Michael Heltau: „Bei Hochkultur denk ich an Hopfen“

Michael Heltau - Mit Charme und Seele
Michael Heltau - Mit Charme und Seele(c) ORF (Andreas Friess)
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Chanson ist bei Michael Heltau Welttheater: Er singt nicht nur, er dramatisiert Lieder aus vielerlei Genres. Morgen lockt ein neuer Liederabend.

Die Presse: Was treibt Sie, ein gemütliches Leben als Pensionär zu vermeiden?

Michael Heltau: Es geht mir nur gut, wenn ich das einzige Talent, das ich wirklich habe, genieße: meine Fantasie. Mir fällt immer etwas ein. Einen kleinen Teil davon möchte ich auch realisieren. Durch mein Schauspielerdasein war für Zucht und Disziplin gesorgt, für Beschäftigung auf höchstem literarischen Niveau. Das hat das Level vorgegeben, das, wonach man immer streben müsste: im Text so gut wie nur möglich und vor allem so einfach wie nur möglich zu sein.

Mir scheint, dass Sie Frauen in Ihrem künstlerischen Tun mehr beeinflusst haben als Männer. Ist das so?

Selbstverständlich! Einfach, weil Frauen viel begabter sind. Der Bogen derer, die mich inspiriert haben, spannt sich da von Fritzi Massary bis Barbra Streisand. All die, die mir imponieren, haben sehr hart gearbeitet. Und am Ende glauben viele, die kamen so auf die Welt. Aber so ist es nicht. Die wirkliche Karriere ergibt sich, wenn jemand gut arbeitet und etwas Unverwechselbares an sich hat. A priori sehen Sie bei der Massary und bei der Streisand Negativpunkte. Aber bei beiden geschehen Wunder. Wenn Sie mich fragen, „Finden Sie die Massary schön?“, dann muss ich sagen: Das ist eine zu kleine Frage. Solch große Persönlichkeiten machen sich ihre eigenen Gesetze.

Welcher Strategien bedienen Sie sich bei Ihren Soloprogrammen?

Ich wollte immer Grenzen verwischen, wollte Menschen fangen mit etwas, was sie a priori sehr gern haben, und sie zu etwas hinführen, was ihnen unbekannt war. So waren meine Literaturabende. Das hat der Gerd Bacher gesehen und gesagt: So will ich, dass Unterhaltung bei mir im Fernsehen ist. So kam es 1972 zu meiner ersten Show „Auf d' Nacht, Herr Direktor!“

Ihr neues Programm nennt sich „Das war's, Herr Direktor!“. Das klingt so endgültig...

Es haben ja nicht nur Lebensmittel ein Ablaufdatum, sondern auch Schauspieler. Das ist ganz klar. Jeder, der intelligent arbeitet, muss wissen, dass das sehr viel Kraft braucht. Die stimmliche Disposition, das Hirn, das muss alles passen. Ich würde mit mir nicht so packeln, dass ich auch Abstriche in der eigenen Person hinnehmen würde.

Schon Ihre elegante Trinkflasche ist ein Hinweis auf den Sportsgeist, mit dem Sie Ihre Abende in Angriff nehmen. Welche Bewandtnis hat es mit dieser Flasche?

Ich bin vom Glas Wasser auf der Bühne abgekommen, nachdem ich's dreimal umgehaut hab. Alles eine Sache der Erfahrung. Dann hab ich's ohne probiert, gedürstet bis zur Pause. Das war nicht gut. Dann kam die Flasche. Ich hab sie in drei Ausführungen, aber es kommt immer dieselbe auf die Bühne. Sie ist meine Dekoration. Sonst ist ja nichts.

Sie singen Wienerlied, Operette und mannigfaltigste Chansons, werden dennoch oft nur mit Brel identifiziert. Betrübt Sie das?

Nein. Das macht doch nichts. Gern singen muss man es. Egal, welches Genre. Hochkultur? Davon will ich nichts wissen. Beim Wort Hochkultur denk ich immer an Hopfenpflanzen. Es gibt ein Gernhaben, leidenschaftlich gern haben. Wenn einer beim Heurigen Wienerlieder singt und dabei glücklich ist, dann ist das toll. Höher geht es nicht. Das ist das „Zauberflöten“-Gefühl, wie ich es nenne.

Ist ein so Soloabend immer noch eine Art Nervenkitzel für Sie?

Ja. An so einem Abend, der zweieinhalb Stunden dauern kann, kommt man seinem Ziel nur näher. Ans Erreichen darf man nicht denken. Und da ist noch etwas. Dieses Spiel mit Menschen hat etwas mit Eros zu tun. Ohne, wäre es eine stinkfade Angelegenheit. Nur über die Sinnlichkeit haben die Gedanken einen Sinn.

In Ihrem Buch „Auf d'Nacht, Herr Direktor!“ stellen Sie fest, dass Sie zum Staunen auf die Welt gekommen sind. Worüber staunen Sie dieser Tage?

Sehr vieles. Ich möchte mein Staunen nur über das Positive verwenden. Worüber ich nicht glücklich staunen kann, schüttle ich lieber nur den Kopf.

Was haben Sie sich diesmal vorgenommen?

Noch nie war ein Programm so leise wie jetzt. Das war mein Ehrgeiz. Dadurch hat es ein Geheimnis. Ich koche gern und bilde mir ein, dass ich aus unterschätzten Dingen viel machen kann. So sind auch meine Abende.

AUF EINEN BLICK

Programm und Buch. Michael Heltau tritt mit seinem Soloprogramm „Das war's, Herr Direktor“ am 22. Februar um 19.30 Uhr im Theater an der Wien auf. Am 26. März und 30. April (jeweils um 19.30 Uhr) folgen im Musikverein die Konzertprogramme „Lyrics“ und „Müller-Lieder“. Einen Rückblick auf sein Leben wagt er in seinem Buch „Auf d'Nacht, Herr Direktor!“ (Styria Premium Verlag).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2015)

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