Von Sicherheitsnadeln und Aborigines

OPERNBALL 2014
OPERNBALL 2014(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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In Sachen Eleganz seiner Besucher macht der Opernball wenig Fortschritt, modische Spitzenleistungen waren dann aber doch zu sehen.

Wien. Zwei Namen mochten einem Beobachter des Opernballtreibens heuer in den Sinn kommen: Friedrich Schiller und Burgi Schneider Manns-Au. Der eine, weil „Wer zählt die Völker, nennt die Namen?“ sich heutzutage mühelos mit „der bemühte TV-Reporter“ beantworten lässt. Die andere, weil sie, Inkarnation angewandten Modebewusstseins aufseiten des Staatsfunks, wohl zu einer anderen Conclusio gelangt wäre als die Kommentatorin einer Modeeinspielung: „Die Gäste waren so elegant wie seit Langem nicht.“

Nun lässt sich darüber streiten, ob die große Abendrobe, Rüschenwogen und Bustier inklusive, als das kleidsamste Modegenre gelten darf. Doch während auch zuvor die Jogginganzugdichte auf dem Opernball nicht hoch war, ist 2014 ein signifikant gesteigerter Grad der Eleganz nur schwer verifizierbar.

Man besehe nur die Invitée d'honneur Richard Lugners. Kim Kardashian führte ein Ensemble vor, das deutlich macht, warum auch Materialmix beherrscht werden will: Man hofft, es habe sich um ein Abendkleid gehandelt und nicht, wie es ob des unschönen Aufeinandertreffens von steifem Satin und flapsigem Organza scheinen mochte, bloß um Rock und Oberteil. Immerhin, wer weiß, ob Kardashian nicht glaubte, sie sei bloß zu einer Art Thé dansant in einer exotischen Region eingeladen. Letzteres Stichwort erlaubt eine Überleitung zu den Leistungen der ORF-Moderatoren. Die Frage Alfons Haiders an Desirée Treichl-Stürgkh, wie sie den Ball einem australischen Ureinwohner erklären würde, lässt sich an Sinnentleertheit kaum überbieten. Man kann es Frau Treichl-Stürgkh kaum übel nehmen, dass sie bei der Beantwortung eine weniger gute Figur machte als in dem hübschen Kleid der talentierten Designerin Michèl Mayer.

Mirjam Weichselbraun, in einer Roberto-Cavalli-Robe mit langer Schleppe, ließ wieder das Publikum im Unklaren über einen Streich, den Kardashian ihrer Mutter gespielt hatte: Diese hatte mit Sicherheitsnadeln den Glitzerschlauch von Frau Mama enger gemacht, auf dass diese sich mehlspeisbedingt zu füllig fühlen möge. Weichselbraun („Ich trage einen Figurformer darunter“) übersetzte galant, Kim habe der tatsächlich zu fülligen Mama mit Sicherheitsnadeln das Kleid weiter zu machen geholfen.

Ein Anlass zu unmissverständlicher Freude war indes die zurückgekehrte Dagmar Koller in einer Robe von Atil Kutoglu. Sunnyi Melles stand eine Akris-Robe gut zu Gesicht (leider ließ sie Haiders Frage „Ist das ein Statement-Keid?“ unbeantwortet), und Melanie Scheriau zeigte in einer Kreation von Vera Wang ihre Modelfigur. Auch an Spitzenleistungen gab es einiges zu sehen: Nicht nur das Kleid der Gastgeberin wurde durch feine Spitzendetails aufgewertet, auch Nane Annan und Katharina Bellowitsch spielten in der zurückhaltend-eleganten Spitzenliga.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2014)

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