Karl Farkas hat eine neue Erbin: „Mich hat der Schlag getroffen“

(c) Valerie Voithofer
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Simplicissimus. Das alte Kellerkabarett in der Wiener Wollzeile bekommt mit der Schauspielerin Claudia Rohnefeld seine (erst) dritte Conférencière.

„Wir Wiener blicken vertrauensvoll in unsere Vergangenheit.“ Ob als Mann, Frau, Bub oder Berger – mit Sagern wie diesem traf Karl Farkas in seinen Doppelkonferenzen (mit Fritz Grünbaum und nach dessen Tod im KZ Dachau mit Ernst Waldbrunn) im Simpl präzise das Zwerchfell des Publikums. Darum geht es aber nicht. Es geht um die neue Conférencière des Hauses, um Claudia Rohnefeld. Also Conférencière mit „E“ am Ende. „So heißt es nämlich richtig gegendert“, korrigierte sich die Schauspielerin im Cafe Engländer nach einer der letzten Proben von Michael Niavaranis neuer Revue „Bitte alle aussteigen“ selbst. Dass man sie nicht nur im Keller in der Wollzeile, sondern auch eine Ecke weiter kennt, daran ließ der Kellner keinen Zweifel. Er kommentierte den „Tisch auf Frau Rohnefeld“ nur mit: „Ah, die Claudia. Na, hier.“ Vor ihrer dreijährigen Pause spielte die Vielbegabte bereits sechs Jahre im Simpl. Jetzt übernimmt sie die Konferenzen und wird quasi zur Ellen DeGeneres der Inneren Stadt.

Gerechnet hat sie damit nicht. „Als mich Albert Schmidleitner, der Geschäftsführer, anrief, hat mich kurz einmal der Schlag getroffen. Ich fühlte mich geehrt, aber es ist definitiv ein Job, vor dem ich großen Respekt habe. Eine Nacht musste ich darüber schlafen, dann habe ich Ja gesagt.“ Die beiden letzten Frauen, die diese ehrenvolle Aufgabe hatten, waren Tilde Lechner im Ersten Weltkrieg und Dolores Schmidinger als Niavaranis Karenzvertretung. Die Google-Bildersuche kann sich an keine so richtig erinnern.

Andere Bühnen haben Claudia Rohnefeld vielleicht trotzdem mehr geprägt als das Simpl. „Ich habe fünf Jahre am Burgtheater gespielt, mein allererstes Engagement.“ Lange war sie im Sommer auch dem kürzlich verstorbenen Peter Janisch in Gutenstein und Weißenkirchen treu. „Ich mache alles querbeet, auch viele Klassiker, mein absoluter Liebling ist Schiller, gleich danach kommt Shakespeare. Wenn ich ernste Rollen spiele, fehlt mir aber das Lustige. Wenn ich in einem Stück singen darf, hätte ich gern nur ein Sprechstück, bei Sprechstücken würde ich gern singen. Ich bin ein bisschen zerrissen.“ Was nach Abwechslung klingt, widerspricht der Wiener Realität. „Im deutschsprachigen Raum ist es sogar ziemlich schwierig, zwischen den Genres zu springen. Das ist im Londoner Westend oder am Broadway anders, hier ist die Komödie die Königsklasse. Wenn du dort die Leute zum Lachen bringen kannst, hast du es geschafft, dann kannst du alles spielen. Wenn du hier die Lustige bist, hast du es wahnsinnig schwer, auch eine ernste Rollen zu bekommen.“

Und die besseren Rollen gäbe es sowieso immer für Männer. „Wenn man sich die Theatergeschichte ansieht, war und ist es immer schwierig, wenn man sich als Frau den Platz erobern will. Das hängt auch vom Publikum ab. Wenn ein Mann einen ordinären Witz macht, wird drüber gelacht, wenn eine Frau den gleichen Witz macht, ist das Publikum pikiert. Das ärgert mich nicht, es ist mir aber auch nicht egal, es ist einfach so. Deshalb muss eine Frau einen anderen Weg finden, um lustig zu sein.“ Neben der feinen Klinge sei es aber „ein ständiges Spiel mit dem Publikum, wie weit man gehen darf. Im Simpl haben wir zum Glück an die 280 Vorstellungen. Wenn ein Witz nicht funktioniert, wird er für den nächsten Abend verbessert.“ Der wahre Spaß finde hier aber sowieso hinter der Bühne statt, beim Umziehen „Da hinten spielt es sich ab, das kann sich keiner vorstellen. Es ist wahnsinnig eng, und du must dich bis zu 16-mal umziehen und hast jeweils nur zehn Sekunden. Ein Wunder, dass das hinhaut.“

Guter Stand

Bis Juni 2016 wird sie sich 4200-mal umgezogen haben. Und genauso oft wird sie in Karl Farkas' Fußstapfen gestanden sein. „Zum Glück habe ich bei meiner geringen Höhe von 1,50 Metern eine große Schuhgröße. Mein Papa hat immer gesagt, ich schau aus wie ein L. Vielleicht passen mir die Fußstapfen, mein Anspruch ist jedenfalls hoch.“ Und so viel sei verraten, auch Claudia Rohnefeld wird eine Doppelconférence mit einem Mann führen. Den spielt sie aber auch selbst.

Zur Person

Claudia Rohnefeld. Die Wiener Schauspielerin Claudia Rohnefeld (geb. 1974) kann steppen und singen, hat bei Nicholas Ofczareks Vater Sprechtechnik studiert, war viele Jahre am Burgtheater und konnte ihr Talent fürs Komische dennoch konservieren. Dieses durfte Rohnefeld bereits in mehreren Theater- und Revuestücken ausleben. Derzeit steht sie als Conférencière im Kabarett Simpl auf der Bühne. In dieser Position ist sie – nach Tilde Lechner und Dolores Schmidinger – die dritte Frau in der Geschichte des Hauses.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2015)

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