Auf den Spuren von "Grim Fandango"

Hauptdarsteller Bwana liest Lina aus dem geheimnisvollen Buch vor.
Hauptdarsteller Bwana liest Lina aus dem geheimnisvollen Buch vor. SkyGoblin
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Das Independent-Game "The Journey Down" erinnert an Point-and-Click-Abenteuer wie "Monkey Island" und versucht sich ästhetisch an "Grim Fandango" und Film Noir.

Die Reise in einem notdürftig geflickten Flugzeug ist nicht ganz gelungen, und so finden sich die Brüder Bwana und Kito mit ihrer mysteriösen Gefährtin Lina auf einem Aalfänger mitten im Meer wieder. Es ist Nacht, der Kapitän hat sich volltrunken eingeschlossen und ist eingeschlafen, die zwei Matrosen sind auch keine große Hilfe. Aber Lina will um jeden Preis in die Hafenstadt Port Artue, um dort nach der sagenhaften Unterwelt zu suchen. So beginnt der zweite Teil des gefeierten Independent-Games „The Journey Down“.

Entwickelt wurde das Abenteuer von dem Schweden Theo Waern für das Indie-Studio SkyGoblin. Er versucht mit einem wesentlich kleineren Budget an das Konzept des Adventure-Klassikers „Grim Fandango“ von LucasArts anzuknüpfen, was ihm im ersten Teil bedingt gelingt. Die schrägen Charaktere mit ihren Afrika-Masken-Gesichtern und witzigen Dialogen erobern trotz etwas matter Grafik die Herzen der Genrefans, und so kommt es wohl, dass sich Waern und SkyGoblin für die Fortsetzung von „The Journey Down“ richtig ins Zeug gelegt haben.


Film Noir und afrikanische Masken. Die Grafik ist im zweiten Teil deutlich ausgereifter, an manchen Stellen ein wenig verschwommen, passt aber insgesamt perfekt zur Ästhetik. Die karibischen Klänge und die Reggae-Musik des ersten Teils sind Jazz und Funk gewichen, und so mancher Charakter scheint direkt der Film-Noir-Zeit der Vierziger- und Fünfzigerjahre zu entspringen.

Auch die Aufgaben und Rätsel sind ausgetüftelt. Wer erst einmal seinen Bruder treten muss, um aus einer scheinbar ausweglosen Situation zu finden, oder einen Barmann bezirzt, um einen Abflusssauger auf der Straße zu ergattern, fühlt sich direkt in gute alte „Monkey Island“-Zeiten versetzt. Ermüdende Wimmelbilder so mancher iPad-Point-and-Click-App gibt es hier keine. Die Erzählung von „The Journey Down“ lebt aber von den starken Charakteren. Inspiriert von den Totenmasken aus „Grim Fandango“ hat sich Waern bei seinem Abenteuer für afrikanische Masken entschieden. Vielleicht liegt es daran, dass seine Eltern die gemeinsame Wohnung mit afrikanischen Souvenirs gestaltet haben, dass es dem Entwickler gelungen ist, dabei kein bisschen lächerlich zu wirken. Trotz der Maskenhaftigkeit hat jede Figur individuelle Züge, die den Charakter auf wunderbar witzige und klare Art und Weise widerspiegeln.

Brillant sind auch die Dialoge und man muss SkyGoblin danken, dass es keine Übersetzung in andere Sprachen gibt. Zu viel der sprachlichen Feinheit, des Humors und der schrägen Akzente würde verloren gehen. Ob der doch sehr schlampigen Aussprache empfiehlt sich aber auch geübten Zuhörern, die englischen Untertitel zu aktivieren. Ohne Ton würde man hier viel verpassen, denn die detailreich gestalteten Szenen in den düsteren Straßen von Port Artue zwischen Korruption und Abenteuerlust rücken das Spiel sehr nah an einen Animationsfilm, der den Zuseher zum Protagonisten macht.


Tablets als ideale Plattform. „The Journey Down“ kann über Steam für PC und Mac geladen werden, es gibt aber auch Apps für iPhone und iPad. Tablets sind die ideale Plattform für Point-and-Click-Abenteuer und könnten dem Genre wieder zu jener Größe verhelfen, das es zu Zeiten von „Indiana Jones“, „The Monkey Island“ oder „Grim Fandango“ hatte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2014)

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