Terror der Boko Haram infiziert nun das Nachbarland Kamerun

KENYA NIGERIA BRING BACK OUR GIRLS PROTEST
KENYA NIGERIA BRING BACK OUR GIRLS PROTEST(c) APA/EPA/DAI KUROKAWA (DAI KUROKAWA)
  • Drucken

Die Islamisten sind über die Grenze vorgedrungen und haben dort die Frau des stellvertretenden Regierungschefs entführt.

Jaunde/Abuja. Der grausame Krieg der nigerianischen Terrororganisation Boko Haram greift zunehmend auch auf Nigerias Nachbarn Kamerun über: Die Islamisten haben dort am Sonntag das Haus von Vizepremier Amadou Ali gestürmt und dessen Frau gekidnappt.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters griffen die Extremisten die nördliche Stadt Kolofata an und nahmen mehrere Menschen als Geiseln. Die Islamisten sollen schwer bewaffnet in das Haus des Politikers eingedrungen sein. Beim Überfall soll es auch mindestens drei Tote gegeben haben, hieß es.

„Die Situation ist sehr kritisch, es kam zu Kämpfen zwischen unseren Soldaten und Terroristen“, bestätigte ein Militärkommandant die Meldung.

Die fundamentalistische Gruppe – deren Name übersetzt „westliche Erziehung ist Sünde“ bedeutet – terrorisiert bereits seit Jahren den verarmten Nordosten Nigerias. Nahezu täglich kommt es zu Angriffen auf Dörfer, tausende Menschen sind bereits von den Islamisten ermordet worden. Gestern tötete die Boko Haram bei einem Anschlag auf eine Kirche in einem Dorf mehrere Menschen.

Die Terroristen entführen bei ihren Überfällen Frauen und Mädchen, um sie „als Sklavinnen zu verkaufen oder sie zu verheiraten“, wie sie selbst betonen. Ins Visier der Boko Haram sind vor allem Schulmädchen geraten – die dafür bestraft werden sollen, dass sie lernen. Die Entführung von hunderten Schülerinnen im April hatte international für Empörung gesorgt.

Das nigerianische Militär hat zuletzt – auch mit westlicher Hilfe – den Kampf gegen Boko Haram intensiviert. Doch der Erfolg ist mäßig. Eine Konsequenz zogen die Fundamentalisten aus der Militäroffensive allerdings: Sie zogen sich über die Grenze in das benachbarte Kamerun zurück – und verstärkten dort ihre Attacken. Allein in diesem Jahr hat Boko Haram mehr als ein Dutzend Mal im Norden Kameruns zugeschlagen, Dörfer dem Erdboden gleichgemacht, Häuser geplündert und zahlreiche Zivilisten ermordet.

Offenbar versucht Boko Haram, einen Stützpunkt für Kämpfer und Waffen in Kamerun zu schaffen. Es gibt auch Berichte, wonach die Terrorgruppe junge Kameruner rekrutiert. „Die Bedrohung wird immer größer“, warnte unlängst der Sprecher des kamerunischen Verteidigungsministeriums. „Wir gehen davon aus, dass sie zwischen 15.000 und 20.000 Mann in der Grenzregion haben.“ Für die Armee ist es schwer, die 2000 Kilometer lange und durchlässige Grenze zu Nigeria zu sichern.

Hilft Armee Terroristen?

Präsident Paul Biya hat indes den Islamisten den Krieg erklärt und zwei Brigaden dauerhaft im Norden stationiert. Hinzu kommen Spezialkräfte zur Terrorbekämpfung sowie Luft- und Wasserpatrouillen, die die Grenze schützen sollen. Kein Vertrauen hat Kamerun indes in seinen Nachbarn Nigeria. Da Boko-Haram-Kämpfer in nigerianischen Armeeuniformen gesehen wurden, vermuten die Behörden „eine Komplizenschaft auf hoher Ebene, in Nigerias Regierung und Militär“, so der kamerunische Politikwissenschaftler Joseph Ntuda Eboda. (Reuters, DPA, red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Symbolfoto
Außenpolitik

Kamerun: Boko Haram entführten Frau von Vize-Ministerpräsident

Bei dem Angriff der Extremisten auf das Haus des Politikers seien mindestens drei Menschen getötet worden, sagte ein Regierungssprecher.
Außenpolitik

Nigeria: Fünf Tote bei Anschlag auf Kirche

Hinter den Anschlägen wird die radikalislamistische Sekte Boko Haram vermutet.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.