Land der Bremse zukunftsreich

Oder: Warum wir dringend eine Hymnenbremse in der Verfassung brauchen.

Irgendwie ist es schon bezeichnend. Waren bisher Namensfusionen Traumpaaren aus Hollywood vorbehalten („Bennifer“ für Ben Affleck und Jennifer Lopez, „TomKat“ für Tom Cruise und Katie Holmes, natürlich „Brangelina“ für Brad Pitt und Angelina Jolie), muss plötzlich ein politisches Paar für diese Form der Verballhornung herhalten.

Angela Merkel und Nicolas Sarkozy, die sich so oft treffen, dass sich langsam ein gemeinsamer Amtssitz auszahlen würde, sind nur noch „Merkozy“. Dass hier die Nachnamen fusioniert werden, soll offenbar das dienstliche der Verbindung unterstreichen. Dabei hätte „Angolas“ durchaus seinen Reiz gehabt. Für die Politik der beiden klingt allerdings „Merkozy“ eine Spur zu elegant und leichtfüßig. Das Gemurkse und Gewürge wäre mit „Sarkel“ wohl besser abgebildet. Das erinnert irgendwie an Sargnagel.

Man kann – auch in dieser Hinsicht – nur froh sein, dass Österreich und Bundeskanzler Werner Faymann keine wichtigere Rolle auf europäischer Ebene innehaben. Weder „Faykel“ noch „Merkmann“ klingen besonders charmant, auch „Wergela“ nicht. Während „Sarkmann“ nicht so recht gefallen will, wäre „Faycozy“ wenigstens lautmalerisch eine feine Sache. Hier kreuzen sich assoziative ein Taschentuch mit einem Toilettepapier.

Aber Österreich steht ohnehin im Banne des neuen Textes der Bundeshymne. Abgesehen davon, dass sich die „Töchter und Söhne“ nicht gerade singen lassen, stellt sich eine grundsätzlichere Frage. Warum um alles in der Welt wurde die Gelegenheit nicht genutzt, um diese schreckliche Bundeshymne (gibt es irgendjemanden, der diese Bundeshymne nicht ganz schrecklich findet? Ja, wir gehen sogar so weit zu glauben, dass unsere Fußballmisserfolge ursächlich mit dem Unterlegenheitsgefühl beim Absingen der Hymne zusammenhängt, das sich auf das Spiel überträgt) überhaupt zu kippen? Man hätte sich aus dem unendlichen Fundus der Wiener Klassik eine ansprechende Melodie suchen, dazu in einem groß ausgeschriebenen Wettbewerb einen zeitgemäßen Text schmieden lassen können, der alle Genderstückeln spielt.

Aber diese Chance ist dahin. Jetzt brauchen wir dringend einen Hymnenbremse in der Verfassung, die weiteren Änderungen einen verlässlichen Riegel vorschiebt. Vielleicht weiß ja „Sarkel“, wie man das macht.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2011)

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