder William ganz den Windsors nachkommt – schlanke zehn Millionen Pfund (rund 12,6 Millionen Euro). Selbst konservativ veranlagt sollten dabei 320.000 Pfund im Jahr an Zinsen herausspringen, meint Vermögensberater Danny Cox. Vom Vater bekommt er noch einmal eine Million Pfund im Jahr. Da werden sich in den nächsten Jahren wohl einige Parties ausgehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2014)

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