Angela statt Carla

Oder: Wie Sarkozy erklärt, warum er die Geburt seiner Tochter geschwänzt hat.

Natürlich geht uns das überhaupt nichts an. Ob der französische Staatspräsident lieber seine Frau Carla während der Wehen unterstützt oder lieber mit Angela Merkel über Wehe und Wohl des Euro plaudert, ist ausschließlich seine Privatsache. Aber zur international ausgebrochenen Debatte darüber, ob eines heutzutagigen Vaters Platz während der Geburt nicht an der Seite seiner Frau zu sein hat, gibt es schon einiges anzumerken.

Zum einen: Die allgemeine Annahme, Nicolas Sarkozy habe sich zwischen Geburt und dem Termin bei der deutschen Kanzlerin in Berlin entscheiden müssen, entspricht wohl kaum den Tatsachen. Die französisch-deutsche Achse hätte sich sicher auch ein paar Stunden später treffen können, wenn das gewünscht gewesen wäre. Der Euro wird noch länger auf der Intensivstation sein als Carla Bruni in der Klinik. Monsieur le President hat sich also bewusst dagegen entschieden, im Kreißsaal im Kreis zu gehen und stattdessen lieber mit Angela Berge kreißen lassen, um nicht einmal ein Mäuslein zu gebären. Während Carla in derselben Zeit immerhin Giulia zur Welt gebracht hat. Es war also eine bewusste (politische) Entscheidung.

Zweitens wurde öfter geschrieben, dass Carla Bruni jetzt sicher nicht gut auf ihren Mann zu sprechen sei. Es kommt aber offenbar niemand auf die Idee, dass er die Entscheidung mit seiner Frau gemeinsam getroffen haben könnte. Die Präsidentengattin schaut nicht so aus, als könnte sie sich im Ernstfall nicht durchsetzen.

Drittens ist es natürlich erfreulich, wenn Männer inzwischen so selbstverständlich zum Gebären gehören, dass ein fehlender Mann für Nachfragen sorgt. Aber muss das obligatorische Besäufnis mit Freunden des werdenden Vaters wirklich schnurstracks von einer Art Anwesenheitspflicht des Vaters bei der Geburt abgelöst werden?

Oft zu hören ist in diesem Zusammenhang auch ein Juhu darüber, dass in die Präsidentenresidenzen dieser Erde immer mehr Kinder einziehen. Nach den Obama-Girls im Weißen Haus und dem Wulff-Nachwuchs im Bellevue jetzt also die kleine Giulia im Élysée. Vielleicht geht es aber auch vielmehr um die Vorstellung, von Menschen regiert zu werden, die noch Sex haben. Aber das geht uns natürlich überhaupt nichts an.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2011)

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