Männer haben ihre Emanzipation verschlafen

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Das klassische "Bild" existiert nicht mehr - der neue Mann darf auch vorm Schminktisch sitzen. Über den Wandel im Selbstverständnis der Gesellschaft.

Männer dürfen weinen, rosa Kleidung tragen, gehen zur Kosmetikerin und nehmen ihre Liebste mit zum Fußballmatch. Verhaltensweisen und Eigenschaften, die dem starken Geschlecht vor Jahren noch als "unmännlich" angekreidet worden wären, sind heute möglich. "Die Frage der Männlichkeit ist nicht mehr so einfach zu beantworten", erklärte Psychologe Gerhard Klicka anlässlich des "Tag des Mannes" am 3. November. Der Grund liegt seiner Meinung nach in der Emanzipation, die die Herren der Schöpfung in ihrem Rollenverständnis zutiefst verunsichert, andererseits aber auch für eine Vielzahl an Wahlmöglichkeiten sorgt.

Emanzipation verschlafen

"Männer haben es nicht geschafft, sich zu emanzipieren", so Klickas Fazit. "Da wird es in den nächsten Jahren viel Aufholbedarf geben." Derzeit gebe es auf der Suche nach Antworten auf die männliche Rolle, immer wieder neue Impulse und Strömungen. Wichtig wäre wie bei Frauen die "Befreiung von klassischen Bildern" - "Das haben Männer bisher nicht gemacht".

"Was wollen Frauen von mir?"

Das Gute daran: "Man muss nicht ein Bild finden und dem entsprechen", erklärte Psychologe Gerhard Klicka. "Ich werde für jeden Bereich meine Nische finden - ob Intellektueller, Künstler, Macho oder Softie." Ganz so einfach ist das allerdings nicht. Alte Muster funktionieren nicht mehr und die Frage "Was wollen Frauen von mir?" verunsichere, betonte Klicka. "Denn Männer wollen sich danach richten, weil sie begehrt sein wollen."

Der Mann vorm Schminktisch

Strömungen, vom Softie bis hin zum metrosexuellen Mann, die sehr rasch wechseln, sind laut dem Psychologen das Ergebnis dieser Orientierungslosigkeit. "Die wichtigsten Einflüsse kommen von den Medien - Filme, Fernsehen, Werbung und Plakate", so Klicka. Die Ansprüche an Aussehen und Körperbewusstsein würden davon beispielsweise stark geprägt: "Mann hat Muskeln, ist attraktiv - von George Clooney bis hin zum Unterwäsche-Mann." Statt auf einen Bierbauch legen Männer daher mehr Wert auf Körperpflege, aber auch Gesundheit - sitzen vorm Schminktisch und kümmern sich um ihre Cholesterin-Werte. Nach dem Motto "Du willst, dass ich schlank bin? Also bitte schau auch auf dein Äußeres!" sei dies auch die klare Einforderung von Frauen.

Macht, Geld und Knarren

Ganz vorbei ist es mit archaischen Vorbildern auch im 21. Jahrhundert noch nicht. "Männer haben sich seit vielen Jahren über Macht und Geld identifiziert", meinte Klicka. Protzige Uhren, Schmuck, Autos oder Handys - Männlichkeit werde durch diese Gegenstände nach wie vor ausgedrückt. "Auch Waffen haben immer noch mit Stärke zu tun", betonte er.

Eine Frage der Potenz

Thema Potenz habe sich ebenfalls "nicht so sehr verändert", zeigte sich Klicka überzeugt. Themen wie Impotenz seien zwar kein so großes Tabu mehr, würden mehr thematisiert und nicht mehr als persönliches Versagen beurteilt. Minderwertigkeitsgefühle und Verunsicherung beherrschen die Herren der Schöpfung diesbezüglich allerdings nach wie vor.

Frauen am Fußballplatz

Auch klassische Männerdomänen in Sport und Freizeit würden trotz Softie- und Metrosex-Bewegungen weiter existieren. "Also ich glaube, das gibt es nach wie vor, besonders beim Fußball", so Klicka. Während die männliche Club-Tradition in vielen Bereichen - vor allem am Land - noch weiterlebe, gebe es grundsätzlich allerdings eine Aufweichung dieser Männer-Bünde: Auch Frauen dürfen zum Stammtisch oder auf den Fußballplatz.

(APA/Red. )

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