Karl der Große regiert (in) Paris

APA
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Karl Lagerfeld lässt nicht gerne an seinem Image kratzen. Eine filmische Hymne auf ihn lobt er, die zwei Autoren von Schmäh-Büchern demontiert er – Paris hilft ihm dabei.

Er wolle ein „Geist“ sein, ein unsichtbares Etwas, das die Öffentlichkeit nicht (be)greifen kann, sagt Lagerfeld im Film „Lagerfeld Confidential“, der morgen, Mittwoch, in die französischen Kinos kommt. Nun, als unscheinbarer Geist präsentiert sich der Meister des Zwirns in diesem Film nicht gerade. Schließlich hat er es dem französischen Filmemacher Rodolphe Marconi erlaubt, ihn zwei Jahre lang bei der Arbeit und manchmal auch privat zu begleiten, meistens auch zu filmen.

Herausgekommen ist eine Art Hymne auf den exzentrischen Designer, der sein Alter stets mit 68 angibt, obwohl mehrere Biografen davon ausgehen, dass der Sohn eines Hamburger Dosenmilch-Fabrikanten im vergangenen September bereits seinen 74. Geburtstag gefeiert hat. Der 31-jährige Filmemacher Marconi hat in den zwei Jahren mehr als 300 Stunden Filmmaterial gesammelt. Die eigentlich nur eines zeigen: Lagerfeld beim Abendessen, Lagerfeld beim Anprobieren von Kleidungsstücken und Lagerfeld da, wo er sich am wohlsten fühlt: auf seiner Bühne, dem Laufsteg.


Kein Wunder also, dass dem Designer, der unter anderem dafür zuständig ist, dass Chanel konstant einen Jahresumsatz von vier Milliarden US-Dollar einfährt, dieser Film gefällt.

Ein bisschen anders sieht das bei zwei Büchern aus, die den Modemacher mit Pariser Wohnsitz wenig vorteilhaft porträtieren. Vor einem halben Jahr veröffentlichte „Vogue“-Autorin Alicia Drake ihr Werk „The Beautiful Fall“, in dem sie die Beziehung zwischen Lagerfeld und Yves Saint Laurent in den Siebziger Jahren beschreibt. Der deutsche Designer kommt dabei nicht gerade gut weg. Sogar so schlecht, dass sich in Frankreich bis dato kein Verleger gefunden hat.

Zudem erzählt man sich in Paris folgende Geschichte: In der ganzen Stadt sei kein einziges englisches Exemplar von Drakes Buch mehr zu bekommen, nachdem Lagerfeld persönlich alle Ausgaben (!) aufgekauft habe. Er hatte Drake zuvor auf Schmerzensgeld (in Höhe von 100.000 Euro) geklagt, das Verfahren gegen die Autorin aber verloren.

Vergleichsweise harmlos ergeht es da dem langjährigen Weggefährten Lagerfelds, Arnauld Maillard. Der hat Ende September sein Buch „Merci Karl“ veröffentlicht, in dem er seine fünfzehn Jahre als persönlicher Assistent des Kleiderkünstlers Revue passieren lässt. Er erinnert an die Zeit als Lagerfeld noch so viel aß, wie er wollte (und auch so aussah), an die anschließende Radikaldiät, an seinen Umgang mit Mitarbeitern und die Art, mit ihnen zu kommunizieren: „Er redete mit uns, ohne uns anzuschauen.“ Maillard verrät viele (mitunter wenig schmeichelhafte) Einzelheiten, hält seinem früheren Chef aber dennoch die Treue. Er lobt seine „grenzenlose Produktivität“ und seine unterhaltsame Art. Aber auch Maillard bekommt die Macht, die Lagerfeld (zumindest) in Paris hat, zu spüren. Seit der Veröffentlichung von „Merci, Karl“ hat kein Magazin und keine Tageszeitung über sein Buch berichtet. Kurz vor den Pariser Modeschauen wollte sich kein Blatt den Affront erlauben, Lagerfeld (und damit auch Chanel) anzugreifen.

Auch wenn die beiden Bücher ein schwerer Angriff auf Lagerfelds Eitelkeit sind, erfüllen sie einen Zweck: Man spricht weiter über ihn. Und daran arbeitet der Designer selbst mit Ausdauer und Akribie – und nicht erst seit seiner Mitarbeit an dem neuen Film. Die Arbeit an der limitierten Kollektion für die Billigmarke „H&M“ im Herbst 2004 weckte sein Interesse an massenwirksamen Auftritten. Vor ein paar Wochen, im Juni, veröffentlichte er ein Album mit der „Musik, die ich liebe“. Mit dem Condé Nast-Verlag („Vogue“, „Vanity Fair“) gestaltete er Mitte September eine einmalige Sondernummer, die das hielt, was ihr Titel „No.1 – By Karl Lagerfeld“ versprach. In Sabine Christiansens neuer Sendung „Global Players“ war er Sonntagabend Stargast. Vom unsichtbaren Geist in der Öffentlichkeit ist da nicht mehr viel übrig.

ZUR PERSON

Ein Film und zwei neue Bücher widmen sich derzeit Karl Lagerfeld, seit 1983 Chefdesigner von Chanel. Zum hymnischen Film „Lagerfeld Confidential“ (von Rodolphe Marconi) gab der Designer sein Einverständnis.Die wenig schmeichelhaften Bücher „Merci, Karl“ und „The Beautiful Fall“ gefallen Lagerfeld weniger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2007)

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