AUStritt vs. Aut-out

AUStritt vs. Aut-out oder: Warum mit Öxit nichts zu gewinnen ist und was wir den Enkeln erzählen.

In einer Woche gleich zwei Exits zu verkraften – nämlich den Österreichs aus der Fußball-Europameisterschaft und jenen Großbritanniens aus der EU – ist ein bisschen viel verlangt. Doch während über die EM in Frankreich bald Gras gewachsen sein wird, dürfte uns die Brexit-Sache wohl noch länger beschäftigen.

„Es war einmal ein Europa“, werden wir unseren Enkeln möglicherweise dereinst erzählen, „da konnte man von Land zu Land reisen, ohne einen Reisepass herzeigen zu müssen, und es wurde an den Grenzen überhaupt nicht mehr kontrolliert. Und plötzlich waren die alten Grenzstreitigkeiten vergessen, weil wo man die Grenze nicht spürt, existiert sie auch nicht. Es gab in fast allen EU-Staaten nur ein Währung, man konnte also ohne Geld wechseln zu müssen überall einkaufen. Das war aber vor allem für all diejenigen praktisch, die Waren kauften und verkauften. Und der Euro, so hieß die gemeinsame europäische Währung, war so stark wie der Dollar.“

„Doch damit nicht genug“, werden wir sagen, „es konnte auch jeder Europäer in jedem anderen europäischen Land leben und arbeiten. Genauso wie bei sich zu Hause. Und weil man schon vorher überall in Europa studieren durfte, kannte man Menschen auf dem ganzen Kontinent. Da sie sich ständig besucht haben, gab's billige Flüge in alle europäischen Hauptstädte. Und die EU war einmal richtig groß, 28 Staaten waren dabei, ja, stellt euch vor, sogar Großbritannien . . .“ Ja, manchmal beginnt man Dinge erst so richtig zu schätzen, wenn sie wieder vorbei sind.

Österreichs Austritt aus der EU ist natürlich ausgeschlossen. Nicht, weil sich dafür keine Mehrheit fände, es finden sich dieser Tage für die absonderlichsten Dinge Mehrheiten, sondern weil Öxit gar so schrecklich klingt. Eine Öxit-Kampagne ist schon aus diesem Grunde nie und nimmer zu gewinnen. Es gibt aber noch zwei andere Varianten: International könnte man mit Aut-out punkten. Oder man plädiert gleich für den Aus-Tritt.

Wenn das irgendjemand ernsthaft vorhat, müsste er sich allerdings beeilen. Denn wer als 23. gute Konditionen für einen Austritt aus der EU verhandeln möchte, würde sich wohl nur mehr ein müdes Lächeln einfangen. Sollte in Brüssel überhaupt noch jemand zu Hause sein, mit dem man verhandeln kann.

Wir wünschen Ihnen und uns ein schönes Wochenende – ohne Austritte, wenn möglich.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.