George statt Horst

George statt Horst oder: Warum sich Angela Merkel ein attraktives Gegenüber redlich verdient hat.

Solche Wochen sind sicher kein Zuckerschlecken. Da muss Angela Merkel wieder einmal nach Ankara pilgern, um Recep Erdoğan schönzutun, obwohl es ja augenfällig ist, dass sie das große Überwindung kosten muss. Als Demokratin, als Frau und überhaupt. Und wenn sie nach Deutschland zurückkommt, muss sie sich dann mit – nein, nicht mit der Opposition oder dem Koalitionspartner von den Sozialdemokraten, sondern viel schlimmer – mit der Schwesterpartei herumschlagen.

Die besteht fast ausschließlich aus Brüdern, die München für wichtiger als Berlin halten. Deshalb können sie auch bis heute noch nicht verstehen, wie der Bayern-Trainer Pep Guardiola freiwillig die größte deutsche Kleinstadt wieder verlassen wollen kann. Statt sich zu fragen, wie es möglich war, dass der Startrainer aus Barcelona nach einem Sabbatical in New York ohne Handschellen und Pistole am Kopf für drei Jahre an die Isar gezogen ist.

Erdoğan und Horst Seehofer sind also das tägliche Brot der deutschen Bundeskanzlerin, und dann ist endlich wieder Berlinale. Das Filmfestival in der deutschen Hauptstadt bringt internationale Filmkapazunder nach Berlin. Und wer will nun einen Termin im deutschen Kanzleramt? Wieder Recep? Oder gar Horst mit dem Messer hinter dem Rücken? Nein, George!!!

George Clooney möchte gern mit Angela Merkel über die Flüchtlingskrise reden, und eigentlich ist ja ganz egal, warum, diese Abwechslung ist der Politikerin von Herzen zu gönnen. Und sie hat es sich am Freitag auch gegönnt. Ausnahmsweise, weil außer Tom Hanks bei den Dreharbeiten in Berlin zum historischen Spionagethriller „Bridge of Spies“ hat sie noch nie Glamour getroffen, sondern stets nur seriöse Gesprächspartner aus Politik und Wirtschaft.

Kaum eine Zeitung oder ein Sender ist übrigens um den Hinweis herumgekommen, dass es bei dem Treffen im Kanzleramt eben keinen ...Kaffee, sondern nur normalen Filterkaffee zu trinken gegeben hat. Wenn jemals wieder die Frage auftauchen sollte, ob es sinnvoll ist, einen wirklichen Star als Testimonial an eine Marke zu binden, denken Sie an Clooney und die Kapseln für das Heißgetränk. Lustig ist auch noch, dass Deutschland ja bekannt ist für seinen schlechten Kaffee. In Österreich zumindest...

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.02.2016)

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