Walk of Häme

Dreiecksständer auf den Malediven

Kanzlerin Angela Merkel
Kanzlerin Angela MerkelReuters
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Dreiecksständer auf den Malediven oder: Warum Wahlkampf im Ausland der Politik ganz neue Möglichkeiten eröffnet.

Die abgelaufene Weltfrauentagswoche hat einen Satz gebracht, der so ruhig stehen bleiben kann: „Deutschland ist noch nicht bereit für einen Mann als Bundeskanzlerin.“ Gemünzt war der Satz auf Angela Merkel und deren SPD-Herausforderer, Martin Schulz. Schaut man sich die jüngsten Film- und Serienproduktionen an, in denen ein fiktiver deutscher Regierungschef vorkommt, dann hat das politische höchste Amt in Deutschland auch in der Vorstellung der internationalen Drehbuchschreiber immer eine Frau inne. Und da derzeit in jedem zweiten abgedrehten Streifen eine US-Präsidentin oder ein US-Präsident eine zentrale Rolle spielt (HBO hat gerade eine Miniserie über den Wahlkampf von Hillary Clinton gegen Donald Trump angekündigt), ist das weibliche Gegenüber aus Europa recht häufig vertreten. Es geht also doch nichts über die Kraft eines geeigneten Role Model, um die Vorstellungen von dem, was man für die Norm hält, nachhaltig zu verändern.

In Österreich ist die Regierungsspitze freilich immer noch rein männlich – wobei immerhin eine Frau Frauenministerin geworden ist, nicht einmal das war immer selbstverständlich –, und diese Männer versuchen, sich recht lautstark bemerkbar zu machen. Je weniger Silben der Nachname hat, desto lauter und häufiger. Der Innenminister mit den drei Silben ist freilich auch recht fleißig, vor allem, wenn es um Vorschläge geht, wie man die Versammlungs- und Meinungsäußerungsrechte einschränken könnte. Dabei hätten Österreichs Politiker, denen wohl in nicht allzu ferner Zukunft selbst ein Wahlkampf ins Haus stehen wird, zuerst an sich denken sollen, bevor sie begonnen haben, dem türkischen Präsidenten und seinen Ministern das Leben schwerzumachen. Wenn Wahlkämpfe im Ausland nämlich Schule machen, könnten unsere Spitzenkandidaten ihre Dreiecksständer und die Wahlkugelschreiber schnappen und zu Kundgebungen zu ihren Sehnsuchtsorten aufbrechen: Je nachdem könnte es da zu reizvollen Kundgebungen mit Österreich-Themen in Madeira, Spitzbergen oder auf den Malediven kommen. Doch so wird es doch wieder nur Klagenfurt, Bregenz und St. Pölten werden. Doch wer weiß: Vielleicht freut es den Innenminister ja, wieder einmal nach Hause zu kommen.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2017)

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