Nyborg oder Underwood?

Nyborg oder Underwood? oder: Warum man Donald Trump bald öfter in seinem Lieblingslokal treffen könnte.

Nun ist also der Zeitpunkt gekommen, an dem wir für unseren exorbitanten TV-Serien-Konsum mit aufkeimender Panik bezahlen müssen. Die vielen Politikmehrteiler von „Borgen“ über „House of Cards“, „Veep“ bis zur ziemlich belanglosen Außenministerin-Serie „Madam Secretary“ haben unseren Blick auf die Mächtigen doch nachhaltiger verändert, als wir zunächst angenommen haben. Haben wir früher Amtsgebäude, Anzüge und Kostüme noch als starre Oberfläche akzeptiert, hinter der wenigstens professionell agiert wird, sehen wir die Regierenden zig Fernsehstunden später nur mehr im Pyjama vor unserem geistigen Auge.

Gerade bei Donald Trump ist in seinen ersten Tagen als gewählter US-Präsident eine Parallele zum Fernsehstaatsoberhaupt Frank Underwood aus „House of Cards“ gar zu offensichtlich ausgefallen. So ist Underwood – sehr zum Leidwesen seiner Secret-Service-Manndeckung – immer wieder einmal aus seinem eng reglementierten Tagesablauf ausgebrochen, um in seinem Lieblingsgrillimbiss Spareribs zu essen. Am allerliebsten zum Frühstück übrigens. Donald Trump wiederum hat, so wurde Mitte der Woche berichtet, mit Stab und Familienangehörigen das Steakhouse seines Vertrauens besucht. „Trump Steak“ lautete die dazugehörige Schlagzeile.

Wie der Immobilientycoon, der doch seit geraumer Zeit gewöhnt sein dürfte, sein Umfeld nach seiner Pfeife tanzen zu lassen, mit den Einschränkungen des mächtigsten Amtes der Welt zurechtkommt, wird sich erst herausstellen. Weil, auch das haben wir im Fernsehen gelernt: Ein Präsident ist in erster Linie ein Gefangener der Umstände. Selbst Kevin Spacey als mit allen Wassern gewaschener Frank Underwood stieß im Weißen Haus regelmäßig an seine Grenzen.

Doch das wird überhaupt die Frage sein: Ist die wahre Welt mehr wie in „Borgen“? Dort schafft es die Oppositionspolitikerin Brigitte Nyborg überraschend an die Regierungsspitze und hebelt die Politprofis mit ihren unkonventionellen Ansätzen aus. Oder ist das Leben doch wie „House of Cards“? Dann könnte man sich nach der Trump-Wahl wieder entspannen. Denn ein Politikneuling ohne das Wissen um die Mechanismen des Regierens hätte dort keine Chance.

Dafür aber jede Menge Zeit für Besuche in seinem Lieblingssteakhouse.

florian.asamer@diepresse.com

(Print-Ausgabe, 20.11.2016)

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