Das lange Warten im Sommer 2013

lange Warten Sommer 2013
lange Warten Sommer 2013(c) Erwin Wodicka - wodicka@aon.at (Erwin Wodicka)
  • Drucken

Der Sommer 2013 war ein ungewöhnlich heißer. Vielleicht war das mit ein Grund, weshalb das Land in eine seltsame Starre verfiel. "Die Presse am Sonntag" erinnert sich an den "Jahrhundertsommer".

Es ist ein sonniger Freitag, als Andreas Meingaßner in einer Aussendung das verkündet, worauf Österreich nach den Wochen voller Kälte, Niederschlag und Hochwasser schon lang gewartet hat. Der Meteorologe des Wetterdienstes Ubimet kündigt am 14. Juni die erste Hitzewelle des Jahres an. Ein Tief über dem Golf von Biskaya steuert an seiner Vorderseite Luft von der Sahara auf direktem Weg Richtung Mitteleuropa. Von Tag zu Tag soll es heißer werden. Mit Rekordprognosen sind Meteorologen an sich eher vorsichtig, doch so weit lehnt sich der Wetterdienst an diesem Junifreitag schon aus dem Fenster: Der eine oder andere Temperaturrekord könnte fallen.

* * *

Der Sommer hat noch nicht einmal richtig begonnen, und doch hat die Politik wieder eines ihrer Lieblingsthemen ausgegraben: Ein neues Lehrerdienstrecht muss her. Schon wieder. Und am besten noch vor der Nationalratswahl. Die erste sommerliche Verhandlungsrunde findet am fünften Juni statt. Und dort bewegt sich sogar etwas – zumindest auf einer Seite: Die ÖVP präsentiert ein Alternativmodell, das anstelle einer Unterrichtsverpflichtung Präsenzzeit vorsieht. Die Gewerkschaft beeindruckt das nicht sehr.

* * *

In der österreichischen Fußball-Bundesliga sorgt ausgerechnet jener Klub für Schlagzeilen, der nur knapp dem Abstieg entronnen ist. Am 17. Juni fällt überraschend der Name Toni Polster – er soll Trainer von Admira werden. Ein gewaltiger Karrieresprung, denn der ehemalige Dancing Star vergnügte sich seit Längerem an der Seitenoutlinie in der „Straßenbahnliga“ bei der Wiener Viktoria, schaffte immerhin den Aufstieg in die Regionalliga. Einen Tag später erfolgen die offizielle Präsentation und das erste Training. Toni Polster ist da noch erstaunlich vorsichtig: „Mal schauen, ob ich jetzt dort bin, wo ich eigentlich hingehöre. Oder nur ein Passant bin.“ Sein oberstes Ziel: „Die Defensive stärken. Und attraktiven Fußball spielen.“ Die Qualität der Mannschaft gibt Rätsel auf. Admira gilt als kleines Armenhaus der Liga. „Wir sind ein Ausbildungsverein.“


* * *
In Waidhofen an der Ybbs wird am 20.Juni mit 38,6 Grad die bisher höchte Juni-Temperatur überhaupt in Österreich gemessen. Allerdings war dabei Südföhn im Spiel.

* * *
In den ersten Julitagen dieses Sommers schafft es Österreich ganz unerwartet für ein paar Stunden in die Breaking News internationaler Medien. Denn Edward Snowden ist in Wien. Vielleicht. Allein die Möglichkeit reicht, um Diplomaten und Journalisten am 3. Juli rotieren zu lassen. Auf dem Rollfeld vor dem General Aviation Center, dem kleinen, feinen Flughafen für Privatflugzeuge in Wien-Schwechat steht es, das Flugzeug des allgemeinen Interesses: Es gehört Boliviens Präsidenten Evo Morales. Es kommt aus Moskau. Und da Morales seine Sympathien für den dort gestrandeten NSA-Aufdecker Edward Snowden erklärt hatte, wäre es doch immerhin möglich, dass... Und so sperrten mehrere westeuropäische Länder auf freundliche Anfrage aus Washington ihren Luftraum, und Morales' Flieger muss in Wien runtergehen.


* * *
Es ist trocken. Nach etwas mehr als der Hälfte des Monats zieht der Wetterdienst Ubimet am 18. Juli eine erste Bilanz: Die bisherigen Sonnenstunden sind rekordverdächtig, der Rekord aus dem Jahr 2006 ist in Gefahr. Die Meteorologen warnen bereits vor den negativen Auswirkungen für die Landwirtschaft. Denn der letzte ausgiebige Regenfall datiert mit 24. Juni. Dürre droht. Und Waldbrände.

* * *
Die Wirtschaft schläft nie, auch nicht im Sommer. In diesem besonders heißen Sommer geht sie sprichwörtlich baden. Der Baukonzern Alpine legt eine der größten Pleiten der Republik hin – nach dem Scheitern einer Auffanglösung, um die sich auch die wahlkämpfende Regierung bemüht, kommt am 3. Juli die Schließung. Noch diskutiert man landauf, landab, warum es die Alpine erwischt hat, da kommt nur einen Tag später die nächste Hiobsbotschaft: Die Drogeriemarktkette Dayli meldet Insolvenz an. Der Todeskampf hatte sich schon abgezeichnet, schrittweise wurden Mitarbeiter gekündigt und Filialen geschlossen. Dayli-Eigentümer Rudolf Haberleitner sorgt für Gesprächsstoff: Als er sich mit einem Investor treffen wollte, sei ihm der Geldkoffer mit einer Million Euro entrissen worden. Sagt er. Das Geld sei Firmenvermögen, sagt der Masseverwalter.

* * *
Und wie geht es eigentlich Toni Polster? „Ich weiß, was ich kann – und dass ich es kann. Aber man muss es auch zeigen.“ Toni Polster, der neue Admira-Trainer, spricht vor dem Saisonbeginn davon, mit der Admira den Klassenerhalt zu schaffen. Das erste Pflichtspiel absolvieren die Südstädter am 12. Juli erfolgreich – 2:0-Sieg im Cup beim Regionalligisten Seekirchen. Die echten Prüfungen aber warten noch.

* * *
Der lange Tisch im Parlamentslokal steht noch. Es fühlt sich an wie die 350. Verhandlungsrunde, dabei ist es offiziell erst die 31. Es geht wieder um das Lehrerdienstrecht – und wieder kommt nichts dabei heraus. Auch wenn die Regierung von einer „Fast-schon-Einigung“ spricht – die Gewerkschaft bremst erneut.


* * *
Wien ist die zweitgrößte deutschsprachige Stadt. Das vermeldet das Wiener Rathaus am 20.Juli. Mit 1.741.246 Einwohnern hat man Hamburg um rund 7000 Einwohner überholt und liegt damit nur noch hinter Berlin. Allerdings mit einem gewissen Respektabstand: Die deutsche Hauptstadt hat 3.375.222 Einwohner.


* * *
Es ist nach wie vor trocken. Und warm. Und es soll noch wärmer werden. In der Ubimet-Zentrale in der Dresdner Straße hat am 22.Juli Meteorologe Nokolas Zimmermann die Aufgabe, die Nachricht über die nächste Hitzewelle zu verkünden. Er darf dabei das Hoch Yasmine erwähnen, das seinen Schwerpunkt von den britischen Inseln nach Osten verlagert und damit den Weg für richtig heiße Luft aus dem Süden freimacht. Und: Weil es in den vergangenen Wochen so trocken war und sich daher kaum Wasser im Boden befindet, kann auch keine Verdunstungskälte die Erwärmung bremsen. Das Land beginnt sich auf die Lauer zu legen – wann fällt der bundesweite Temperaturrekord? Ein Land wartet.

* * *
Auf dem General Aviation Center in Schwechat noch immer keine Spur von Edward Snowden. Wie denn auch, er war ja gar nicht hier. Aber das weiß Wien noch nicht. Umso begieriger stürzen sich die Reporter aus dem In- und Ausland auf den bolivianischen Staatschef Evo Morales, der in regelmäßigen Abständen wie der Kuckuck aus der Uhr aus der einen holzgetäfelten Tür kommt oder durch die andere zur Pressekonferenz bittet. Wenn man ihn überhaupt rechtzeitig zu Gesicht bekam, denn dazwischen will auch das Rollfeld im Blick behalten werden.

Dem sonst gern aufbrausenden Morales gefällt der ganze Zirkus in Wien sichtlich. Dass er völlig übernächtigt sein muss, ist ihm nicht anzumerken. Beinah bühnenreif, wie er sich vorgeblich abmüht, den Namen Snowden über die Lippen zu bringen. Nein, einen Herrn dieses Namens kennt er leider nicht.

* * *
Die Kühe von Herrn Plank geben in diesen Tagen wenig Milch. Kein Wunder, bei der Hitze. Herr Plank betreibt mit seiner Frau einen Bauernhof in Eisenerz, jenem Ort, der schneller schrumpft als alle anderen in Österreich und der als Beispiel für Überalterung gilt. Im Moment merkt man davon nichts: Pärchen sitzen dutzendweise in den Gastgärten, Familien pilgern in Scharen an den Leopoldsteiner See, der 22 Grad warm ist, was unerhört ist für Eisenerzer Verhältnisse.


* * *
Es ist ein völlig überhitzter Sommer, so viel steht längst fest. Am 26.Juli hat Österreich schon fast vier sommerlich heiße Wochen hinter sich. Die Ubimet wagt sich einen Schritt nach vor: „Fallen die 40 Grad?“ fragt der Wetterdienst in einer Aussendung. Diesmal darf Meteorologe Alexander Radlherr zur Erklärung ausrücken. Er spricht von einer Südwestströmung, die heiße Luft aus der Sahara über die Balearen nach Österreich bringt. Und davon, dass „im wahrsten Sinne des Wortes ein Finale Grande des Julisommers“ bevorsteht.

* * *
Am letzten Sonntag im Juli, einem der heißesten Tage des Jahres, kehrt ein Thema aus dem tiefsten Winter ins Bewusstsein der Wiener zurück: Zehn jener Asylwerber, die sich seit Dezember in der Wiener Votivkirche und seit März im Servitenkloster aufhalten, werden festgenommen und ins Polizeianhaltezentrum an der Rossauer Lände gebracht. Kardinal Christoph Schönborn weilt gerade beim Weltjugendtag im brasilianischen Rio de Janeiro, als ihn die Nachricht erreicht. Er ist bestürzt und appelliert via Standleitung in den ORF an die Behörden, von einer Abschiebung Abstand zu nehmen. Vergeblich: Einen Tag später werden acht von ihnen nach Pakistan abgeschoben. Am selben Tag werden drei weitere Flüchtlinge verhaftet – allerdings nicht, um sie abzuschieben, sondern wegen des Verdachts auf Schlepperei. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner rechtfertigt sich. Man ermittle gegen eine „große kriminelle Organisation“, die Schleppungen von vorwiegend pakistanischen Staatsbürgern organisiert haben soll. Die Schlepper würden „äußert unmenschlich“ agieren, sagt die Ministerin: „Wenn es etwa Probleme mit schwangeren Frauen auf der Schlepperroute gab, dann wurden diese Frauen hilflos auf der Route zurückgelassen.“

* * *
Es ist windig. Sehr sogar. Das Filmfestival auf dem Rathausplatz wird am 29.Juli wegen akuter Sturmwarnung abgesagt. Die angekündigten starken Niederschläge über Wien bleiben aber aus.

* * *
Herrn Planks Bauernhof liegt zu Fuß etwa eine halbe Stunde vom Leopoldsteiner See entfernt. Es ist Abend, und er trinkt mit seinen Gästen ein Glas Most, während seine Frau im Stall die Kühe melkt. Lisa, eine braunscheckige, ist als Einzige noch auf der Weide, sie hat heute aufs Melken offenbar keine Lust. Als der Bauer sie ruft, muht sie zurück und bewegt sich nicht von der Stelle. Herr Plank muss die bequeme Lisa holen gehen. Sieben Kühe hat er, eigentlich acht: Die achte ist aber heuer nicht trächtig geworden. „Deshalb ist sie auf der Alm. Sie bekommt noch eine zweite Chance.“ Wenn sie nächstes Jahr wieder kein Kalb zur Welt bringt, wird sie geschlachtet. Kein Kalb, keine Milch, kein Platz im Stall: Das ist halt so. Sonst ist alles anders, als man es von abschreckenden TV-Dokumentationen über Tierhaltung kennt: Die Kühe und Kälber haben Platz und noch ihre Hörner. Den Hof teilen sie sich mit zwei Ziegen, ein paar Schweinderln, mit Enten und einem Dutzend Hühnern, die auf dem Misthaufen nach Leckerbissen suchen. Wie aus dem Bilderbuch. Nur dass ein Bilderbuch nicht stinkt. Was sich der Bauer von der Politik wünsche? „Ach, der Mensch ist ja nie zufrieden“, meint Herr Plank. Aber 34 bis 36 Cent pro Liter Milch, die ihm die Genossenschaft zahlt, seien wirklich wenig. Vor allem, wenn die Kühe so wenig Milch geben wie jetzt bei dieser Hitze.

* * *
Michael Beisenherz ist Meteorologe bei Ubimet. Und am 30.Juli dafür verantwortlich, Bilanz über den sonnigsten Monat seit Beginn der Aufzeichnungen zu ziehen. In Andau im Seewinkel scheint die Sonne 377 Stunden lang, aber auch die Hohe Warte in Wien bringt es mit 366 Stunden auf einen neuen Rekord in der seit 1884 bestehenden Messreihe. Was die Temperatur angeht, gibt es aber keinen geknackten Rekord zu vermelden – der Juli 2006 war heißer. Aber immerhin: Mit österreichweit nur 35 Prozent der normalen Regenmenge ist es der trockenste Juli seit Niederschlagsmessbeginn im Jahr 1858.


* * *
Der dritte August ist kein normaler Tag für Andreas Schmölz. Als einer der fünf Chefmeteorologen von Ubimet ahnt er schon in der Früh, dass heute etwas passieren wird. Ob sich die 40 Grad, die bisher noch nie in Österreich gemessen wurden, diesmal ausgehen? Es sieht gut aus. In Dellach im Drautal klettert das Quecksilber unaufhörlich, die Sonne heizt weiter. Gegen 15 Uhr kann Schmölz einen Rekord eintragen: Die Messstation zeigt 39,9 Grad an. Ein neuer Allzeit-Temperaturrekord in Österreich. Gehen sich die 40 noch aus? Banges Warten in der Dresdner Straße. Dann zieht eine dicke Gewitterwolke über das Drautal. Rekordversuch beendet. Aber man gibt nicht auf. In einer Aussendung schreibt die Ubimet: Der Höhepunkt der Hitzewelle kündigt sich für Mitte der kommenden Woche an. Die 40 Grad sind möglich.


* * *
Auch der Bundeskanzler kann die Wiener Wolken nicht regnen machen. Am 3. August soll mit dem traditionellen Kanzlerfest im Gartenhotel Altmannsdorf die kurze Vorwahl-Sommerpause beendet werden. Doch Temperaturen von über 35 Grad bis spät nachts wollen den Wahlkampf-Enthusiasmus nicht so recht entfachen. Selbst die Dichte an Promis lässt in diesem Jahr zu wünschen übrig. Es ist einfach zu heiß.

* * *
Evo Morales nervt. Er wiederholt sich. Man hört schon halb weg, da hat er doch noch mit einer Neuigkeit aufzuwarten: Sein Gastspiel in Wien sei vorbei, auch Spanien habe den Luftraum nun freigegeben, weshalb er nun nach Hause aufbrechen werde. Sprachs, dankte Österreichs Präsidenten, Heinz Fischer, der ihm ebenso wie Außenminister Michael Spindelegger seine Aufwartung gemacht hatte, und verschwand. Wenig später fährt sie an, die Falcon 900 mit der Aufschrift „Estado Plurinacional de Bolivia“. Kaum ist er weg, ist die BBC am Telefon. Und bittet um die letzten Neuigkeiten aus Schwechat. An einem Tag, an dem sich anderswo tatsächlich Gravierendes ereignete: In Ägypten putschte das Militär gegen den gewählten Präsidenten Mohammed Mursi. Aber darauf hat niemand gewartet.


* * *
Was macht eigentlich Ministerin Mikl-Leitner? Sie kommt in Bedrängnis. Von schwangeren Frauen, die von Schleppern auf der Flucht zurückgelassen werden, ist in der Gerichtsakte nichts zu lesen, wie die Stadtzeitung „Falter“ am 6. August schreibt. Das Bundeskriminalamt bekennt daraufhin, dass sich die Ermittlungen gegen den internationalen Schlepperring erst am Anfang befinden würden. Der Vorwurf, die Flüchtlinge hätten Schwangere ausgesetzt, habe sich auf Vorgangsweisen im internationalen Schlepperring bezogen. Dieser sei nur zum Teil in Österreich tätig. Michael Landau, der Direktor der Wiener Caritas, zeigt sich „fassungslos“ und spricht von einem „Armutszeugnis“ für das Ministerium.

* * *
Morgenbesprechung bei Ubimet in der Dresdner Straße. Einige Kollegen sind skeptisch an diesem 8.August, ob die Rekordmarke diesmal fallen wird. Geschäftsführer Manfred Spatzierer sagt: „Es wird sicher klappen.“ Als es Mittag wird, zeigt sich, dass er recht behalten sollte. Aus Neusiedl am See wird um 13.30 Uhr ein Höchstwert von 40,6 Grad gemeldet. Doch es tauchen Zweifel auf. Denn innerhalb weniger Minuten war die Temperatur um zwei Grad angestiegen – und in ebenso kurzer Zeit wieder gesunken. Offenbar, so wird sich später herausstellen, hat ein Lkw, der an der Baustelle direkt neben der Messstation Wärme abgestrahlt hat, für diesen Anstieg gesorgt. Doch Grund zur Freude haben die Meteorologen trotzdem. Um 15.30 meldet Bad Deutsch-Altenburg 40,5 Grad. Der Rekord ist geknackt. Am heißesten Tag des Jahres leuchtet auf der Wetterkarte in jedem Bundesland die Sonne. Nur nicht in Vorarlberg – hier regnet es in Strömen.

* * *
Es bleibt ein kurzes Gastspiel für Toni Polster als Trainer in der Fußball-Bundesliga. Nach nur drei Runden ist seine Saison zu Ende. Am 10. August gibt die Admira die Beurlaubung des 49-Jährigen mit sofortiger Wirkung bekannt. Admira gelang in der Meisterschaft kein einziger Sieg, das Torverhältnis lautet 2:11. Negativer Höhepunkt war die 1:7-Schlappe bei Aufsteiger Grödig. Polster: „Es wäre schön gewesen, wenn ich mehr Zeit gehabt hätte. Ich hätte die Admira gerettet! Aber ich muss das akzeptieren. Schmutzwäsche gibt's bei mir keine.“ Der Verein spricht offiziell von Auffassungsunterschieden. Die Nachfolge übernimmt Oliver Lederer, Polsters Ko-Trainer. Er erreicht in den Abendstunden ein 1:1 gegen Sturm Graz. Ein kleines Erfolgserlebnis.

* * *
Einmal noch wird das Flugfeld in Schwechat in diesem Sommer zum Mittelpunkt der internationalen Presse. Doch als am 2. August die erste Meldung kommt, dass US-Außenminister John Kerry mit der Air Force 2 in Wien zwischengelandet ist, besteht für Reporter keine Notwendigkeit mehr, sich auf den Weg zum Flughafen zu machen. Denn Kerry ist schon längst wieder weg. Dazwischen hat er ganz entspannt mit seinen Mitarbeitern ein wenig zwischen Flugzeug und VIP-Eingang gekickt. Die Fotografen von der internationalen Agentur Reuters waren rechtzeitig bestellt worden.

* * *
Am 12. August ist der Todesk(r)ampf von Dayli vorbei. Niemand will die Drogeriemarktkette kaufen, niemand will die erforderliche Bankgarantie über mehr als eine Million auf den Tisch legen. 3500 Beschäftigte, vor allem Frauen, verlieren ihre Arbeit. Rudolf Haberleitner und Martin Zieger, die zwei Herren, die jeweils beanspruchen, Dayli zu besitzen, liefern sich indes ganz öffentlich eine Schlammschlacht, die an Peinlichkeit kaum zu überbieten ist.


* * *
Einen Tag später, am 13. August, platzt den Verhandlern auf Regierungsebene der Kragen: Sie geben es auf, mit der Gewerkschaft zu verhandeln, und schicken ohne ihre Zustimmung einen Dienstrechtsentwurf in eine sechswöchige Begutachtung. Das fertige Lehrerdienstrecht soll es trotzdem erst nach der Wahl geben. In diesem Sommer wurde daraus wieder einmal nichts.

* * *
Sieben Wochen noch. Dann wird gewählt. An einem kühlen Freitagvormittag, es ist der 16. August, ist die Stadt voller Wahlplakate, Slogans und Wahlversprechen. Für Aufregung sorgen – wieder einmal – vor allem jene der FPÖ: „Liebe deine Nächsten – für mich sind das unsere Österreicher“ lässt Parteichef Heinz-Christian Strache via Plakat ausrichten. Hier, auf dem Viktor-Adler-Markt, im zehnten Wiener Gemeindebezirk, sollte die Botschaft eigentlich gut ankommen. „Nächstenliebe? Na geh!“, ruft ein Standler und wirft vor Aufregung beinahe seinen Kübel mit Würsten um. „Faymann, Stronach, Strache, alles derselbe Scheiß“, ruft er. Mit dem Nachsatz: „Und das können Sie ruhig so schreiben.“ Auch die Dame, die wenige Meter weiter links Paprika und Gurken verkauft, ist nicht gerade begeistert. „Das schau ich mir doch gar nicht an, da renne ich mit Absicht daran vorbei.“ Strache sei ihr allgemein unsympathisch. Grund: „Ein Sonnenschein ist er, nicht mehr. Er lacht zu viel.“

* * *
Die Mariahilfer Straße hört in diesem Sommer auf, eine echte Straße zu sein. Sie wird in ihrer Mitte zur Fußgängermeile. Am 15. August dürfen zum letzten Mal Pkw durch die Mariahilfer Straße brausen, seit 16. August ist ein Teil der Einkaufsstraße verkehrsberuhigt, vorerst nur auf Probe für ein paar Monate.

Die Themen des Sommers

Kein Sommer mit Snowden wurde es
schließlich. Denn Boliviens Präsident Morales hatte den NSA-Aufdecker nicht im Gepäck.

Der letzte Sommer wurde es 2013 für die Drogeriemarktkette Dayli. Am 3. Juli wird die Schließung aller Betriebe fixiert.

Ein kurzer Sommer war es für Toni Polster und die Admira. Nach nur sieben Wochen und drei Spielen legt Polster sein Traineramt wieder zurück.

Einen Sommerbesuch stattet US-Außenminister John Kerry Wien ab. Während sein Flugzeug aufgetankt wurde, kickte er eine Runde auf dem Rollfeld.

Sommerdauerthemawar in der Politik das Lehrerdienstrecht. Am Ende gab es – wieder – keine Einigung.


Sommerhitze. Am Höhepunkt des Hitzesommers lud Kanzler Werner Faymann zu seinem traditionellen Kanzlerfest.
Fabry, Schaadfoto, APA (2), EPA, Reuters

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.