Nur Gold zählt: Russland im Eishockey-Fieber

EISHOCKEY: WM / GRUPPE H IN HELSINKI: RUSSLAND - SLOWAKEI
EISHOCKEY: WM / GRUPPE H IN HELSINKI: RUSSLAND - SLOWAKEIAPA/HELMUT FOHRINGER
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Bei der WM im eigenen Land spielt die Sbornaja um den 28. Titel und Wiedergutmachung für die Olympia-Schmach. Präsident Wladimir Putin gibt auf der Tribüne den Edelfan, die Stimmung im Team ist angespannt.

Moskau. Endlich gleitet wieder der Puck, und die Kufen hinterlassen ihre Spuren auf dem Eis. Sehnsüchtig hat Russland auf die Eishockey-WM gewartet, heute wird das in Moskau und St. Petersburg stattfindende Turnier von Regierungschef Dmitri Medwedew eröffnet. Die Sbornaja soll für glanzvolle Bilder sorgen und von der Wirtschaftskrise im Land und der quälenden Diskussion um gedopte Athleten ablenken.

Die Fans – allen voran Präsident Wladimir Putin, der mehrere Spiele besuchen will – erwarten vom russischen Eishockey-Team nicht weniger als Gold. Die Jagd nach dem 28. Titel (inklusive UdSSR) steht für die Mannschaft von Oleg Snarok auch im Zeichen der Wiedergutmachung. Bei den Olympischen Spielen in Sotschi 2014 kam im Viertelfinale das Aus, im Vorjahr setzte es bei der WM eine bittere 1:6-Finalniederlage gegen Kanada.

Allerdings ist die Stimmung im russischen Team angespannt. So flog Alexander Radulow, Stürmerstar von ZSKA Moskau, vor wenigen Tagen eigenmächtig in die USA, um über seine mögliche Rückkehr in die NHL zu verhandeln. Während der 29-Jährige begnadigt wurde, bleibt Ilja Kowaltschuk suspendiert. Der Profi von SKA St. Petersburg hatte nach dem Playoff-Aus in der Kontinentalen Hockey-Liga (KHL) die Klubführung kritisiert. Zumindest darf Teamchef Snarok auf Verstärkung aus der NHL hoffen: Jewgeni Malkin (Pittsburgh Penguins) und Alexander Owetschkin (Washington Capitals) spielen im Viertelfinale gegeneinander.

Sport, Politik und Wirtschaft

Nach außen hin will sich Russland in seiner Gastgeberrolle die Auswirkungen des niedrigen Ölpreises und der westlichen Sanktionen wegen des Ukraine-Konflikts nicht anmerken lassen. In Moskau werden die Spiele im neugebauten VTB Eispalast im Süden der Stadt ausgetragen. Namensgeber ist die zweitgrößte Bank des Landes, denn nirgendwo im russischen Sport ist die Verzahnung mit Wirtschaft und Politik enger als im Eishockey, dem Volkssport Nummer eins.

Beim jüngsten KHL-Finale zwischen ZSKA Moskau und Magnitogorsk (3:4) saß Putins Verwaltungschef Sergej Iwanow auf der Ehrentribüne neben dem Präsidenten der Internationalen Eishockey-Föderation, René Fasel. Eine Reihe weiter: der Putin-Vertraute und Chef von Russlands größtem Ölkonzern Rosneft, Igor Setschin, sowie diverse Oligarchen. Ohne die Millionen des vom Kreml kontrollierten Energieriesen Gazprom wäre die KHL, die sich als Konkurrent der nordamerikanischen NHL sieht, schnell geschrumpft.

Auf Russland wartet in Gruppe A in Moskau heute mit Tschechien bereits der erste echte Prüfstein, auch das Duell mit Schweden verspricht Spannung. In Gruppe B (St. Petersburg) gilt Titelverteidiger Kanada als Top-Favorit. Mit Matt Duchene (Colorado Avalanche), Taylor Hall (Edmonton Oilers) und Ryan O'Reilly (Buffalo Sabres) sind heuer allerdings nur noch drei Spieler aus dem Siegerteam des Vorjahres dabei.(red.)

Gruppe A:

Russland, Schweden, Tschechien, Schweiz, Lettland, Norwegen, Dänemark, Kasachstan.

Gruppe

B:

Kanada, Finnland, USA, Slowakei, Weißrussland, Frankreich, Deutschland, Ungarn.

Sport1

überträgt live.

(Print-Ausgabe, 06.05.2016)

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