Bokwa: Schwitz das Alphabet

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Buchstaben und Zahlen nachtanzen – das steckt hinter Bokwa. Das neue Work-out schickt sich an, dem Modetanz Zumba Konkurrenz zu machen.

Die Bässe dröhnen laut, es wird geschrien und die Menge springt begeistert auf und ab – es ist wie bei einem Popkonzert, doch in Wirklichkeit ist es etwas völlig anderes. Es ist das Bild, das sich all jenen zeigt, die einer Bokwa-Einheit beiwohnen. Und offenbar ist eine solche Einheit äußerst mitreißend – sogar Tanzabstinenzler wippen beim Zusehen mit dem Fuß mit. Eine von ihnen ist Manuela Rysavi, Mutter von zwei Kindern und seit einem halben Jahr begeisterter Bokwa-Fan.

„Ich bin eigentlich durch Zufall zu Bokwa gekommen. In einer Zumba-Stunde hat mir die Trainerin vorgeschlagen, Bokwa auszuprobieren – und seitdem bin ich hängen geblieben.“ Damit kommen wir zur eigentlich entscheidenden Frage: Was ist Bokwa? Nun, ein neuer Tanz. „Dabei tanzt man Buchstaben und Zahlen nach und kombiniert das mit Sprüngen, Armbewegungen und Shake-Elementen“, erzählt sie.

Der neue Fitnesstrend, der nach und nach von den USA nach Europa überschwappt, setzt sich aus den Worten Boxen und Kwaito zusammen. Boxen deshalb, weil dabei auch einige Kickbox-Elemente verwendet werden, Kwaito wiederum ist ein traditioneller afrikanischer Tanz, der ebenfalls in das Work-out einfließt. Als Basis für die Schritte dienen Buchstaben wie L, B, C oder auch Zahlen. Passenderweise wird der Tanz mit dem Spruch „If you can move and you can spell, you can do Bokwa“ beworben – mit einem Hinweis auf die Einfachheit der Schritte.


Bokwa ist nicht Zumba. „Es kann wirklich jeder mitmachen“, meint Bokwa-Trainerin Tsveti Delcheva, denn „jeder kann sich sein Level selbst wählen. Eine 20-Jährige wird mehr shaken und springen als eine 70-Jährige, aber Spaß haben werden beide.“

Charakteristisch für Bokwa ist auch, dass es meist in einem Atemzug mit Zumba genannt wird. Mag man Zumba, wird man Bokwa lieben – das ist zumindest die These vieler Fitnessanhänger. Allerdings hören das die Bokwa-Trainer gar nicht so gern. Vor allem, weil sie Sprüche à la „Es ist so ähnlich wie Zumba, aber doch ein bisschen anders“ gar nicht nachvollziehen können. Denn eigentlich, sagen sie, ist es etwas komplett anderes.

Gibt es beim Zumba eine Choreografie für jedes Lied, die vorgezeigt und nachgetanzt wird, werden beim Bokwa nur einzelne Elemente mit den Händen angezeigt. Dann wird zum Beispiel so lange das L getanzt, bis der Trainer einen neuen Buchstaben oder eine Zahl vorzeigt. Zwischendurch wird immer wieder variiert – entweder mit lasziven Hüftbewegungen, Sprüngen oder Drehungen. Auch die Musik ist unterschiedlich: Zumba setzt auf lateinamerikanische Rhythmen, während bei Bokwa aktuelle Musik aus den Charts gespielt wird.

Das soll ein jüngeres Publikum ansprechen, meint Rysavi: „Bei Zumba ist ein etwas älteres Publikum – vorwiegend Frauen – unterwegs, zu Bokwa kommen viele Jugendliche. Und ab und zu auch Männer, denn sie können das weibliche Powackeln einfach weglassen. Bei Zumba geht das nicht.“


Individuelles Ausdauertraining. Bei Bokwa wird viel Wert auf Individualität gelegt. „Je nach Lust und Laune, körperlichen Voraussetzungen oder Alter können die Teilnehmer ihre Schritte selbst verfeinern – ob man am Schluss springt, Luftgitarre spielt oder die Hüfte kreisen lässt, ist jedem selbst überlassen“, erklärt Delcheva. Außerdem ist es ähnlich wie andere Aerobic-Kurse gut für die Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination. Werden viele Armvariationen gemacht, stärkt Bokwa auch die Armmuskulatur – die Bein- und Gesäßmuskulatur wird bei den vielen Sprüngen und Schritten sowieso trainiert. Rysavi ist sich sicher: „Obwohl Bokwa immer mit Zumba verglichen wird, ist es eigentlich mit nichts vergleichbar – es ist eine völlig neue Stilrichtung im Fitnessbereich. Bokwa ist purer Spaß und jeder, der Spaß am Tanzen hat, wird es lieben.“ Und: Bokwa soll auch um vieles effektiver sein als Zumba. In einer Stunde können bis zu 1200 Kalorien verbrannt werden – so steht es zumindest auf den offiziellen Bokwa-Websites. Ob es tatsächlich so viele Kalorien sind, sei dahingestellt, ein schweißtreibendes Training ist es in jedem Fall.

Und doch gibt es eine Gemeinsamkeit mit Zumba – das nämlich, was hinter dem geschützten Begriff steckt: eine gut durchdachte Geldmaschinerie. Der Gründer Paul Mavi, geboren in Südafrika, derzeit wohnhaft in Los Angeles, wird nicht umsonst auf den Zumba-Hype aufgesprungen sein, um mit Bokwa etwas Ähnliches zu schaffen. Auch hier gibt es eigene Workshops, Musik-CDs und die passende Kleidung – und selbstverständlich wird Bokwa immer mit einem R als „Registered Trademark“ geschrieben.

Die Tänzer selbst werden damit zu einer Art Bokwa-Familie, die sich langsam von Los Angeles über alle Kontinente ausbreitet. Keine Frage, dass die Macher mit all der Ausrüstung viel Geld umsetzen – und gleichzeitig die Anhänger in eine kollektive Begeisterung versetzen, wie man sie sonst nur von Sekten kennt.


Start in Österreich. Pionier in Österreich war die Bokwa B.E.S.T. (Bokwa Education Specialist Trainer) in Linz, die es sich seit Dezember 2012 zur Aufgabe gemacht hat, neue Bokwa-Trainer auszubilden. Exklusiv, natürlich. „Wenn man Bokwa-Trainer ist, dann soll man sich auch mit Bokwa-Ware präsentieren“, erzählt Rysavi, die vor lauter Begeisterung im Mai gleich selbst die Trainerausbildung gemacht hat. Diese dauert nur einen Tag, und schon darf man sich selbst als Bokwa-Trainer bezeichnen. Ob das reicht? „Nun“, meint Rysavi, „man sollte schon Vorkenntnisse mitbringen, dann ist es leichter.“

Seit einigen Wochen taucht Bokwa immer häufiger in Medien auf, werden immer mehr Menschen auf die neue Trendsportart aufmerksam. Was wiederum zwei Fragen aufkommen lässt. Erstens: Wie lange hält der Trend an? Und zweitens: Welcher Fitnesstanz kommt als Nächstes?

Zwei Tänze

Bokwa ist ein Cardio-Fitnesstraining, bei dem Zahlen und Buchstaben nachgetanzt werden. Es setzt sich aus Elementen aus dem Boxen und dem afrikanischen Tanz Kwaito zusammen. Insgesamt gibt es sechs Schwierigkeitslevel. Bokwa wird auch als Diätmethode vermarktet.

Zumba ist ein Fitness- und Tanz-Work-out zu lateinamerikanischer Musik, bei dem Elemente aus den Tänzen Salsa, Merengue, Samba oder Cumbia vorkommen. Jedes Lied hat eine eigene Choreografie, die sich immer wiederholt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2013)

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