Schneewittchen spielt die böse Stiefmutter

Oder: Warum uns Julia Roberts neue Rolle den Atem raubt – aber anders als bisher.

Wir haben den Tod von Whitney Houston noch nicht einmal annähernd verdaut, da folgt der nächste Schlag in die Magengrube. Nichts ahnend sehen wir im Kino den Trailer für eine Neuverfilmung des Schneewittchenstoffes. Und wer bitte spielt die böse Stiefmutter? Wer muss den Spiegel fragen „Wer ist die Schönste im ganzen Land“ und bekommt die niederschmetternde „Scheewittchen ist tausend Mal schöner als ihr“-Antwort? Wer muss sich in diesem Trailer mithilfe seiner Lakaien in ein Mieder pressen lassen, um auf einem Ball dem Prinzen gefallen zu können? Na, wer??? J-u-l-i-a R-o-b-e-r-t-s! Uns zittern die Hände, während wir das hier tippen, das Schneewittchen unserer Generation spielt die böse, schiache, verbitterte Stiefmutter.

Es war doch erst gestern, als Julia Roberts in „Pretty Woman“ mit ihrem Lächeln das harte Herz von Richard Gere (was macht der eigentlich dieser Tage so?) knackte und damit den amerikanischen Traum vom Tellerwäscher zum Millionär kraft Heirat verwirklichte. Das war übrigens 1990, da war Whitney Houston noch auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, hatte also Bobby Brown noch nicht kennengelernt.

Apropos Brown: Bobby hat Whitney ja angeblich nicht gerade wie ein Gentleman behandelt. Und wie es der Zufall so will, wurde am Grammy-Abend, der ganz im Zeichen von Houstons Tod stand, auch Chris Brown mit einem goldenen Grammofon ausgezeichnet. Bekannter als durch seine Musik wurde Chris Brown, weil er seine nunmehrige Exfreundin Rihanna nach einer Grammy-Verleihung grün und blau geprügelt hat.

Auch das schmerzt uns sehr, sind wir doch mit dem friedlichsten aller Browns aufgewachsen: Charlie Brown. Der kümmerte sich rührend um seinen Hund Snoopy und wurde regelmäßig von Lucy (einer Frau) geschlagen.

Und wäre das alles noch nicht genug, taucht Gwyneth Paltrow in einer österreichischen Supermarktwerbung auf. Ja, Pierce Brosnan hat das auch getan, aber er war quasi schon in Pension. Paltrow ist in ihrer Blüte. Und wenn sie Geldprobleme hat, könnte doch sicher ihr Mann, Coldplay-Sänger Chris Martin, aushelfen. So schlimm kann es doch gar nicht sein, dass man nicht darüber reden könnte.

Wir schütteln den Kopf, setzen die Kopfhörer auf und hören – Whitney Houston.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.