Jack Reynor: "Ich musste etwas unternehmen"

Actor Jack Reynor arrives for the premiere of the movie 'Transformers: Age of Extinction' in New York
Actor Jack Reynor arrives for the premiere of the movie 'Transformers: Age of Extinction' in New YorkREUTERS
  • Drucken

Der irische Shooting-Star Jack Reynor spricht im Interview über seinen neuen Film "Transformers – Ende einer Ära", die ersten Wochen in Los Angeles und die Bedeutung eines gut vernetzten Agenten in Hollywood.

Zwischen Mark Wahlberg, Stanley Tucci und lauter riesigen Robotern taucht in „Transformers – Ende einer Ära“ (seit vergangenem Wochenende im Kino) auch ein junger Mann auf, den das deutschsprachige Kino-Publikum noch nicht allzu oft gesehen haben dürfte. Er heißt Jack Reynor, ist 22 Jahre alt und stammt aus Irland. Zuletzt überzeugte er an der Seite von Superstar Vince Vaughn in der Komödie „Der Lieferheld – Unverhofft kommt oft“.

Eine ideale Gelegenheit, um den unrasierten, sympathischen Shooting-Star mit dem penetranten Akzent zu fragen, wie es eigentlich so ist, wenn man als Neuling in Hollywood Fuß zu fassen versucht.

Wie landet man eigentlich als junger, relativ unerfahrener Schauspieler aus Irland im größten Hollywood-Blockbuster des Jahres?

Jack Reynor: Das ist eine wirklich gute Frage, die ich mir selbst manchmal noch stelle. Angefangen hat das auf jeden Fall mit einem irischen Film namens „What Richard Did“, den ich 2011 gedreht habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie in Österreich von ihm schon einmal etwas gehört haben. Aber als er 2012 seine Premiere beim Festival in Toronto feierte, sorgte er für enorm viel Aufmerksamkeit. Von da bin ich direkt weiter nach Los Angeles, wo ich glücklicherweise innerhalb von zwei Tagen eine Rolle in der später ziemlich erfolgreichen Komödie „Der Lieferheld – Unverhofft kommt oft“ bekam.

Und diesen Film hat Michael Bay gesehen und Sie für seinen „Transformers – Ära des Untergangs“ engagiert?

Nein, die Komödie hat mir zunächst einmal nur das Überleben gesichert. Mein Empfehlungsschreiben für Michael Bay war eher „What Richard Did“. Wobei ich es nur dem Hurricane Sandy zu verdanken habe, dass ich bei ihm überhaupt vorsprechen konnte. Denn den „Lieferheld“ drehten wir in New York und mussten wegen des Sturms zwei Wochen unterbrechen. In der Zeit konnte ich zurück nach Los Angeles und hatte so überhaupt nur Zeit, mich für die „Transformers“-Rolle zu bewerben.

Zu solchen Vorsprechen kommt man ja sicher nicht zufällig. Hatten Sie also schon einen Agenten, bevor Sie nach Hollywood kamen?

In der Tat, den hatte ich. Einen übrigens, der selbst aus Irland stammt. Er kam ein paar Wochen vor besagtem Filmfestival in Toronto nach Dublin, um sich mit mir zu treffen. Es hatte schon die Runde gemacht, dass „What Richard Did“ auf viel Interesse stoßen könnte. Ich war anfangs extrem skeptisch und weiß noch, dass ich das gesamte Meeting über mit verschränkten Armen vor ihm saß. Aber er schien zu wissen, was er tut, und seine Ziele für meine Karriere stimmten mit meinen eigenen ziemlich überein. Deswegen habe ich noch vor der Premiere bei ihm unterschrieben.

Was macht so ein Schauspieler-Agent eigentlich genau?

Na ja, der ist quasi die Schnittstelle zwischen mir und den Leuten, die die Rollen besetzen. Meiner war außerdem ziemlich geschickt. Er sorgte dafür, dass die in der Branche sehr wichtige Webseite Deadline.com meine Vertragsunterzeichnung vermeldete. Wer das damals las, dürfte sich vermutlich gewundert haben, schließlich kannte noch kein Mensch in Hollywood meinen Namen. Aber als eine Woche später mein Film diese viel beachtete Premiere feierte, wussten alle sofort, an welchen Agenten sie sich wenden mussten. Nur dadurch waren schon Termine für mich arrangiert, bevor ich überhaupt in Los Angeles ankam – im Übrigen mit nichts mehr als 30 Dollar in der Tasche.

Sie meinen das mit den 30 Dollar im übertragenen Sinne, nehme ich an?

Nein, im wortwörtlichen. Dazu muss ich vielleicht sagen, dass ich ohnehin nicht aus einer besonders gut situierten Familie komme. Aber nach „What Richard Did“ wurde es finanziell für uns richtig bitter. Ich hatte bei diesem kleinen irischen Independent-Film natürlich kaum etwas verdient, fand leider auch direkt im Anschluss keinen neuen Job. Und ausgerechnet zu jener Zeit wurde bei meiner Mutter Brustkrebs diagnostiziert, weswegen auch sie nicht mehr arbeiten konnte. Als schließlich die Premiere in Toronto anstand, hatte ich wirklich keinen Cent mehr übrig und auch in meiner Familie konnte mir in dieser Zeit niemand wirklich aushelfen.

Das klingt in der Tat ausgesprochen dramatisch.

War es auch. Nach Toronto flogen mich natürlich die Produzenten des Films, von denen einer auch ein wirklich enger Freund von mir ist. Sie gaben mir sogar Spesen, die dann dafür draufgingen, dass ich mit Kollegen feierte, die ich sonst nur von der Leinwand kannte. Aber ich wusste einfach, dass ich nach dem Festival nicht einfach zurück nach Hause fliegen und wie bisher weitermachen konnte. Ich musste unbedingt Kapital schlagen aus dieser tollen Rolle, die ich da gespielt hatte. Komme, was wolle. Mein Agent war dann so großzügig, mir ein Ticket von Kanada nach Los Angeles zu bezahlen, wenn auch ohne Rückflug. Der befreundete Produzent hielt mich für vollkommen irrsinnig, aber er wusste auch, dass man manche Dinge einfach tun muss. Als wir uns verabschiedeten, drückte er mir sein letztes Bargeld in die Hand. Das waren die besagten 30 Dollar – und mehr hatte ich bei meiner Ankunft in den USA tatsächlich nicht bei mir.

Sie selbst fanden Ihr Vorhaben kein bisschen verrückt?

Doch, sehr sogar. Aber ich musste doch etwas unternehmen. Und ich wusste, dass ich zumindest einen Agenten hatte, der bereits Termine für mich organisierte. Sein Bruder lieh mir dann auch noch ein Auto, so dass ich meine paar Dollar größtenteils in Benzin steckte und damit all die Meetings abfuhr. Dass dann aber tatsächlich schon am zweiten Tag die Rolle in „Der Lieferheld“ dabei herauskam, war natürlich fast zu großartig, um wahr zu sein. Meine Agentur gab mir prompt einen Vorschuss in der Höhe von 1000 Dollar, und seither habe ich nie wieder zurückgeblickt.

Hatten Sie in dieser Zeit auch so etwas wie einen Plan B?

In dem Moment nicht, dazu wollte ich es zu sehr zumindest einmal versucht haben. Wenn allerdings jetzt von heute auf morgen alles vorbei wäre, dann hätte ich wenigstens eine Idee, was ich machen wollte. Investigativer Journalismus ist zum Beispiel etwas, das mich unglaublich interessiert. Ich bin einer der größten Fans von Louis Theroux (ein britischer Star-Journalist, Anm.) und seinen Reportagen. Alles was mit Soziologie, Psychologie und ihren Schnittstellen zu tun hat, finde ich extrem spannend.

Tatsächlich stehen allerdings erst einmal weitere „Transformers“-Filme an, denn Sie mussten sich gleich für drei Streifen verpflichten. Haben Sie dabei für einen Moment gezögert?

Nicht wirklich. Als junger Schauspieler finde ich es ziemlich Klasse, Teil einer so erfolgreichen Filmreihe zu sein. Nicht nur wegen der tollen Leute, mit denen man da zusammenarbeitet. Sondern auch als Grundlage für meine Karriere. Zum einen habe ich so die finanzielle Sicherheit, auch einmal kleine Independent-Filme drehen zu können, bei denen es nur minimale Honorare gibt. Und zum anderen öffnen solche Filme auch jede Menge anderer Türen. An einen Film wie „Macbeth“ mit Michael Fassbender und Marion Cotillard, den ich kürzlich gedreht habe, wäre ich ohne die „Transformers“ sicher nicht gekommen.

Steckbrief

1992
wurde Jack Reynor im US-Bundesstaat Colorado geboren. Als er zwei Jahre alt war, zog seine irische Mutter mit ihm zurück in ihre Heimat. Schon als Kind begann er, sich für die Schauspielerei zu interessieren und stand auch im Schultheater auf der Bühne. Seine erste größere Rolle spielte er in dem Film „Dollhouse“ von Kirsten Sheridan, der 2012 auf der Berlinale lief.

2013
gelang ihm mit der Komödie „Der Lieferheld“ der kommerzielle Durchbruch. Ein Jahr zuvor begeisterte er die Kritiker mit einer Rolle in dem irischen Film „What Richard Did“. Demnächst folgen Auftritte in dem Drama „Glassland“ mit Toni Collette, einer Neuverfilmung von „Macbeth“ an der Seite von Michael Fassbender sowie „Girls' Night Out“, einem Film über die junge Queen Elizabeth.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.