Auf den Hund gekommen: Vierbeiner am Set

(c) Sean Ellis/Schirmer Mosel
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Kubrick, Neville, Audrey und Moujik: So heißen die Hunde,
nach deren Schnauze die Modewelt tanzt.

Zutraulich. Fotografenhund Kubrick half auch Stella McCartney (l.), ihre Kamerascheu zu überwinden.
Zutraulich. Fotografenhund Kubrick half auch Stella McCartney (l.), ihre Kamerascheu zu überwinden.(c) Sean Ellis/Schirmer Mosel

Von der Muse geküsst – oder auf den Hund gekommen? Was die Arbeit mancher Modedesigner betrifft, sind offensichtlich beide Optionen durchaus denkbar. Denn die Hunde einiger von ihnen sind mittlerweile fixer Bestandteil der Branche, tummeln sich auf allen wichtigen Fotoshootings und natürlich auch auf den Kanälen der sozialen Netzwerke. Marc Jacobs’ Pitbull Neville hat zum Beispiel über 30.000 Follower auf Instagram. Andere Artgenossen durften bereits neben Colin Firth eine Filmrolle spielen oder wurden von Andy Warhol porträtiert.
Für diese Hundeleben können sich offenbar sowohl Tierliebhaber als auch Fashion Victims begeistern: Wenn Neville Jacobs etwa im Swimmingpool mit Cara Delevigne posiert oder Stirn an Stirn mit Georgia May Jagger ein Nickerchen hält, versetzt das seine Fangemeinde in Entzücken. Und Marc Jacobs selbst hält Neville nicht nur an der Leine, sondern trägt dessen Konterfei regelmäßig auch in Lebensgröße auf dem Sweater.

Es sind schön-skurrile Einblicke in den Alltag des kamerafreundlichen Designers, die sich da über den Instagram-Feed seines Hundes auftun. Auf Augenhöhe mit Neville dürfen die Follower Marc in sein Designstudio begleiten, manchmal auch zum Tierarzt oder, übers Wochenende, in das Landhaus von Modelfreundin Christy Turlington.

Ahnengalerie. Dass sich Vierbeiner optimal in den Modezirkus einfügen, zeigt auch ein neuer Bildband. Im Mittelpunkt steht Kubrick, der ständige Begleiter des britischen Modefotografen Sean Ellis. Stella McCartney verfasste das Vorwort, in dem zu lesen ist: „Bald verstand ich, warum Sean Kubrick zu der Session mitgebracht hatte. Dieser Hund besaß die Fähigkeit, Menschen zu entwaffnen und ein Fotoshooting zu einer entspannten, heiteren Angelegenheit werden zu lassen.“ Neben den Bildern mit McCartney sind Aufnahmen mit Prominenten wie Bryan Adams, Kate Moss oder Eva Padberg zu sehen, die den ungarischen Viszla als Welpen wie auch als Hundegreis zeigen. In einem Interview erklärte Ellis unlängst, „die Arbeit an dem Bildband war eine Therapie und half mir, seinen Tod zu verarbeiten“.

Pragmatischer scheinen da die Beziehungen, die Yves Saint Laurent mit seinen Hunden pflegte – stets französische Bulldoggen, die allesamt auf den Namen Moujik hörten. Ob sich Saint Laurent nicht ständig an neue Namen gewöhnen wollte oder ob das als Hommage an die erste Moujik gemeint war, sei dahingestellt.
Fest steht, das jene Bulldogge, die 1983 während eines Aufenthalts im Jardin Majorelle – Saint Laurents Feriensitz in Marrakesch – dem Stich eines Skorpions erlag, eine gewisse Berühmtheit erlangte. Schließlich ist Moujik, die Erste, Andy Warhol Modell gestanden, außerdem durften sie und ihre Nachfolger regelmäßig die berühmten Love-Karten Saint Laurents zieren. Also jene Grußkarten, die der Designer ab 1970 bis zu seinem Tod 2008 gestaltet und zu Neujahr an Freunde und Kunden versandt hat. Andy Warhols Moujik-Porträt ist auf der Karte von 1991 zu sehen. Der Text zum Bild: „Das ist Moujik, mein Hund, gemalt von Andy Warhol. Ich, ich bin Yves Saint Laurent.“ Moujik IV. lebt heute mit Saint Laurents Lebensgefährten Pierre Bergé in Frankreich.

Reich und berühmt.
Ob Saint Laurent die französische Bulldogge in seinem Testament bedacht hat, ist nicht bekannt. Sicher ist jedoch, dass Alexander McQueen seinen drei Hunden insgesamt 50.000 Pfund hinterließ, also knapp 60.000 Euro. Damit Kost und Logis bis an ihr Lebensende gedeckt seien. Das dürfte sich knapp ausgehen und sie nebenbei in der Liste der reichsten Hunde der Welt nur knapp hinter Daisy reihen – jener Yorkshire-Terrier-Dame, der Rudolf Mooshammer 2004 seine Münchner Villa vermacht hat.

Vielleicht keinen Honorar-, bestimmt aber einen Karrieresprung machten 2009 die beiden Foxterrier Angus und India. Denn während Daisy höchstens einen Ausflug in  Richtung Bavaria Studios macht, eroberten die beiden an der Seite von Colin Firth gleich ganz Hollywood. Nicht umsonst zählt Tom Ford den Duft eines Hundeohres zu den besten, die er kennt. Da lag es nahe, auch den Filmhelden George Falconer in seinem Regiedebüt „A Single Man“ eine Nase voll nehmen zu lassen.

Eben diese Szene wurde auf einschlägigen Hunde-Blogs dann auch wohlwollend kritisiert. In der Rezension des New Yorker Blogs „Raleigh Pop“ hieß es etwa lobend: „Sie wirkten natürlich, entspannt, wie Laien-Terrier, anstatt der total übercoachten Stars aus Sitcoms (etwa Eddie aus „Frazier“).“ Und das, obwohl sich die Ford-Hunde bestimmt längst ans Rampenlicht gewöhnt haben. In zweiter Generation: Angus und Indias Vorgänger John schaffte es 2001 nämlich auf das Cover des „i-D“-Magazins.

Anziehhilfe Donatella. Auf verquere Weise scheint es fast so, als wären es die Hunde, die Erdung in den Modealltag brächten. Denn während Tom Ford öffentlich davon träumt, sich zurückzuziehen und mit seinen Hunden in der Wüste zu leben, ist Sean Ellis sogar davon überzeugt, dass Kubrick ihn „gerettet“ hätte: „Anfangs hat mich die Modewelt sehr vereinnahmt. Ich habe Kubrick gekauft, weil ich noch etwas anderes in meinem Leben wollte außer Arbeit – und Kubrick hat mir das gegeben.“ Und sogar Donatella Versace übt in der Beziehung mit ihrer Audrey ungewohnte Rollen: Die Jack-Russel-Terrier-Hündin, die täglich von der Designerin selbst liebevoll gekleidet wird, sei schließlich „der eigentliche Boss im Haus“.

(c) Sean Ellis/Schirmer Mosel

Tipp


Hundeleben. „Kubrick the Dog“ von Sean Ellis, Schirmer Mosel, 30,70 Euro

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