"It's a girl": Nachwuchs bei der heilen Familie

Die kleine Prinzessin
Die kleine PrinzessinREUTERS
  • Drucken

Großbritannien freut sich über die Geburt eines neuen Royal Baby. In einer Blitzgeburt bringt Herzogin Kate eine Woche nach dem erwarteten Geburtstermin eine Tochter zur Welt. Über den Namen wird noch spekuliert.

Am Ende ging alles ganz schnell. Um 6 Uhr früh brachte gestern, Samstag, der britische Prinz William seine Frau Kate mit Wehen in das St. Mary Hospital in West-London, und bereits um 8.34 Uhr wurde das zweite Kind des Paares geboren: „Ihre Königliche Hoheit, die Herzogin von Cambridge, hat eine Tochter zur Welt gebracht“, verkündete der Buckingham Palast um 11.18 Uhr. Das Neugeborene wog 3,714 Kilogramm.

Und nachdem die Geburt lange auf sich Warten hatte lassen (Medienspekulationen war Kate bereits mehr als eine Woche über dem Geburtstermin) ging es ganz schnell weiter: Um 18.12 Uhr präsentierten die glücklichen Eltern bereits die neugeborene Prinzessin der Weltpresse auf den Stiegen des Krankenhauses und fuhren flugs nach Hause. Kate sah man die Strapazen der Geburt nicht an, William winkte königlich und das Royal Baby hatte die Augen fest geschlossen. War da eine Ähnlichkeit zu Ur-Oma Elizabeth zu erkennen?

Das königliche Paar hat bereits einen Sohn, George, der Ende Juli zwei Jahre alt wird. Der Name des neuen Familienmitglieds werde „zu einem angemessenem Zeitpunkt“ bekannt gegeben, hieß es. Bei den Buchmachern rangierten Alice (Quote 5/4) und Charlotte (5/2) ganz vorne, gute Chancen gaben wettfreudige Briten aber auch Elizabeth. Für die britische Monarchin, die gerade ihren 89. Geburtstag feierte, ist es bereits das fünfte Urenkelkind.

Stammbaum

Der Vater des neuen royalen Sprösslings ist William, der ältere der beiden Söhne von Prinz Charles und Lady Diana, der am 29. April 2011 Kate Middleton geheiratet hat. Die beiden sind die Vorzeigefamilie unter den Royals: Sie lernten sich als Studenten in St. Andrews kennen, wurden ein Paar und kamen nach kurzer Unterbrechung wieder zusammen. „Kate war immer fest entschlossen, William zu bekommen“, berichtete einst eine Kommilitonin. Und William macht nicht auf Skandal, sondern auf royal.

Heute arbeitet der 33-Jährige als Rettungspilot, die gleichaltrige Kate hat rasch die Rolle des Repräsentierens erlernt. In der britischen Monarchie ist das eine der wichtigsten Aufgaben. Kate nimmt sie entsprechend ernst: Wo es einen Jugendclub zu besuchen oder eine Seniorenresidenz zu eröffnen gilt, ist die Herzogin vorne dabei. Stets frohgemut und zugänglich, hat Kate die Sympathien der Briten erobert. Dass sie ihre Aufgabe mit eiserner Disziplin wie „Granny Liz“ erfüllt, sieht man ihr zumindest nicht an: Erst Ende März nahm sie für die Geburt ihres zweiten Kindes offiziell „Karenzurlaub“, wie der Palast verlautete.

Karenzurlaub wovon, fragte man sich dennoch, denn einem 9-to-5-Job muss die bürgerliche Kate Middleton nicht mehr nachgehen. Der 20-Zimmer-Trakt im Kensington Palace in West-London, den sie heute gemeinsam mit ihrer Familie bewohnt (und wo einst auch William und Harry mit den Eltern Charles und Diana lebten), wurde nach der Geburt von George um 4,5 Millionen Pfund (aktuell sechs Millionen Euro) renoviert. Die Kosten trug der Steuerzahler. Für Arbeiten von der Kinderbetreuung bis zur Gartenpflege gibt es Personal, zur Führung des privaten Büros von Prinz William hat das Königshaus acht Vollzeitangestellte abgestellt. Für die Küche zuständig ist die 44-jährige Antonella Fresolone, die Kate der Queen abgeworben haben soll.

Obwohl es ihnen an nichts fehlt, bemühen sich William und Kate um einen weniger abgehobenen und weltfremden Lebensstil, als er oft mit dem britischen Königshaus verbunden wird. Die Windsors schwanken zwischen Spartanismus, wie ihn die Queen verkörpert, und Exzessen, für die ihre Schwester Margaret stand. Während Prinz Charles 150 Mitarbeiter allein für seine persönliche Betreuung hat, darunter angeblich einen Diener für das Ausdrücken der Zahnpasta, und sich jeden Tag sieben Frühstückseier kochen lässt, von denen dann eines vor seinem strengen Auge Gnade findet, betonte William: „Persönlichen Butler brauche ich keinen.“

In der britischen Thronfolge nimmt die Neugeborene nach Opa Charles (66), Papa William (33) und Bruder George (1 ¾), den vierten Rang ein. Für jemanden, der herrschen will, ein aussichtsloser Platz. Für jemanden, der ein gutes Leben genießen möchte, der bestmögliche Platz, wie Onkel Harry vorzeigt: zwei Jahre jünger als William war seine Chance, die Thronfolge anzutreten, stets nur theoretisch. Das neue Royal Baby drängte ihn nun sogar auf Platz fünf zurück.

Von allen offiziellen Lasten befreit, frönte Harry viele Jahre allzu öffentlich allzu sehr dem allzu guten Leben. Die Briten haben ihn aber, vielleicht gerade weil er nicht so glatt, geschniegelt und perfekt wie Kate und William zu sein scheint, in ihre Herzen geschlossen. Und natürlich, weil niemand Harry sehen kann, ohne an seine verstorbene Mutter Diana zu denken, denn so groß ist die Ähnlichkeit mit der unvergessenen „Prinzessin der Herzen“.

Warteschlange

Doch selbst Nummer eins in der Thronfolge zu sein, garantiert nicht, dass man auch wirklich zum Zug kommt. 66 Jahre ist Prinz Charles mittlerweile, der Mitte dieser Woche, als das ganze Land bereits der Entbindung entgegenzitterte, gut gelaunt mitteilte: „Wir hoffen auf eine Tochter.“ Nach der frohen Botschaft erklärte er gestern, er und seine Frau Camilla seien „vollkommen begeistert“. Auch aus dem Wahlkampf (siehe Seite 3) waren nur Gratulationen zu vernehmen: „Ich bin hoch erfreut“, ließ Premierminister David Cameron twittern.

Warten muss Charles immer noch, weil seine Mutter Queen Elizabeth trotz ihrer 89 Lebensjahre weiter keine Anstalten macht, das Zepter abzugeben. In wenigen Wochen wird sie ihre Ur-Ur-Großmutter Victoria als am längsten dienender Monarch der britischen Geschichte überholen: Die 63 Jahre Regierungszeit Victorias haben Statistiker aufgeschlüsselt in 23.226 Tage, 16 Stunden und 23 Minuten. Diesen Wert wird Elizabeth am 9. September 2015 übertreffen. Und nicht zu vergessen: Die selige Queen Mum wurde 101 Jahre alt.

Vor Erreichen des neuen Herrschaftsrekords muss die Monarchin – wieder einmal – den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung erteilen. Am Donnerstag finden in Großbritannien Parlamentswahlen statt, und allen Umfragen zufolge wird keine Partei eine absolute Mehrheit gewinnen können. Konvention ist es, den Vertreter der stimmenstärksten Partei mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Selten schien die politische Lage so unvorhersehbar, doch nachdem sie in ihrer Amtszeit nicht weniger als zwölf Premierminister erlebt hat (die verfassungstechnisch ihr dienten, realpolitisch aber dem Parlament), ist nicht anzunehmen, dass die Queen darüber jetzt den Schlaf verlieren wird. Das kann viel eher dem neuen Elternpaar Kate und William in den ersten Tagen nach der Geburt geschehen. Als aufgeklärter Vorzeigepapa war William gestern nicht nur wieder bei der Geburt anwesend. Er hat in der Vergangenheit die Nation auch mit seinen Berichten über das Windelwechseln bei seinem Sohn erfreut: „Das Einzige, das ich ihm momentan vermitteln möchte, ist, dass er länger schläft und weniger in die Windeln macht“, sagte er einen Monat nach Georges Geburt auf die reichlich ambitionierte Frage, was er seinem Sohn fürs Leben mitgeben wolle.

Mit zwei Kindern übertreffen Kate und William den britischen Schnitt verheirateter Paare, der bei 1,8 Kindern liegt. Von Eifersuchtsdramen zwischen George und seiner Schwester wird das Publikum freilich nur das erfahren, was der Palast mitteilen will. Längst hat eine fehlerfreie Öffentlichkeitsarbeit das gesamte Auftreten der Royals fest im Griff. So synthetisch das alles macht, so authentisch war gestern die Freude über ihr Royal Baby: Aus dem ganzen Land trafen Glückwünsche ein, im ganzen Land wurde gefeiert. So lange die Monarchie die Menschen fröhlich stimmen kann, wird sie andauern können.

Steckbrief

Die Prinzessin
ist das zweite Kind von Prinz William (33) und Herzogin Kate (32) – und somit das fünfte Urenkelkind der amtierenden Königin Elizabeth II.

Thronfolge.
Das Mädchen rutscht in der Thronfolge auf Platz vier. Davor sind Prinz Charles, Sohn von Queen Elizabeth, ihr Vater Prinz William und ihr knapp zweijähriger Bruder George gereiht. Sie verdrängt Onkel Harry auf Platz fünf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Herzogin Catherine und Prinz William mit ihrem jüngsten Nachwuchs
Royal

Charlotte Elizabeth Diana von Cambridge

Das Geheimnis um den Namen des zweiten Kindes von Prinz William und Herzogin Catherine wurde gelüftet.
Royal

Britische Thronfolge: Charlotte ist und bleibt Nummer vier

Die Tochter von Will und Kate könnte auch von einem jüngeren Bruder nicht überholt werden. Das britische Königshaus wird noch länger in der Hand von Senioren bleiben.
Kate und William mit der kleinen Tochter
Royal

"Royal Baby II": Kate und William verlassen Klinik

Das erste Foto der kleinen Prinzessin ist geschossen. Prinz William und seine Frau Kate präsentieren ihre Tochter der Öffentlichkeit.
William und Catherine
Royal

"Royal Baby II": Kate bringt Tochter zur Welt

Die britische Herzogin Kate brachte um 08.34 Uhr ihr zweites Kind zur Welt. Mutter und Tochter sind wohlauf. Der Name ist noch nicht bekannt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.