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"Full Hit of Summer": Ein Rausch und eine Fete

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arena young fathers(c) young fathers/siluh/psimusic
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Beim „Full Hit of Summer“-Festival in der Arena trafen wütende Drums auf neue Romantik. Ein formidabler Montagabend mit Caribou, Rhye und Young Fathers.

Kein „Hello Vienna“. Kein „Thank you“, kein „Put your hands in the air“. Und schon gar kein „Vienna, you're the best audience we've had“. Die schottische Band Young Fathers ist frei von der Anbiederung, wie sie bei Konzerten seit Jahrzehnten Usus ist. Das zeigten die Mercury-Prize-Gewinner des Jahres 2014 (für das Debütalbum „Dead“) am Montagabend beim „Full Hit of Summer“-Festival in der Arena. Das britische Trio – auf der Bühne mit einem zusätzlichen Percussionisten – ist keine Band zum Angreifen und auch keine zum Anziehen, der heutzutage obligatorische Merchandising-Stand hatte keinerlei Devotionalien anzubieten.

Young Fathers: Der Genre-Mantel ist zu klein

Auf visuelle Unterstützung verzichten sie ebenfalls. Vielleicht würde diese ohnehin nur von der Musik ablenken. Und die ist, im doppelten Sinn, eine Wucht: Sperrig, wummernde Beats, wütende Drums (mit Tamburin statt Schlagzeugstöcken), wirre Samples, Falsettstimme. Und das alles beinahe in der Lautstärke von alten Lärmschwelgern wie My Bloody Valentine. Der Genre-Mantel Hip-Hop, der den Young Fathers gern umgehängt wird, ist ihnen zu klein. Dub, Elektronik, Ethno, Soul, Krautrock – keines der Schildchen träfe zu. Ja, eklektisch sind sie, aber der Begriff ist auch schon etwas verbraucht. PR-Experten würden sich womöglich auf den Begriff Zukunftsmusik festlegen. Auch sonst wollen sich Young Fathers, zwei der drei Mitglieder haben Wurzeln in Afrika (Liberia, Nigeria), nicht kategorisieren lassen: Im hypnotischen Song „Old Rock 'n' Roll“ heißt es „I'm tired of playing the good black“; wegen des Titels ihres aktuellen Albums, „White Men Are Black Men Too“, hatten sie ein Scharmützel mit ihrer Plattenfirma.

Caribou: Fete mit Boris-Becker-Faust

Mit rauchenden Köpfen und nach Luft schnappend verließen auch die Besucher kurzzeitig die Arena. Nach dem ohrenbetäubenden akustischen Rausch wirkten die folgenden Auftritte ohnehin wie Easy Listening: Über den hunderten Besuchern schwebte die himmlische Stimme des amerikanischen New-Romantic-Duos Rhye. Dazu schmusten Menschen, die noch zu Schillingzeiten Teenager waren, hemmungslos wie bei „La Boum“. Die montägliche Fete wurde mit dem Headliner, Caribou aus Kanada, zum Dancefloor. Ganz anders als die Young Fathers suchte er die Interaktion mit dem Publikum: „Can't Do Without You“. Die Hände gingen von allein in die Höhe. Und Caribou goutierte es – mit der Boris-Becker-Faust.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2015)

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