"Modulare Küche" gegen Mangelernährung

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Spitzenkoch Alfons Schuhbeck will Patienten nach einer Operation oder Chemotherapie mit einem hochkalorischen Konzept auf die Beine helfen.

Rund ein Drittel der Tumorpatienten leidet an Mangelernährung. Auch ein ähnlicher Anteil von Patienten nach einer schweren Operation kämpft mit diesem Problem. In Wien wurde Dienstagabend in einem Praxis-Workshop ein spezielles Ernährungsprogramm ("Kochkunst gegen Katabolie") für Betroffene präsentiert.

Entwickelt wurde das Programm von Ärzten und dem Münchner Spitzenkoch AlfonsSchuhbeck. Es handelt sich um eine gut abgestimmten Speise- und Rezeptsammlung für die "Aufbauphase" nach schweren gesundheitlichen Belastungen. "Mangelernährung ist ein im Spitalsalltag oft unterschätztes, aber sehr verbreitetes Problem. Je nach Studie sind zum Beispiel mehr als die Hälfte der Patienten nach Krebsoperationen davon betroffen, generell können wir nach chirurgischen Eingriffen bei rund einem Drittel der Operierten von Mangelernährung ausgehen", so Heinz Steltzer, Vorstand der Anästhesie und Intensivmedizin im Unfallkrankenhaus Meidling.

Mangelernährung finde sich darüber hinaus bei zahlreichen anderen Patientengruppen, etwa bei Schädel-Hirn- und Mehrfach-Trauma, Verbrennungen, schweren Infektionen oder Transplantationen. Das bedeute ein höheres Risiko für Komplikationen und eine doppelt so lange Aufenthaltsdauer im Krankenhaus.

Hochkalorischen und einfach

Deutsche Mediziner haben gemeinsam mit dem Münchner Spitzenkoch AlfonsSchuhbeck das Konzept einer "modularen Küche" mit hochkalorischen, einfach zuzubereitenden Speisen entwickelt, das Betroffene und ihre Angehörigen dabei unterstützen soll, nach schweren Operationen oder kräftezehrenden Therapien aus der Mangelernährung heraus- und wieder zu einem guten Appetit zu finden. Das Wissen wird vor allem über Kurse für Angehörige des Gesundheitswesens, die mit Ernährung zu tun haben, ebenso aber auch für interessierte Angehörige von Betroffenen vermittelt.

"Die Ursachen von Mangelernährung können vielfältig sein. Chemotherapien oder starke Schmerzen sind häufig von ausgeprägter Appetitlosigkeit begleitet. Bei Magen- und Pankreasoperationen werden zwangsläufig Nerven verletzt, die eine wichtige Rolle für das Hunger- und Sättigungsgefühl spielen", erklärte der Chirurg Marc Martignoni vom Klinikum Rechts der Isar in München.

Sechs bis neun kleine Mahlzeiten

Natürlich gibt es hochkalorische Zusatznahrung aus der Industrie. Doch im Kern kommt es darauf an, den Patienten wieder sprichwörtlichen Appetit zu machen. Künstliche Ansätze mit dem Betonen bestimmter Nahrungsmittel oder Verboten sind laut Martignoni einfach falsch. "Unsere ganz normale 'gesunde' Ernährung bietet alles, was man braucht." Der exzessive Gebrauch von Nahrungsergänzungsmitteln oder Vitaminpräparaten ohne einen entsprechend dokumentierten Mangel bringe nichts.

Günstig ist das Aufteilen des Essens auf sechs bis neun kleine Mahlzeiten. Das Programm setzt auf einfach zu bereitende Speisen. Schuhbeck: "Sie sollten auch leicht aufwärmbar sein. Aus einem Grundrezept, wie zum Beispiel einem Paradeis-Aufstrich, kann man durch Hinzufügen bestimmter Zutaten ein neues Gericht machen. Zum Beispiel eine Pastasauce oder eine Suppe."

Der Münchner Spitzenkoch hält viel vom langsamen und vorsichtigen Kochen bei niederen Temperaturen. Dampfgaren garantiere beispielsweise den Erhalt der Nahrungsstoffe, nur müsse man dann besonders auf das Würzen achten. Auch die Mikrowelle habe - zum Wärmen, nicht zum Kochen - ihren Platz. Ein Loblied äußerte er zum Kochen mit geklärter Butter (ähnlich Ghee). Das sei das "bayrische Olivenöl".

www.schuhbeck.de

(APA)

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