Thailand bangt um den König der Rekorde

Der gesundheitlich angeschlagene König Bhumibol Adulyadej sitzt seit 70 Jahren auf dem Thron.
Der gesundheitlich angeschlagene König Bhumibol Adulyadej sitzt seit 70 Jahren auf dem Thron.APA
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König Bhumibol Adulyadej ist das am längsten amtierende Staatsoberhaupt der Welt. Auf ihn können sich die verfeindeten Lager einigen. Sein fragiler Gesundheitszustand stellt das Land vor eine ungewisse Zukunft.

Bangkok. Der Anblick des am längsten amtierenden Staatsoberhaupts der Welt gehört für die Thailänder zum Alltag. Das überlebensgroße Porträt von Thailands König Bhumibol Adulyadej hängt in Bangkok an der Fassade mehrerer Bürokomplexe. Poster des Monarchen finden sich in fast jedem Tante-Emma-Laden. In den Kinos beginnt jeder Film mit einem Video über das Leben des 88-Jährigen. Bhumibols Omnipräsenz hat in Thailand eine lange Tradition: An diesem Donnerstag feiert das Land sein 70-Jahr-Thronjubiläum – und damit eine international beispiellose Kontinuität.

Doch der angeschlagene Gesundheitszustand des Rekordmonarchen stellt königstreue Thailänder vor eine ungewisse Zukunft. Öffentliche Auftritte waren zuletzt selten, die meiste Zeit verbrachte er im Krankenhaus. Am Dienstag wurde bekannt, dass Bhumibols Ärzte eine Herzoperation durchführen mussten. Die Prozedur sei „zufriedenstellend“ verlaufen, hieß es in einer Mitteilung.

Reichster Adel weltweit

Die neuen Gesundheitsprobleme machen es äußert unwahrscheinlich, dass sich Bhumibol zum Jahrestag seinem Volk zeigen kann. Ein Festakt mit mehreren Hundert Mönchen soll, angeführt von Militärmachthaber Prayuth Chan-ocha, dennoch vor dem Palast abgehalten werden.

Die Beliebtheit des Monarchen, der in den USA zur Welt kam, seine Kindheit in der Schweiz verbrachte und den Thron im Alter von 18 Jahren nach dem Tod seines Bruders bestieg, ist ungebrochen groß. Er gilt in dem politisch gespaltenen Land, das seit mehr als einem Jahrzehnt nicht zur Ruhe kommt und seit dem Militärputsch von 2014 von einer Militärjunta regiert wird, als einende Kraft. Doch die verfeindeten politischen Lager zollen ihm gleichermaßen Respekt. Aufgrund dieser hervorgehobenen Position sehen politische Beobachter die Thronfolge, für die der 63 Jahre alte Kronprinz Maha Vajiralongkorn vorgesehen ist, als einen für die Stabilität des Landes kritischen Vorgang.

Ob es dem künftigen Monarchen gelingen wird, die Thailänder in ähnlicher Geschlossenheit zu begeistern wie sein charismatischer Vater, muss sich erst noch zeigen. „Ohne Bhumibol wird es ein Vakuum im Herzen von Thailands instabilem gesellschaftlichen und politischen System geben“, kommentierte kürzlich der Asien-Direktor der NGO International Crisis Group, Tim Johnston. Während Vajiralongkorn ein eher zurückgezogenes Leben führte und viel Zeit in München verbrachte, häuften sich zuletzt seine Auftritte in Bangkok. Vergangenes Jahr nahm er an zwei großen Sportveranstaltungen teil, bei denen er mit dem Fahrrad begleitet von Tausenden Thailändern zu Ehren seiner Eltern durch die Metropole fuhr.

Öffentlich diskutiert wird die Thronfolge in Thailand jedoch nicht. Ein strenges und breit ausgelegtes Majestätsbeleidigungsgesetz verhindert offene Debatten über die Zukunft der Monarchie; seit der Machtübernahme des Militärs kam es zu mehr als 50 Verfahren. Von großer Bedeutung sind die Entwicklungen im Königshaus nicht nur für Thailands Politik, sondern auch für die Wirtschaft des Landes. Das vom Palast verwaltete Vermögen, zu dem Anteile an thailändischen Finanz- und Industriekonzernen sowie der Hotelkette Kempinski gehören, ist mit geschätzten 30 Mrd. Dollar der laut dem Magazin „Forbes“ weltweit größte Adelsbesitz. Schon allein deshalb ist das Königshaus, das offiziell primär für repräsentative Aufgaben zuständig ist, in Bangkok ein nicht zu unterschätzender Machtfaktor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2016)

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