Schönheit: Bleichcreme in der Seifenoper

(c) Reuters (Vivek Prakash)
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In Südostasien boomen Weißmacher. Helle Haut verspricht höheren Status.

Vor drei Jahren hat er sie sitzen lassen, am Flughafen. Zufällig sieht sie ihn auf der Straße wieder, mit einer anderen am Arm – einer sehr Hellhäutigen: Die indische Bollywood-Schauspielerin Priyanka Chopra wird in einer aktuellen TV-Werbung für ein Kosmetikprodukt des niederländisch-britischen Konzerns Unilever verschmäht. Wegen ihrer dunklen Haut. Im Spot – inszeniert wie ein Kinofilm – wird ihr versprochen, sie könne auch so bleich werden. Sie solle wählen: zwischen Bleichcremes in den Tönen „Blassrosa“ oder „gedecktes Weiß“.

Während wir Europäer schmieren, um braun zu werden, uns mit der Sonne sogar ins Bett legen, cremen Schätzungen zufolge 60Prozent der Inderinnen ihre Hautfarbe lieber weg. Warum? „Das ist jedenfalls keine Universalie“, meint Sozialanthropologe Andre Gingrich von der Universität Wien. „Die Han zum Beispiel, die chinesische Mehrheitsbevölkerung, versuchen das nicht.“ Dennoch sei das Phänomen in weiten Teilen Süd- und Westasiens und speziell in Indien verbreitet. Wenn auch als Stereotyp: „Im Kastenwesen ,sollen‘ die höher Gestellten heller sein, die Niederen dunkelhäutig. Das stimmt nicht eins zu eins, aber Dunkelhäutige aus erster oder zweiter Kaste müssen sich vielmals rechtfertigen.“

Afrika: Hell sein heißt mächtig sein

Doch woher kommt das Streben nach der hellen Haut? Ist es ein Streben nach Wohlstand? „In Afrika ist das so, dort hängen die Motive mit dem Kolonialismus zusammen: Die Europäer waren zu der Zeit wirtschaftlich dominanter und somit wohlhabender – wer helle Haut hat, hat also Nähe zur Macht.“ Als „paradox“ beschreibt Gingrich in dem Zusammenhang den Status von Kindern aus Mischehen: In Liberia etwa, das von aus den USA nach Afrika zurückgewanderten Sklaven gegründet wurde, besetzen sie gesellschaftlich höhere Positionen. „In den USA hingegen reicht one drop of bloodaus, um als ,Schwarzer‘ zu gelten.“

Für Indien erklärt der Sozialanthropologe das positive Image der Hellhäutigen aus der Besiedlungsgeschichte des Subkontinents: Die „dünkleren“ Südinder seien demnach Nachfahren älterer Bevölkerungsgruppen, die „helleren“ Nordinder zum großen Teil indoeuropäische Einwanderer, die den Hinduismus entwickelten und dessen heilige Sprache Sanskrit sprachen. Die höchste Kaste in Indien ist heute die „Priesterkaste“ der Brahmanen.

Dunkel und unattraktiv

Die Klischees, die mit der Hautfarbe einhergehen, nehmen für unser Empfinden teils groteske Züge an – etwa in der indischen Seifenoper „Bidaai“: „Sadhna, ein sehr anständiges (im engl. Original fair z.B. auch für „blond“) und hübsches Mädchen steht seiner Cousine Ragini, die dunkel und unattraktiv ist, gegenüber“, beschreibt ein indisches Internetforum. Raginis Mutter meckert in der TV-Serie gerne mit ihr, sie solle doch Bleichcremes benutzen.

„Trotz ihrer unterschiedlichen physischen Attribute“ liebten die Cousinen einander sehr und hielten zusammen, heißt es in dem Forum weiter. Kann man bei Differenzierungen wie diesen von Rassismus sprechen? „Nach Aussehen klassifiziert haben schon die Griechen, auch Herodot – das ist normal.“ Allerdings: „Bedenklich“ wird es Gingrich zufolge, wenn diese Einteilung mit negativen Eigenschaften verknüpft wird.

Wenn das allerdings so wäre, wäre es auch für das zu bewerbende Produkt schlecht: Ein Juwelier, der erst Schauspielerin Bipasha Basu mit dünklerem Teint für eine Werbekampagne engagierte, ersetzte sie im März durch die „hellere“ Karisma Kapoor. Basu fühlte sich „verletzt“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2008)

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