Cybercrime: Das heikle Geschäft mit dem Ehebruch

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Hacker haben die Namen der Nutzer eines Seitensprungportals im Internet veröffentlicht, nachdem sich das Unternehmen geweigert hatte, die Plattform vom Netz zunehmen.

Wien. „Das Leben ist kurz. Gönn Dir einen Seitensprung!“ Dieser Slogan konnte Millionen Menschen weltweit davon überzeugen, Nutzer des Seitensprung-Portals Ashley Madison zu werden. 32 Millionen von ihnen werden den Schritt spätestens heute bereuen. Denn ihre Daten sind seit wenigen Stunden im Netz zu finden. Und zwar nicht nur ihre Namen, Adressen, Kreditkartennummern, auch ihre persönlichen Vorlieben kann – etwa die betrogene Ehefrau – nun nachlesen.

Wie das passieren konnte? Schon im Juli gelang es Hackern, den Seitensprung-Server zu knacken und ein Datenpaket von 9,7 Gigabyte abzuziehen. Die Hacker setzten sich kurz darauf mit der kanadischen Betreiberfirma Avid Life Media (ALM) in Verbindung. Doch The Impact Team, so nennen sich die Hacker, wollten nicht einen Millionenbetrag erpressen, sie forderten vielmehr die sofortige Schließung des Portals. ALM betrüge seine Kunden, viele der weiblichen Profile seien gefälscht, deshalb müsse die Plattform vom Netz gehen, so die Begründung.

Ökonomischer Super-GAU

Der Forderung der Erpresser kam Noel Biderman, Boss des Unternehmens, nicht nach. Stattdessen bot er seinen Nutzern eine Gratis-Löschung ihres Profils an. Offenbar rechnete man bei Ashley Morgan nicht damit, dass die Hacker die Daten tatsächlich veröffentlichen würden. Doch sie taten es – begleitet von folgender Message: „Wir haben den Betrug, die Falschheit und die Dummheit von ALM und all seinen Mitgliedern aufgedeckt.“

Für die User ein privater, für das Unternehmen womöglich ein wirtschaftlicher Super-GAU. Das Unternehmen, das bei seinen Besuchern mit „100-prozentiger Diskretion“ wirbt, versucht derweil den Ball flach zu halten und äußerte Zweifel an der Echtheit der Daten. Das FBI und auch die kanadische Polizei seien bereits in die Ermittlungen gegen die Cyberkriminellen involviert. Gleichzeitig verurteilte das Management „die Kriminellen, die sich selbst zu moralischen Richtern und Henkern erklärt hätten“. Doch ob es ALM-Chef Biderman damit gelingen wird, die 28 Millionen frisch aufgeflogenen Männer und die fünf Millionen ertappten Frauen zu besänftigen, ist fraglich.

Wie wichtig es für ein Unternehmen ist, bei einer kapitalen Krise wie dieser besonnen zu agieren, zeigten die Turbulenzen rund um Tinder vergangene Woche. Das Unternehmen zählt zu den beliebtesten Dating-Apps weltweit und hat Schätzungen zufolge über 50 Millionen Nutzer. Und dass es dabei inzwischen um ein Millionengeschäft geht, zeigen die Zahlen des Unternehmens. Allein im ersten Quartal erwirtschaftete Tinder einen Umsatz von 239,2 Millionen Dollar. Für Ende dieses Jahres ist ein Börsengang geplant.

PR-Debakel nach Artikel

Keine gute Zeit also, um in ein PR-Debakel zu laufen. Dies geschah der Dating-App jedoch, nachdem das Magazin „Vanity Fair“ einen Artikel veröffentlichte, laut dem es bei Tinder nicht um Beziehungen, sondern nur um schnellen Sex gehe.

In der PR-Abeilung verlor man daraufhin die Contenance und twitterte sich flugs in ein Image-Desaster. In über 30 Tweets stellte Tinder die Recherche der Autorin in Frage und betonte, dass die Mehrzahl der Besucher sehr wohl „bedeutungsvolle Beziehungen suchten“. Überdies sei Tinder dabei, die Welt zu verändern. Das hysterische Gehabe kam weder bei den App-Kunden noch den Eigentümern des westkalifornischen Start-ups gut an. Tinder-Boss Christopher Payne musste seinen Hut nehmen. Er habe nicht zu Tinder gepasst, so das trockene Kommentar des Management.

Für ALM und Biderman ist die prekäre Angelegenheit ebenfalls noch lange nicht ausgestanden. Derzeit sind seine Kunden wohl damit beschäftigt, ihr Privatleben neu zu ordnen. Doch die ersten teuren Scheidungen werden nicht lange auf sich warten lassen. Spätestens dann kann sich das Unternehmen auf eine Fülle von Schadenersatzklagen gefasst machen.

Auf einem Blick

Ashely Madison ist ein Seitensprung-Portal, das laut eigenen Angaben 33 Millionen Mitglieder in 46 Länder weltweit hat. Das Unternehmen wird von dem kanadischen Unternehmen Avid Life Media betrieben. Im Juli haben Hacker den Server geknackt und die Daten der User abgezogen. Am Mittwoch veröffentlichten sie die Namen, Adressen und Kreditkartennummern im Netz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2015)

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