#Sofifake

#Sofifake oder: Warum der Mann im Mond der Sonne vielleicht den Mittelfinger gezeigt hat.

Die Urform des in der Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts so beliebten Public Viewing war wohl das gemeinsame Beobachten von Naturereignissen. Feuersbrünste, Felsstürze, Wirbelstürme, Erdrutsche, Überschwemmungen wurden, sofern man sie überlebte, immer schon am liebsten gemeinsam begutachtet. Natürlich auch Sonnenfinsternisse.

Die Sonnenfinsternis, das haben wir am Freitag wieder erleben dürfen, hat dabei bis heute eine besondere Anziehungskraft. Erstens ist das gemeinsame Schauen besonders von großen Sportveranstaltungen inzwischen fixer Bestandteil des kollektiven Unterhaltungsbewusstseins. Zusammen zu schauen ist immer super, und wenn die Leinwand dieses Mal der Himmel ist, soll es auch recht sein.

Zweitens ist eine Sonnenfinsternis so selten, dass selbst bei der Sonnenfinsternis light (also der nicht totalen) fast jeder die Verpflichtung spürt, zumindest kurz gen Himmel zu blicken. Außerdem kommt das Interesse für diese Sonne-Mond-Neckereien sozial immer gut an. Dem Sonnenfinsternismuffel werden gern generell Kälte und Abgebrühtheit unterstellt.

Drittens kommt noch die Sache mit der Brille dazu. Sie erinnert uns an das 3-D-Kino. Also: Schauen plus Brille garantiert Wow-Effekt. Und wenn nicht, dann tut man zumindest so, um auch dazugehören zu können. Auch weil die 3-D-Filme der zweiten Generation („Der weiße Hai 3“ z.B.) mit genau solchen scharfkantigen Kartonbrillen, die den Charme des Selbstgebastelten ausstrahlten, geschaut worden sind. Eine Folie war damals immer rot, die andere grün. Und wie beim 3-D-Schauen „funktioniert“ die Sonnenfinsternis auch nur mit Brille.

Und weil alle gerade so gern über Fakes reden. In Österreich hätte man die Sonnenfinsternis ganz gut faken können. Denn kaum einer hatte die nötigen Brillen, um zu kontrollieren, ob sie auch tatsächlich stattfand. Sie waren überall ausverkauft. Auf Amazon wurde man mit „in drei Wochen versandfertig“ konfrontiert. Das fühlt sich an, wie den Finger gezeigt zu bekommen.

Es gibt übrigens Menschen, die behaupten, sie hätten während der Sofi gesehen, wie der Mann im Mond der Sonne den Mittelfinger gezeigt hat. Aber vielleicht war es auch nur ein Fake. Oder der Fake eines Fakes...

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2015)

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