Chardonnay in der Stube und Skiwasser für alle

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THEMENBILD: WINTERSPORT / SKIFAHREN / BERGE(c) APA/BARBARA GINDL
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Früher, hört das staunende Kind, früher gab es auch Sessellifte mit nur einem Sitz.

Früher, hört das staunende Kind, früher gab es auch Sessellifte mit nur einem Sitz. Der Achtersessellift mit den beheizten ausgepolsterten Sitzen surrt nahezu lautlos den Berg hinauf, und man fühlt sich gerade wie jemand, der von einer Zeit erzählt, als es zu Weihnachten nur Orangen gab. „Wann war das, achtzehnhundertirgendwas?“ Nein, so lange ist das nicht her. Aber wirklich niemand wünscht sich den Einserlift zurück und den unsanften Einstieg, den unfreundlichen Liftwart und die ewigen Wartezeiten.

Jetzt sind noch viel mehr Menschen auf den Pisten als früher, und man kann sogar Ski fahren, ohne dass es jemals geschneit hat, aber die Warteschlangen an den Liften lösen sich rasch auf. Die Zeit, die man jetzt am Skilift einspart, gibt man dafür auf der Hütte aus, wo die Verweildauer auf mehrere Stunden angewachsen ist, zumindest bei Schönwetter. Nur die Skikurskinder werden wieder auf die Hänge getrieben, während ihre Eltern irgendwo in einer Zirbenstube Chardonnay trinken. Ausgerechnet Chardonnay.

Der Liftpass ist teurer als die Unterkunft. Man könnte eigentlich auch in die Südsee fliegen. Das stellt man sich zumindest vor, während man auf dem Balkon steht und in den prasselnden Regen schaut und das starre Regime hasst, das sich aus Ferienzeiten und Samstag-Samstag-Buchungen zusammensetzt und desentwegen man jetzt schon für 2020 buchen sollte, obwohl man gar nicht weiß, ob man da noch lebt. Die Buchung ist jedenfalls verbindlich.

Aber dann, wenn es in dicken Flocken schneit und der Neuschnee alle Geräusche dämpft und die Skier glücklich knacksen, während sie die allererste Spur auf dem Hang hinterlassen, dann ist man versöhnt mit der völlig verrückten Skiwelt, und es ist niemandem kalt dank Goretex, und die Kinder kugeln im Schnee herum und halten Skiwasser für die beste Erfindung seit Coca-Cola. Und wer dazu Himbeersaft sagt, hat überhaupt nichts begriffen.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2016)

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