Filmpreis: Der Abend des Hüseyin Tabak

Österreichischer Filmpreis 2014, Hüseyin Tabak
Österreichischer Filmpreis 2014, Hüseyin Tabak(c) ORF (G�nther Pichlkostner)
  • Drucken

Ausflug mit Lunchpaket nach Grafenegg: Tabaks Film räumte ab, Maria Hofstätter und Gerhard Liebmann wurden als beste Schauspieler geehrt.

Am Ende hatte sogar Akademie-Präsident Stefan Ruzowitzky „halbert zu weinen angefangen“. Die vierte Verleihung der österreichischen Filmpreise wurde zum Abend des Hüseyin Tabak, und der tat auf der Bühne das, was er „am besten kann: Ich hab meine Emotionen gezeigt“. Da fehlten dann schon einmal die Worte, als der 32-Jährige mit dem Abschlussfilm seiner Ausbildung, inspiriert von der Geschichte seiner Mutter, nicht nur die Preise für beste Musik, bestes Drehbuch und beste Regie, sondern auch die Trophäe für den besten Film in Empfang nehmen durfte.

Moderiert wurde der Abend mit trockenem Charme von Karl Markovics, der wieder einmal ein neues Talent hervorkehrte. „Für alle, die mit dem Bus gekommen sind und sich jetzt fragen, wo in aller Welt wir hier sind: Wir sind in Niederösterreich“, erklärte er eingangs. Nach der akustisch schwierigen Station im Wiener Rathaus hatte heuer Landeshauptmann Erwin Pröll nach Grafenegg geladen, die noch junge Akademie des Österreichischen Films hatte dankend angenommen. Mit Shuttle-Bussen samt Jausenpaketen für die Landpartie fuhr man Richtung Wagram, wo man von Ruzowitzky und Ursula Strauss empfangen wurde; die beiden haben Markovics als Präsident der Akademie abgelöst.

Wohl nicht von ungefähr hätten Filme gewonnen, die sehr persönliche Geschichten erzählen, konstatierte Ruzowitzky später, „auch wenn sie nicht unbedingt Favoriten waren“. Gemeint war neben Hüseyins Film „Deine Schönheit ist nichts wert“ der beste Dokumentarfilm „Meine keine Familie“, in dem sich Paul-Julien Robert mit seiner Vergangenheit als Kind in einer Muehl-Kommune auseinandergesetzt hat.

Drei Preise für „Blutgletscher“

Zu den Siegern gehörte auch der Horrorfilm „Blutgletscher“ von Marvin Kren, der nicht nur mit Ton und Maske gewann, sondern mit Gerhard Liebmann auch den besten Darsteller stellte. Beste Schauspielerin wurde Maria Hofstätter mit Ulrich Seidls „Paradies: Glaube“. Geknickt zeigte sich Götz Spielmann. Er ging mit „Oktober November“ trotz fünf Nominierungen ebenso leer aus wie Antonin Svoboda, der Klaus Maria Brandauer als Psychiater Wilhelm Reich ins Rennen geschickt hatte.

Mit Fassung trug Abdulkadir Tuncer die Tatsache, dass er nicht ausgezeichnet wurde. Der „seit zwei Wochen“ 15-Jährige war als Hauptdarsteller in Tabaks Film nominiert gewesen, und zählte dabei wie sein Mentor zu den Newcomern des Abends. Die Geschichte seiner Familie ähnelt jener, die Tabak über ein von Abschiebung bedrohtes türkisches Flüchtlingskind erzählt. Tabaks Bub ist in der Schule ein Außenseiter und flüchtet in seinen Tagträumen zu Ana aus seiner Klasse. Als er ein Gedicht vortragen muss, entscheidet er sich für „Deine Schönheit ist nichts wert“ des berühmten Dichters Âşik Veysel.

Beim Festival von Antalya sorgte Tabaks Film schon für eine kleine Sensation; er wurde sechsmal ausgezeichnet, unter anderem als „Bester Film“. Mit einem Gutteil des Preisgeldes hat Hüseyin der Familie seines jungen Darstellers den Umzug in eine größere Wohnung ermöglicht. Er selbst bedankte sich als „Filmasylant“ bei seinen Ausbildern an der Wiener Filmakademie. Michael Haneke hatte den gebürtigen Westfalen entdeckt, nachdem ihn in Deutschland „keiner haben wollte“.

FILMPREIS: DIE GEWINNER

Spielfilm, Regie, Drehbuch, Musik: „Deine Schönheit ist nichts wert“ (Hüseyin Tabak) Doku: „Meine keine Familie“( Paul-J. Robert)Kurzfilm:„Erdbeerland“

Darstellerin: Maria Hofstätter

Darsteller: Gerhard Liebmann („Blutgletscher“, der Film gewann auch bei Maske und Ton.)

Kamera: „Shirley – Visions of Reality“, auch bestes Kostüm- und Szenenbild.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.