Von Marantjosefstadt nach Baugrund

Von Marantjosefstadt nach Baugrund oder: Was die Zusammenlegung von Wiener Bezirken für Chancen bietet.

Ein paar unzusammenhängende Eindrücke aus dem langsam endenden Oktober: Es gibt heuer nicht so viele Weintrauben wie sonst zu kaufen, vor allem keine ohne Kern (ja, mit Kern gibt es alles mögliche). Diesmal sind also die Nachrichten über unwetter-, frost- und hagelbedingte Ernteausfälle auch tatsächlich beim Konsumenten angekommen. War in den letzten Jahren nicht immer so.

Häufiger als kernlose Weintrauben sieht man nun die ersten neuen Modelle X des amerikanischen Elektroautoherstellers Tesla auf der Straße. Optisch irgendwo zwischen SUV, Kleinwagen und fernöstlichem Futurestil. Wieder ein Grund mehr für die Österreicher, weiter mit ihrem Diesel herumzufahren.

Während die Amerikaner nur ein hässliches Auto bauen, machen die Europäer querbeet kein gutes Bild. Zuerst das Theater um den Vertrag mit den Kanadiern (ausgerechnet, wenn Wirtschaftsdelegationen unter der Führung eines Bundespräsidenten in demokratisch fragwürdige Staaten fahren, um dort reihenweise bilaterale Verträge zu unterzeichnen, wackelt niemand mit dem Ohr) und jetzt die Blamage auf dem Mars (ja, genau, gemeinsam mit den Russen). Dabei wissen wir von den Amerikanern doch längst, dass dort oben nichts ist. Aber nein, wir müssen ja wieder selbst nachschauen.

Eigentlich müsste man sich stärker auf den Planeten Wien konzentrieren. Da hat der Wiener Bürgermeister, Michael Häupl, diese Woche doch glatt nicht ausgeschlossen, an den Wiener Gemeindebezirken herumdoktern zu wollen. Natürlich haben es ihm vor allem die kleineren Bezirke innerhalb des Gürtels angetan, wo es rare grüne oder schwarze Bezirksvorsteher gibt. Ist natürlich nur Zufall.

Eine Zusammenlegung des sechsten und achten Bezirks böte sich vom Namen her besonders an: Aus Mariahilf und der Josefstadt wird sehr wienerisch die Marantjosefstadt. Und aus dem siebten Bezirk (Neubau) und dem neunten Bezirk (Alsergrund) wird einer, der heißt künftig Baugrund. Für eine florierende Stadt durchaus ein Name wie ein Programm. Genauso wie die Anpassung des 23. Bezirks an die geläufige Schreibweise: Leasing.

Bob Dylan hat sich übrigens immer noch nicht zu seinem Literaturnobelpreis geäußert. Nun hat das erste Jurymitglied die Nerven verloren („arrogant“, „unhöflich“). Dylan wird wohl noch eine Weile touren und schweigen.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2016)

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