Lebenslange Haft für Mord an Geheimprostituierter

PROZESS WEGEN MORDES AN TRANSSEXUELLEM IN WIEN-OTTAKRING
PROZESS WEGEN MORDES AN TRANSSEXUELLEM IN WIEN-OTTAKRINGAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Der Angeklagte behauptete, er sei angegriffen worden. Der Schuldspruch ist nicht rechtskräftig.

Jener 32-jährige Mann, der am 19. Jänner 2015 eine 34-jährige Geheimprostituierte in ihrer Wohnung in Wien-Ottakring bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und anschließend erstickt hatte, ist am Donnerstag im Straflandesgericht zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der Schuldspruch wegen Mordes fiel mit 7:1 Stimmen deutlich im Sinne der Anklage aus.

Die Höchststrafe erscheine in diesem Fall "tat-, schuld, und unrechtsangemessen", stellte Richter Ulrich Nachtlberger in der Urteilsbegründung fest. Verteidiger Peter Philipp, der in Richtung Körperverletzung mit tödlichem Ausgang plädiert hatte, legte nach Rücksprache mit seinem Mandanten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.

Opfer ist wegen Transsexualität geflüchtet

Der beschäftigungslose 32-Jährige hatte seit November 2014 mehrfach die sexuellen Dienste der Transgender-Frau in Anspruch genommen, die ursprünglich als Mann zur Welt gekommen und im Juli 2014 von der Türkei nach Österreich geflüchtet war, "weil sie in ihrer Heimat als Transsexuelle benachteiligt und diskriminiert wurde", wie Staatsanwältin Viktoria Berente den Geschworenen berichtete.

Nach dem dritten Besuch in der Wohnung der 34-Jährigen sei es zu "der grauenvollen Tat" gekommen, bei der es dem Angeklagten geradezu darauf angekommen sei, "das Opfer zu vernichten", sagte Staatsanwältin Viktoria Berente. Wie im Zuge der Obduktion zutage kam, hatte der massive, bei einer Körpergröße von 1,75 Meter zwischen 120 und 130 Kilo schwere Mann die gleich große, aber 56 Kilo leichte Frau am Hals gepackt und zugedrückt. Laut Gerichtsmediziner verlor Hande Ö. nach sechs bis sieben Sekunden infolge des "heftigen und schlagartigen Zupressens" des körperlich deutlich überlegenen Mannes das Bewusstsein. Der Würgeakt habe im konkreten Fall ähnliche Folgen gehabt, "wie er beim Erhängen eintritt", sagte Risser.

"Kein Kampf bei diesen Masseverhältnissen"

An die Verantwortung des Angeklagten, es sei zu einem "Kampf" gekommen, nachdem ihn Hande Ö. nach dem Sex aus unerfindlichen Gründen angegriffen hätte, ihm mit ihren langen Fingernägeln in die Mundhöhle fuhr und dabei die Wange aufriss ("Das hat sehr wehgetan, es war sehr schmerzhaft"), vermochte der Gerichtsmediziner nicht zu glauben: "Da gibt es keinen Kampf bei diesen Masseverhältnissen."

Der 32-Jährige blieb ungeachtet dessen bis zum Ende der Verhandlung dabei: "Ich wollte nicht, dass sie stirbt", versicherte er, "ich hab' gedacht, sie steht wieder auf". Hande Ö. habe ihn attackiert, er habe ihre Hand weggeschlagen, sie habe nicht von ihm abgelassen: "Ich hab' sie gepackt, umgeschmissen aufs Bett und sie zu würgen begonnen. Ich bin in Panik geraten. Ich war noch nie in so einer Situation. Ich wollte so schnell wie möglich raus." Er habe die Frau im Anschluss nur deshalb gefesselt, "weil ich gedacht habe, vielleicht wacht sie auf und greift mich mit einer Waffe an."

Der Frau wurden die Hände auf den Rücken gebunden, ihr Kopf mit Kleidungsstücken "flächendeckend komprimiert abgedeckt", wie der Gerichtsmediziner ausführte. Da die Atemwege verschlossen waren - die Kleidungsschicht über Mund und Nase hatte dem medizinischen Gutachten zufolge einen Durchmesser von sieben Zentimeter -, hatte sie keine Überlebenschance.

Täter anhand von Fingerabdrücken überführt

Der 32-Jährige wurde anhand von genetischen Fingerabdrücken, die er am Tatort hinterlassen hatte, als dringend Verdächtiger überführt. Er hatte wenige Tage nach der inkriminierten Bluttat mit einer Gaspistole zwei Raubüberfälle im Prostituierten-Milieu begangen und war dafür in U-Haft gekommen. Ein routinemäßig entnommener Mundhöhlenabstrich "passte" zu dem im Mordfall Hande Ö. gesuchten Täter.

Aus der Wohnung der Geheimprostituierten, deren Leiche erst am 25. Jänner entdeckt wurde, weil Nachbarn den Verwesungsgeruch bemerkten und die Feuerwehr verständigten, hatte der Angeklagte ihr Smartphone und Ausweise mitgenommen. Er steckte auch die 100 Euro wieder ein, die er für die sexuellen Dienste bezahlt hatte.

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