Lebensmittel in der Alten Post: Die Rückkehr der Markthalle

Thomas de Martin
Thomas de Martin(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Nachbarschaftsmarkt. Thomas de Martin hat für seine Markterei ein (temporäres) Dach gefunden und öffnet nun fix jeden Freitag und Samstag.

Wo“, fragt ein junger Standler, „stehen wir denn?“ Eine Frage, die Thomas de Martin an diesem Vormittag noch öfter hören wird. Wie auch viele andere – obwohl er längst ein ganzes Team hat, das für Anfragen von Elektrikern, Tontechnikern oder Marktverkäufern zuständig ist. Aber Thomas de Martin ist Erfinder und Mastermind der Markterei – und ihr Gesicht.

Gut ein Jahr ist es her, dass die Markterei im September 2014 in Magdas Kantine in der Ankerbrotfabrik ihren Einstand feierte, um dann in monatlichen Abständen an verschiedenen Locations (Badeschiff, Magdas Hotel) erste Erfahrungen zu sammeln. „Das Problem war: Sobald es sich herumgesprochen hatte, waren wir auch schon wieder weg.“

Nun hat die Markterei quasi ihre zweite Evolutionsstufe erreicht: Als Nachbarschaftsmarkt fürs Wochenende, der durch die Stadt zieht und für jeweils längere Zeit Leben an leer stehende Orte bringt. Erstes Quartier: Die Alte Post in der Dominikanerbastei im ersten Bezirk. Nachdem auch die Festivalzentrale der Design Week (für die er lange gearbeitet hat) auf seine Idee hin in ungenutzten Gebäuden gastierte, sei es natürlich naheliegend gewesen, das auch mit dem Markt zu machen, sagt Thomas de Martin (der sogar sein Büro als Zwischennutzungsprojekt betreibt).

Einkauf und Treffpunkt

So weist nun in der Dominikanerbastei ein Schild über dem Eingang den Weg, vorbei an der verstaubten Portierloge geht es in den riesigen Innenhof des einstigen Postgebäudes, wo schon die ersten kulinarischen Außenposten und Obstkisten-Hocker warten: Die Markterei versteht sich als In- und Outdoor-Konzept, im Gegensatz zu allerlei Streetfood-Erscheinungen dabei vor allem als regelmäßiger Nahversorger, bei dem man den Wochenendeinkauf erledigen kann. Wo man Grundprodukte, aber auch Verarbeitetes bekommt und die Produzenten kennenlernt.

Er sei ein großer Fan von Märkten, sagt Thomas de Martin, vor allem als Student sei er viel gereist, „und da waren Märkte und Markthallen immer mein erster Anlaufpunkt. Weil man ein Land schnell kennenlernt, wenn man sieht, wie es sich ernährt und kommuniziert.“ Und natürlich möge er auch den Naschmarkt, „aber da kauft man halt doch immer Oliven und Falafel. Ich wollte etwas, wo es die Dinge gibt, die es hier gibt.“ International sind die neuen Nachbarschaftsmärkte längst ein Renner, auch de Martin hat sich nun noch einmal viele gezielt angeschaut, in Stockholm, Madrid, Budapest, „Italien sowieso“. Die Berliner Markthalle Neun etwa mache viel richtig, „aber das passt nach Berlin, für Wien wäre das etwas zu trashig“.

Sein Wunsch sei es gewesen, seine Markthalle der regionalen Anbieter gemeinsam mit der Stadt auf die Beine zu stellen, „ich war bei jeder Magistratsabteilung, aber wurde immer vertröstet“. Nun hat er sein Projekt selbst finanziert. Das Angebot, nach Neu Marx zu ziehen, hat er abgelehnt: Die Markterei müsse zentral und leicht erreichbar sein – spätere Satelliten nicht ausgeschlossen. Geboten werden in der Markterei nun also Brot und Käse, Schinken und Fisch, Obst und Gemüse, neben allerlei Eingelegtem oder sonst irgendwie Verarbeitetem. Kooperiert wird mit Slow Food, „was mich sehr freut, weil sich unsere Kriterien sehr überschneiden“, sagt de Martin, der seinen Markt auch als Treffpunkt etablieren will: Am Freitag als After-Work-, am Samstag als Brunchangebot. Das zugehörige Kaffeehaus betreibt das Alt Wien, und als Antwort auf Champagner- und Austernbars gibt es Schlumberger und Schnecken. Angeschlossen ist auch eine eigene Werkstatt, mit dem Architekturbüro Most Likely und dem Tischler-Architektur-Kollektiv Mo-Ni-Ka sind flexible Marktmöbel entstanden, die einfache Ortswechsel möglich machen – die Serie soll laufend erweitert werden.

Ziel bleibt freilich immer noch eine eigene, die ganze Woche über geöffnete Markthalle. Unter der Woche würde de Martin außerdem gern ein Vermittlungsprogramm für Kinder und Jugendliche aufziehen, „wo man lernt, gesunde Nahrungsmittel zu erkennen und einfach zuzubereiten“. Aber eins nach dem anderen, bis Weihnachten läuft nun die Testphase für den wöchentlichen Markt. „Ich hoffe, dass es klappt“, sagt de Martin. „Ich glaube, es wäre eine Bereicherung für die Stadt.“

AUF EINEN BLICK

Die Markterei versteht sich als Wiens erster Nachbarschaftsmarkt. Er findet seit gestern jeden Freitag und Samstag statt (über Weihnachten ist Pause), aktueller Ort ist die Sortierhalle der Alten Post. U. a. mit Adamah Biohof, Obsthof Retter, Bäckerei Kasses, Thum Schinken, Käse Gruber, Fisch von Pan Regio. Es gibt Street Food, ein Café von Alt Wien, eine Schlumberger-und-Schnecken-Bar. Herr und Frau Klein betreibt die Kinderecke. Freitag 15 bis 24 Uhr (Markt bis 20 Uhr), Samstag 10 bis 22 Uhr (Markt bis 18 Uhr), Dominikanerbastei 11. www.markterei.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2015)

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