Nova-Rock-Chef: "Bin definitiv kein Musik-Mafioso"

NOVA ROCK 2013: BESUCHER
NOVA ROCK 2013: BESUCHER(c) APA/HERBERT P. OCZERET
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Skalar beherrscht mit Nova Rock und Frequency den Markt. 2015 kommen neue Spieler: Rock in Vienna setzt auf Metal-Klassiker, Arcadia Live auf Rap. Und die Wertigkeit österreichischer Bands steigt.

Ja, alte Metal-Schlachtrösser wie Metallica, Kiss oder Motörhead kommen auch heuer wieder nach Österreich. Aber Popfreunde mit innovativerem Geschmack müssen neidisch ins Ausland blicken. Etwa nach Deutschland zum Melt, zum dänischen Roskilde, zum kalifornischen Coachella oder zum Sónar in Barcelona. Dort konzertiert heuer etwa die britische RnB-Sängerin FKA Twigs, die 2014 mit „LP1“ ein atemberaubendes Debütalbum vorgelegt hat. Und mitten in der Elite zeitgenössischer Musik haben auch die würdevoll gealterten Pop-Dandys Duran Duran einen Platz . . . Seit Jahren hat die Firma Skalar, für die größten heimischen Festivals Nova Rock (in Nickelsdorf) und Frequency (in St. Pölten) verantwortlich, quasi eine Monopolstellung. Gebucht wird zwar genreübergreifend – ja, auch beim stark auf Metal konzentrierten Nova Rock –, die international namhaften Headliner sind aber überraschend ähnlich. So treten die Toten Hosen oder Linkin Park fast jährlich bei einem der beiden Events auf.

Neues Festival in Graz

2015 werden die Konzertkarten neu gemischt. Ein neuer Spieler ist Arcadia Live, ein heuer gegründetes österreichisch-deutsches Joint Venture, das u. a. aus Chimperator Live, der deutschen Konzertagentur FKP Scorpio und der Wiener Firma Arcadia, die 2014 erstmals das Rap-Festival Hip Hop Open Austria veranstaltete, besteht. Mit dem Nuke (29. 8. in Graz) positioniert es eine etablierte Marke neu. Ursprünglich fand das Festival in Zwentendorf statt – bis 2009 wurde es von Skalar organisiert. „Es mussten aus unserer Sicht Sachen anders gemacht werden, als sie bisher gelaufen sind“, sagt Arcadia-Geschäftsführer Filip Potocki: „Wir wollten bewusst einen anderen und neuen Weg einschlagen.“ Klingt kryptisch. Gemeint ist ein stärkerer Fokus auf heimische Musik.

Filip Potocki von Arcadia Live.
Filip Potocki von Arcadia Live.(c) Die Presse (Clemens Fabry)

So treten beim ersten neuen Nuke-Festival neben den deutschen Zugpferden Cro und Seeed die österreichischen Bands Bilderbuch und Wanda auf. Beide werden vom deutschsprachigen Feuilleton gefeiert, vom heimischen Mainstream-Radio (vor allem von Ö3) aber stiefmütterlich behandelt. Und bei den etablierten Festivals werden Bands wie sie unter ihrem Wert gehandelt, meinte Bilderbuch-Sänger Maurice Ernst in einem „Falter“-Interview: Dort werde mit österreichischen Bands „ein ziemlich hartes Spiel“ getrieben. „Da steckt eine Mafia dahinter“, sagte Ernst, und erzählte: „Wir bezeichnen Skalar in der Band immer scherzhaft als ,Mafia‘, weil es sich ein bisschen so anfühlt. Nova-Rock-Veranstalter Ewald Tatar weist dies gegenüber der „Presse“ zurück: „Jeder darf seine Meinung sagen. Aber das lasse ich mir von Bilderbuch nicht unterstellen. Ich bin definitiv kein Musik-Mafioso. Sie sollten vielleicht darüber ein bisserl nachdenken, bevor sie das nächste Mal so einen Blödsinn sagen.“

Nova-Rock-Chef Ewald Tatar bei der Spendenscheck-Übergabe für die Flutopfer in Österreich, 2013.
Nova-Rock-Chef Ewald Tatar bei der Spendenscheck-Übergabe für die Flutopfer in Österreich, 2013.(c) APA/HERBERT P. OCZERET

Er habe sehr wohl Interesse an der Band, die er „großartig“ finde: „Wenn eine Band wie Bilderbuch sagt: Ewald, wir spielen am Frequency oder Nova Rock 2016 exklusiv eine Show, dann kann ich garantieren, dass diese Band eine super Position und eine super Gage bekommt.“ Mit „super Position“ meint Tatar, dass sie nicht – wie bei österreichischen Bands üblich – am helllichten Nachmittag auftreten müssen. Beim Nuke jedenfalls sollen Wanda und Bilderbuch „wertige Slots“ (also angemessene Auftrittszeiten) erhalten, verspricht Potocki.

Rock in Vienna: "Ergänzendes Angebot"

Ein größeres Problem für Skalar könnte eine andere Konkurrenz werden: Heuer veranstaltet erstmals die Deutsche Entertainment AG (DEAG) ein Festival namens „Rock in Vienna“ (4. bis 6. Juni). Die Headliner des ersten Festivals auf der Donauinsel ähneln verblüffend der Nova-Rock-Programmierung aus vergangenen Jahren. So treten Metallica, Kiss und Muse auf. „Wir sehen uns als ergänzendes Angebot“, sagt der mit der PR-Arbeit betraute Josef Schartner zur „Presse“: „Es wird Leute geben, die unser Line-up besser finden, andere das des Nova Rock.“

Anfangs sei eine Kooperation des neuen Wiener Festivals mit Nova Rock (12. bis 14. Juni) im Raum gestanden, erklärt Tatar: „Die DEAG hat mir eine Partnerschaft angeboten. Ich habe natürlich abgelehnt, weil ich mir nicht bei meinem eigenen Festival Konkurrenz mache. Ich habe auch darauf hingewiesen, dass der Markt zwei so große Festivals in so kurzer Zeit nicht verkraften wird. Auf diesen Rat wollte man offenbar nicht hören.“

Neues Gratisfestival in Wien

Indessen wird auch die Konkurrenz durch Gratisfestivals größer. Die Stadt Wien finanziert neben dem Popfest heuer erstmals „Electric Spring“ mit heimischen Künstlern wie Nazar und Johann Sebastian Bass. „Ich könnte salopp sagen: Was nichts kostet, ist nichts wert“, kommentiert Arcadia-Chef Potocki. „Andererseits bekommen Bands eine Plattform und ein breiteres Publikum eine Möglichkeit, sie zu sehen.“

Festivals 2015

Electric Spring (16. und 17. April, MQ Wien): Nazar, Elektro Guzzi, Johann Sebastian Bass u. v. a.
Rock In Vienna (4. bis 6. Juni, Wien): Kiss, Metallica, Muse, Limp Bizkit, Incubus, Faith No More, Saint Vitus, Bodycount feat. Ice-T u. v. a.
Nova Rock (12. bis 14. Juni, Nickelsdorf): Mötley Crüe, Die Toten Hosen, Slipknot, Die Fantastischen Vier, Beatsteaks, Motörhead, Deichkind, Farin Urlaub Racing Team, Wolfgang Ambros u. v. a.
Urban Art Forms (18. bis 20. Juni, Wiesen): Die Antwoord, Sven Väth, Deadmau5, Camo & Krooked u. v. a.
Sunsplash (3. Juli, Wiesen): Damian „Jr. Gong“ Marley, Nneka, Labrassbanda
Lovely Days (4. Juli, Wiesen): Status Quo, Nazareth, Eric Burdon & The Animals, Jimmy Cliff, Uriah Heep, The Doors Alive.
Nova Jazz & Blues Night (11. Juli, Wiesen): Chic feat. Nile Rodgers, Count Basic, Sinkane u. a.
Hip Hop Open Austria (17. Juli, Arena):
Afrob, Samy Deluxe, Joshimizu, Megaloh u. a.
Two Days A Week (18. und 19. Juli, Wiesen):
Iggy Pop, Flogging Molly, The Baseballs, Anti-Flag, Hatebreed, Sepultura u. v. a.
Popfest Wien (24. bis 27. Juli, Karlsplatz): Programm noch nicht bekannt.
Frequency (20. bis 22. August, St. Pölten): The Prodigy, Chemical Brothers, Interpol, Linkin Park, The Offspring, Elie Goulding, Enter Shikari, Bad Religion, Alt-J, Casper, Fritz Kalkbrenner, Mad Caddies, Halestorm, Mighty Oaks u. v. a.
Nuke (29. August, Graz): Bilderbuch, Cro, Seeed, Wanda, Olympique, Prinz Pi, Mono & Nikitaman u. a.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2015)

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