Kürbis zu Allerheiligen

Kürbis zu Allerheiligen oder: Warum sogar Marilyn Monroes letztes Hemd noch Taschen hat.

Der Untergang des Abendlandes hatte die längste Zeit ein Kürbisgesicht. Hartnäckig war der Widerstand gegen diesen heidnischen, unseligen, transatlantischen Brauch, der Allerheiligen und Allerseelen in Beschlag zu nehmen drohte. Inzwischen haben meistens selbst die skeptischsten Menschen Süßigkeiten zur Hand, um anläutenden Kindern eine Freude zu machen – und sich dabei noch demonstrativ zu erschrecken. Halloween hindert offenbar doch niemanden daran, seinen Verstorbenen gebührend zu gedenken. Oft ist scheinbar Bedrohliches in der Praxis gar nicht so schrecklich schrecklich. Diese Erkenntnis könnte auch in anderen Bereichen nicht schaden.

Das Jahr ist inzwischen schon so weit fortgeschritten, dass die Suche nach dem Wort und Unwort des Jahres wieder eingesetzt hat. Auf den letzten Metern könnte das an sich untadelige Wort „Zaun“ noch eine Rolle spielen. Dass der Zaun trennt, liegt in ja in seinem Wesen, dass sich nun auch die Geister daran scheiden, ist ziemlich neu. Können die doch sonst sogar durch Mauern gehen.

Apropos Zäune: Die Nachbarschaft ist auch nicht mehr das, was sie nie gewesen ist. Dafür hat der Nachbarschaftsstreit Hochkonjunktur. Die Österreicher gegen die Ungarn, die Bayern gegen die Österreicher, die Slowenen gegen die Kroaten. Das gemeinsame Europa hat man sich irgendwie auch immer anders vorgestellt – abseits von Städteflügen an verlängerten Wochenenden und Uni-Austauschprogrammen. Nachbarschaftsstreit wäre vielleicht auch noch eine Variante für das Unwort des Jahres.

Zum Wochenende der Toten wurde eine Liste veröffentlicht, welche Verstorbenen posthum das meiste Geld verdienen. An der Spitze steht Michael Jackson, der auch sechs Jahre nach seinem Tod immer noch 115 Millionen Dollar im Jahr verdient. Gefolgt von – wem sonst? – Elvis Presley (55 Millionen Dollar) und dem „Peanuts“-Zeichner Charles Schulz (40 Millionen). Die schönsten Leichen, Elisabeth Taylor und Marilyn Monroe, kommen zusammen immer noch auf 37 Millionen Dollar jährlich. Als einzige Nicht-Showgröße liegt übrigens Albert Einstein mit elf Millionen Dollar auf Platz acht dieser makabren Liste. Dabei hat doch angeblich das letzte Hemd keine Taschen.

Zumindest nicht für Süßes oder Saures.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.11.2015)

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