Die Kantine auf neuen Wegen

Sascha Jovanov
Sascha Jovanov(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Heute Abend wird in Wien wieder abgerissen – und dazu getanzt. Die Macher des Klubs Kantine lieben „das Flair des Vergänglichen“.

Die Kantine, das war jener Technoclub in Wien, der beim alten Zollamtsgebäude im dritten Bezirk für eineinhalb Jahre einquartiert war – im Jänner dieses Jahres wurde dort das letzte Mal gefeiert, das Gebäude wird nun abgetragen. Abrissparty nannten die Macher das damals. In der Zeit davor hatte der geneigte Szenemensch das Gefühl, dass die Wiener Klublandschaft doch nicht so leer, stellenweise so immergleich sei; die Kantine hatte durch ihre bloße Existenz ein paar Annahmen über Wiener Abendfadesse zerstört. Nur temporär war der Klub eingerichtet – eben so lange, bis das Zollamtsgebäude abgerissen werden würde; das Publikum war für Wiener Verhältnisse stark durchmischt und kaum zu schubladisieren. Nebenher veranstaltete man etwa auch Flohmärkte. Hauptsächlich faszinierte aber an dem Klub, dass er neu und eben nicht für immer war.

Das Kantinengefühl wird heute Abend in Wien wieder kurz aufleben: Die Macher des Klubs veranstalten an einem neuen – noch geheimen – Ort eine weitere Abrissparty. In den „Räumlichkeiten eines ehemaligen Klubs“, sagt Sascha Jovanov dazu nur: „Sämtliche Einrichtung da drin wurde schon herausgerissen. Übrig bleibt die Bausubstanz, darin feiern wir.“ Jovanov, Mitglied des Kantine-Teams, scheint voll und ganz dem Konzept der Zwischennutzung verfallen zu sein: „Das Flair des Vergänglichen macht diese Räume ganz besonders, und irgendwo nur ein einziges Mal zu feiern macht nun mal auch ganz aufregende Stimmung.“

„Dann wieder weiterziehen“

Für den Abend an der geheimen Adresse sind verschiedene Bereiche geplant, Jovanov verspricht Techno, House, Goa, Psytrance genauso wie Drum and Bass: „Die verschiedenen Musikrichtungen an außergewöhnlichen Orten machen uns selbst auch viel Spaß: Einmal etwas Besonderes erleben und dann wieder weiterziehen.“

Was nicht heißt, dass sich das Kantine-Team allein dem verschrieben hat. Ein fixes Standbein hat man mittlerweile in Linz: In den Räumlichkeiten der alten Neueröffnung Tischlerei betreibt man dort ebenfalls eine Kantine, die nun aus der Sommerpause zurückkehrt, „darauf freuen wir uns schon sehr“, meint Jovanov, auch in Salzburg will man eine Kantine eröffnen: „Sie ist bereits im Bau. Dort ist die Vorfreude besonders groß, weil die Klublandschaft in Salzburg praktisch nicht vorhanden ist.“

In Wien soll es jetzt erst einmal bei den Pop-up-Partys bleiben. Man wolle weiterhin „einmalige Locations“ nutzen, Orte, an denen „nur einzelne Veranstaltungen“ möglich seien. Das Konzept ist nicht völlig neu, immerhin begann etwa die Ur-Pratersauna ihren Weg zur ersten Wiener Klubadresse eben ohne Adresse, sondern mit den Wurstsalon-Pop-up-Partys (man darf vermuten, dass das Wort Pop-up damals, 2006, vor der Start-up-Economy, noch nicht verwendet wurde), an besonderen Orten: Off-Location nannte man das.

Fixer Klub wieder geplant

Die Aufregung um die geheime Location und den Pop-up-Gedanken versteht Jovanov zwar, für das Team stehe aber hauptsächlich die Musik im Vordergrund: „Unsere Philosophie ist ja einfach. Wir wollen gute Qualität liefern, ohne viel Schnickschnack. Natürlich ist es dann besonders interessant, wenn berühmte DJs wie Sven Väth, Karotte oder Aka Aka spielen, ohne viel Tamtam, in einem entspannten Rahmen, das ist für uns selbst ja auch das Größte.“

Die Party am heutigen Samstagabend bespielt man jedenfalls mit Wiener Lokalgrößen aus den verschiedenen Musikgenres. Ob Wien sich jetzt auf regelmäßige Kantine-Pop-ups vorbereiten sollte oder lieber auf einen neuen, fixen Klub mit dem Namen? Immerhin gab es im vergangenen Dezember die Ansage, die Kantine dauerhaft in eine Wiener Location einziehen zu lassen. Jovanov bejaht beide Aussichten, Pop-up-Partys einerseits, andererseits: „Auch in Wien wird es wieder eine fixe Kantine geben.“ Details dazu gibt es aber noch nicht.

ZUR VERANSTALTUNG

„Der secret Abriss – pres. by Kantine“ heißt das Format, das heute, Samstag, 27. August ab 22 Uhr, an einem zu Redaktionsschluss noch geheim gehaltenen Ort in Wien stattfinden wird. Gespielt wird elektronische Musik: House- und Techno-Floor (mit Matt Mor, Florian Kaltstrøm, Dennes Deen, Nikka u. a.), Drum-and-Bass-Floor (mit Pandora, Menace, Skore u. a.) und Progressive-Floor (mit Petronik, Phil Locker u. a.). Die Linzer Kantine eröffnet ebenfalls heute, Samstag, dort spielen u. a. Bono Goldbaum und Chris Miller, Beginn: 23 Uhr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2016)

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