Ceta-Gezeter

Oder: Warum es einen Unterschied macht, ob ein Kürzel drei oder mehr Buchstaben hat.

Was ist der Unterschied zwischen dem europäisch-US-amerikanischen Freihandelsabkommen TTIP und seinem europäisch-kanadischen Pendant Ceta? Generell ist die Antwort darauf freilich ziemlich komplex. Was die in ihrer bevorzugten Sonntagszeitung festgelegte Schreibweise betrifft, aber schon um vieles überschaubarer: TTIP ist eine mehr als drei Buchstaben lange Kombination, die sich nicht wie ein Wort aussprechen lässt, und deshalb in Großbuchstaben geschrieben wird. Ceta (nicht zu verwechseln mit dem ebenfalls derzeit geisternden Virus Zika bitte!) dagegen ist ein Kürzel mit mehr als drei Buchstaben, das sich normal aussprechen lässt und deshalb wie ein Wort geschrieben wird. Daher steht hier also TTIP, aber Ceta.

Bis drei Buchstaben wird in der „Presse“ übrigens jedes Akronym mit Großbuchstaben abgekürzt. Deshalb heißt es zum Beispiel, wenn über Terroranschläge berichtet werden muss, oft IS – aber Isis. Wir fürchten um die österreichischen Staatsfinanzen und sagen Heta, freuen uns auf billiges Tanken, weil die Opec höhere Förderquoten beschlossen hat und fiebern mit dem ÖFB-Team mit, wenn es am Montag in Tiflis gegen Georgien in die Qualifikation für die Fußballweltmeisterschaft startet.

Die unaussprechlichen Abkürzungen, die eher zufällig in den Sprachgebrauch hereintropfen und dort kleben bleiben, prägen übrigens die politische Debatte zusammen mit den mundgerecht von Polit-Marketingabteilungen ausgedachten Begriffen wie Ein-Euro-Job, Grenzmanagement, Öxit und Wertekurse. Ein Lautungetüm wie TTIP bewusst in die politische Schlacht zu werfen, käme wohl keinem im War Room in den Sinn.

Was sich übrigens immer lohnt, ist jemanden zu fragen, wofür die Abkürzung denn eigentlich steht. Die Antwort, Transatlantic Trade and Investment Partnership, kann einem Aufmerksamkeitspunkte beim Gesprächspartner bringen. Comprehensive Economic and Trade Agreement ergibt Ceta.

Während Ceta aber mehr oder weniger unter Dach und Fach ist, auch wenn in Österreich gern ein anderer Eindruck erweckt wird, wird man TTIP mit den USA (weniger als vier Buchstaben, also groß) wohl erst mit dem neuen Präsidenten abschließen können. Also der Präsidentin natürlich...

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2016)

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