Der beste Verteidiger

Der beste Verteidiger oder: Was Strasser, Pistorius und Hoeneß auf der Anklagebank eint.

Déjà-vu im Gerichtssaal. Irgendwie fühlt man sich an den Bawag-Prozess und Helmut Elsner erinnert, wenn man diese Woche Ernst Strasser auf der Anklagebank sitzen sieht. Der ehemalige Innenminister erscheint nach seinem Skiunfall mit Krücken (immerhin nicht in Socken) vor dem Richter. Und rundet damit eine unerfreuliche Saison mit prominenten Wintersportopfern ab. Zuallererst natürlich Michael Schumacher, von dem es erst am Freitag wieder hieß, es gebe nichts Neues. Viel glimpflicher ist der Langlaufunfall der deutschen Kanzlerin Angela Merkel ausgegangen. Ihr kann irgendwie gar nichts etwas anhaben.

Vor Gericht, so unsere These, profitiert man als Angeklagter von den Krücken. Das Mitleid wirkt wie ein Milderungsgrund. Vor allem, wenn das ganze Verfahren noch einmal von vorn durchgekaut werden muss, wie im Fall von Ernst Strasser. Das eine peinliche Video wird immer wieder gezeigt und besprochen. Nicht nur wegen der Krücken denkt man: Lasst den Mann endlich in Ruhe. Man spürt überdeutlich, dass Verfahren nicht ewig dauern dürfen.

Parallel dazu muss sich in Südafrika Oscar Pistorius gerade für die Tötung seiner Freundin vor einem Jahr vor Gericht verantworten. Nach den Zeugenaussagen wird von dem ehemaligen Starläufer, der von vielen Zeugen als aggressiver Waffennarr geschildert wird, nicht mehr viel übrig bleiben. Egal, wie das Verfahren ausgeht. Und wer so gut mit seinen Prothesen umgehen kann, hat nicht einmal den Krückenvorteil, der ihm vor Gericht psychologisch helfen könnte.

Pistorius paralympische Kollegen müssen inzwischen zuschauen, wie ihre Spiele in Sotschi als Opfer der politischen Umstände kaputt gemacht werden. Die Krim-Krise hätte für die Behindertensportler zu keinem schlechteren Zeitpunkt kommen können. Sich unter solchen Begleitumständen über Medaillen zu freuen, wird schwierig werden. Allein werden die Sieger jedenfalls sein. Plötzlich will kein heimischer Politiker mehr im Österreicher-Haus schunkeln.

Am Montag beginnt dann übrigens der Prozess wegen Steuerhinterziehung gegen Bayern-Mastermind Uli Hoeneß. Vielleicht sollte er sich noch rasch Krücken besorgen. Den besten Verteidiger hat er mit David Alaba ja schon.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2014)

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