Schimpfen mit Wladimir

Schimpfen mit Wladimir oder: Warum ein Besuch aus Moskau europäische Staatschefs in Nöte bringt.

Da wäre man gern Mäuschen. Dann nämlich, wenn europäische Staats- und Regierungschefs den russischen Staatspräsidenten und Krim-Okkupator Wladimir Putin zwar mit allen protokollarischen Ehren empfangen, aber gleichzeitig deutliche Worte finden müssen. Dieses Strengsein ist für große Länder wie Großbritannien und Frankreich deutlich leichter als für Repräsentanten kleinerer Staaten wie Österreich.

Das wird auch Heinz Fischer bei Putins Besuch in Österreich im Juni bemerken. Da ist man schnell in einer Schulhofsituation, in der der Stärkere zum Schwächeren spöttisch sagt: „Und was, wenn nicht?“ Fischer hätte freilich noch die Möglichkeit, einen Kniff anzuwenden und Österreichs Anti-Putin-Geheimwaffe auszupacken. Conchita Wurst wirkt nämlich auf den russischen Präsidenten wie Knoblauch auf Vampire. Vielleicht könnte man ein kleines Liedchen beim Staatsbankett einfädeln oder den Oberrussen gleich von Wurst vom Flughafen abholen lassen.

Vor einer ganz anderen Situation steht nach dieser Woche Angela Merkel. Die deutsche Kanzlerin regiert zwar einen der Großen Europas, gleichzeitig hat Putin ausrichten lassen, was er von Frauen hält bzw. was er an ihnen schätzt. „Vielleicht ist Schwäche nicht die schlechteste Eigenschaft für eine Frau“, meinte Putin in Hinblick auf Hillary Clinton, die ihn mit Adolf Hitler verglichen hatte, was Putin wiederum als Zeichen der Schwäche deutete. Merkel wird bei ihrem russischen Gegenüber definitiv als unweiblich ankommen.

Ein anderer Weg, dem russischen Präsidenten das Missfallen über dessen Politik mitzuteilen, ist die eigentlich sehr alte, aber gerade erst wieder neu entdeckte „Spindelegger-Methode“: das Briefeschreiben nämlich. Der Vizekanzler und Finanzminister hat nämlich gleich zweimal in der vergangenen Woche den Bleistift gespitzt und sich an den Schreibtisch gesetzt. Einmal, um den heimischen Millionären zu schreiben und einmal, den Oppositionellen im Ausland. Den Millionären hat er vorgeschlagen, ihr Geld zu verschenken. Im Kosovo hat er eine dortige Oppositionspartei vor den Wahlen unterstützt. Und mit beidem für große Aufregung gesorgt.

Wenn der Vizekanzler schon einmal das Briefpapier ausgepackt hat, könnte er ja auch gleich an Putin schreiben. Und wir wären beim Öffnen wieder gern Mäuschen.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2014)

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