Die Kim-Diktatur will sich neu aufstellen

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Beim Kongress der Arbeiterpartei soll die Partei auf Kosten des Militärs aufgewertet werden.

Pjöngjang/Wien. Das geplante „Feuerwerk“ als Auftakt zum großen Treffen der Parteifunktionäre und Militärs in Pjöngjang ist gründlich misslungen. Vor dem heute beginnenden Kongress der Arbeiterpartei Nordkoreas schlugen seit Mitte April gleich drei Tests von Mittelstreckenraketen fehl, sie explodierten Sekunden nach dem Abheben.

Über das Schicksal der beteiligten Raketentechniker sollte man nach den Fehlschlägen lieber nicht nachdenken. Wehe den Untertanen, die in dem kommunistischen Führerstaat versagen. . .

Seit Wochen wurde in der nordkoreanischen Hauptstadt geputzt, renoviert, verschönert und in den Medien über Erfolge in allen Bereichen berichtet – Übererfüllung der Pläne in den Fabriken, neue Rekorde im Kohleabbau. Nur eben bei der Raketenentwicklung gibt es offenkundige Rückschläge. Das erschwert es Diktator Kim Jong-un, sein geknechtetes Land bei diesem ersten Parteikongress seit 36 Jahren als gefürchtete Militärmacht zu präsentieren, die Atomwaffen hat, und auch die Trägersysteme, um diese in weit entfernte Gegenden zu befördern.

Bis zuletzt fürchtete der Nachbar Südkorea, dass die Nordkoreaner vor Beginn des Kongresses einen weiteren Atomtest durchführen würden – es wäre der zweite in diesem Jahr und der fünfte insgesamt. Chinas Staatschef Xi Jinping, ohnedies durch das eigenwillige Vorgehen des Egomanen Kim Jong-un zunehmend genervt, stellte vergangene Woche bereits eine Rute ins Fenster: „Als nahe Nachbarn der koreanischen Halbinsel werden wir weder Chaos noch einen Krieg auf der Halbinsel zulassen. Von einer solchen Situation würde niemand profitieren.“

Suche nach Geldquellen

Immerhin haben die nordkoreanischen Atom- und Raketentests bereits bewirkt, dass die Verhandlungen über die Aufstellung eines amerikanischen Raketenabwehrsystems (Thaad) in Südkorea, gegen das es zunächst viel Widerstand im Land gegeben hatte, jetzt zügig vorankommen. Peking befürchtet, dass die USA mittels des Thaad-Radars tief in chinesisches Territorium hineinblicken können.

Wie hart die internationalen Sanktionen wegen der Atom- und Raketentests die Führung und Wirtschaft Nordkoreas treffen, ist nicht klar und wird beim Parteikongress auch sicher nicht offen diskutiert werden. Das Regime ist ständig auf der Suche nach Devisenquellen, um den ausschweifenden Lebensstil der Führungselite und das kostspielige Atom- und Raketenprogramm finanzieren zu können. Neben Waffenverkäufen sieht Pjöngjang die Entsendung von „Sklavenarbeitern“ ins Ausland – vor allem nach Russland, China und in die Golfstaaten –, als immer wichtigere Geldquelle an.

Dass Kim Jong-un erstmals seit 1980 wieder einen Parteikongress abhalten lässt, interpretieren erfahrene Beobachter als Indiz dafür, dass der dritte Machthaber der Kim-Dynastie in Folge von der politischen Maxime seines Vaters Kim Jong-il – „Das Militär zuerst“ – Abstand nehmen und die zweite Machtstütze des Regimes – die Partei – wieder stärken wolle.

Und die Wirtschaft? Hier hat sich Kim III. noch am aufgeschlossensten gezeigt und ein paar Reförmchen zugelassen. Selbst wenn sie eine allmähliche Verbesserungen des Lebensniveaus der Bevölkerung ermöglichen würden, werden diese durch die Selbstisolierung des Landes und das Anziehen der Sanktionsschrauben alsbald wieder zunichte gemacht werden.

ARBEITERPARTEI TAGT

Nordkoreas herrschende Arbeiterpartei tritt ab heute zu ihrem siebenten Parteikongress zusammen. Zuletzt hatte sie 1980 getagt. Das Ende des Kongresses ist offen, genauso ist so gut wie nichts über seinen Ablauf und die Themen bekannt. Kim Jong-uns Vater, Kim Jong-il, war nach seinem Tod zum „Ewigen Generalsekretär“ erklärt worden – also wird sich sein Sohn wohl mit dem Titel „Erster Sekretär“ begnügen müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2016)

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