Weinkeller mit Botschaftsportal: Im neuen Reich des Robert Glock

Robert Glock an seinem 400 Jahre alten Tisch im neuen Weinkeller.
Robert Glock an seinem 400 Jahre alten Tisch im neuen Weinkeller.(c) Stanislav Jenis
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Robert Glock, Gastronom, Wasserretter und Freund alter Häuser, eröffnet unter Livingstone und Planter's Club ein unterirdisches Separee.

Am meisten freut sich Robert Glock, wenn er Besuchern seinen neuen Weinkeller zeigt – und selbige glauben, das wäre alles immer schon so gewesen. Freilich, vieles hier hat Geschichte. Der 400 Jahre alte Tisch aus dem Hotel Schloss Seefels, auf dessen Unterteil lang ein Motorboot gelagert wurde. Der ebenso alte Luster aus der Maxi-Böhm-Villa am Semmering, die Wendeltreppe aus der 1893 erbauten Villa Bittner. Und, natürlich, das dunkel gedrechselte Holzportal der saudiarabischen Botschaft, hinter dem der Weißwein im Kühlen liegt. Die zugehörige Botschaft im dritten Bezirk wurde vor gut 20 Jahren abgerissen, seither warteten die Holztüren hier im Lager. Robert Glock hat sie nun zum Kernstück seines Kellers gemacht.

Das Gemäuer unterhalb von Glocks Restaurant Livingstone und der zugehörigen Planter's Bar vereint viele Leidenschaften des Eigentümers: jene zu alten Häusern (die er seit einigen Jahren mit einer eigenen Firma detailverliebt renoviert), respektive zu deren Möbelstücken und zum Semmering. Wohl ein gewisses Bedürfnis nach Privatheit, jedenfalls nach bequemem Zugang mit dem Auto. Am Wörthersee habe der Fokus auf Fahrradfreundlichkeit viel betuchtes Publikum vertrieben, glaubt Glock. In seine Wiener Lokale kann man nun direkt von der Tiefgarage aus kommen, seit Sommer TÜV-zertifiziert barrierefrei. Die Klammer schließlich bildet sein neues Selbstverständnis: als Gastronom.

Ehemaliger Stammgast

2011 hat Glock die beiden Lokale von Peter Rössler übernommen. Davor war er Stammgast, flog mit Rössler schon vor 15, 20 Jahren auf Recherche. „Man hat sich in New York oder Paris die Bars angeschaut und geschaut, was man übernehmen kann.“ Als Rössler schwer erkrankte, gab er Livingstone und Planter's Bar, zwei Wiener Institutionen, ab. „Ich hab die Herausforderung, einen Gastronomiebetrieb zu führen, immer interessant gefunden, weil das ja angeblich das Schwierigste ist“, sagt Glock. Tatsächlich war es schwieriger als gedacht. „Ich hab' nicht gewusst, sag' ich ganz ehrlich, wie viel Arbeit es sein würde, diese Lokale nach 15 Jahren wieder an einen Punkt zu bringen, an dem man sagen kann: Jetzt kann man wieder ein paar Jahre arbeiten.“

Dieser Punkt sei nun erreicht: Der Koch ist neu (und hat es geschafft, mit einem Steaklokal eine Haube zu erkochen), das Personal großteils auch. Man hat Flächen umgeschichtet, den alten Gasofen hinausgeworfen und sich an die Fernwärme angeschlossen und und und. Und dass man in manchen Kreisen schon als ein wenig verstaubt gegolten habe – auch das sei nun passé.

Eingestiegen in die Gastronomie ist Glock dabei schon früher. Koch Hubert Wallner, den er verehre, habe „kein Platzerl mehr gehabt und mich gefragt, ob ich etwas weiß“. Ein Wirtshaus kam nicht zustande, dafür kam das Angebot, am Wörthersee das Strandbad in Bad Saag zu übernehmen. Glock, der Seerestaurantbesuche mit seinen Eltern in guter Erinnerung hatte, fand die Idee schön. Mittlerweile hat das Szenerestaurant mit Beachclub drei Hauben, gilt als die Nummer eins am See. Mit eigener Einsatzstelle der Wasserrettung. Glock, Taucher, Unterwasserrugbyspieler und selbst bei der Wasserrettung aktiv, hat sie eingerichtet. „Wasser ist ein anderes Element, da gelten andere Gesetze, das macht es so reizvoll.“ Je tiefer, desto lieber ist es ihm. „Nach 20 Metern ist der Wörthersee stockdunkel. Man sieht nur noch mit Lampe – und hat nur noch Mondlandschaften vor sich.“

All das sagt ein Mann, dessen Name auch jener der berühmten Pistole ist – und dessen Lebensplanung eine andere war. „Ich hab im Unternehmen eigentlich alles gemacht, ob mit acht Jahren den Hof gekehrt oder mit elf Maschinengewehrgurte zusammengefügt. Ich war mein ganzes Leben in diesem Unternehmen beschäftigt und hab' alles von der Pike auf gelernt.“ Heute geht der Vater eigene Wege, liefern sich die Eltern in den USA einen erbitterten Kampf um das Vermögen (und die Reputation der Firma, die unter anderem das FBI beliefert). Ein Thema, das Glock nicht aktuell kommentiert – und das zu erklären man Seiten brauchte.

Immerhin: Vorbei ist damit auch die Zeit, in der Glock der Familiendoktrin folgend sein Privatleben hintanstellen musste. Vor Kurzem hat er geheiratet. Am Semmering – über den er stundenlang philosophieren könnte. Über die Ruhe, die Vergangenheit: Über das Südbahnhotel mit seinem beheizten Pool, die frühe Garage, die Architektur des auseinanderfallenden Kaiserreichs. „Kaiser Franz Joseph hat leider noch alles ein bissl zugrunde gerichtet mit seiner Politik“, glaubt Glock. „Viel zu früh an die Macht gekommen, viel zu lang an der Macht geblieben. Und nicht rechtzeitig übergeben.“

ZUR PERSON

Robert Glock (geb. 1966) wuchs als eines von drei Kindern des Waffenproduzenten Gaston Glock in Deutsch Wagram auf und arbeitete 25 Jahre im Familienunternehmen, das mit seinen Pistolen u. a. das FBI und die amerikanische Polizei beliefert. Mittlerweile betreibt Robert Glock am Wörthersee das Seerestaurant Saag, in Wien in der Zelinkagasse im ersten Bezirk das Kolonialstil-Steaklokal Livingstone und die Planter's Bar. Heute Abend eröffnet er seinen neuen Weinkeller.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2015)

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