Kachelofen als moderne Heizung und Klimaanlage

Look on the flames inside a stove
Look on the flames inside a stove(c) Erwin Wodicka - BilderBox.com (Erwin Wodicka - BilderBox.com)
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Bisher galten traditionelle Kachelöfen und zeitgemäße Wärmepumpen als nicht ineinander integrierbar. Die enge Zusammenarbeit von Handwerk und Wissenschaft könnte bald den energetischen Alleskönner verwirklichen.

Laszlo Golicza ist gelernter Installateur und Heizungsbauer. In seinem persönlichen Traum vom Eigenheim war – wohl berufsbedingt – das Thema Heizung wichtig. Möglichst autark sollte sie sein, ressourcenschonend und komfortbringend. Doch nachdem er 2009 mitsamt Familie in sein selbst gebautes Haus mit Kachelofen-Ganzhausheizung eingezogen war, wurden Nachteile spürbar.

Dies vor allem in den Übergangszeiten, wenn die Heizung nicht bis zum Anschlag laufen sollte, die Warmwasserbereitung aber schon. Schließlich will man auch im Frühling und Herbst richtig heiß duschen. Im Raum, in dem der Ofen steht, herrschte oft Sahara-Feeling. Auch der Frostschutzbetrieb bei längerer Abwesenheit und der hohe Holzverbrauch waren für Golicza nicht zufriedenstellend. „All die Nachteile wollte ich so gut wie möglich eliminieren“, sagt der 37-Jährige, der über den zweiten Bildungsweg zur Forschung fand.

In den Mittelpunkt seines Interesses rückte die Wärmepumpe. Normalerweise verdampft diese ein Kältemittel, das dabei Wärmeenergie aus der Außenluft (Luftwärmepumpe) oder dem Erdreich (Erdwärmepumpe) aufnimmt.

In einem Verdichter wird das gasförmige Kältemittel komprimiert, wobei es sich erhitzt – das Prinzip einer Fahrradluftpumpe –, bevor es im Kondensator wieder verflüssigt wird und dabei Energie an den Heizkreislauf abgibt. Die Wärmepumpe kann bei geringem Stromverbrauch kostenlose Naturwärme noch wärmer machen. Allerdings ist die Planung für einen sehr effizienten Betrieb knifflig.

Kachelofen statt Außenwärme

Goliczas Gedanke war es, den Wirkungsgrad der Wärmepumpe zu steigern, indem sie die warme Abluft des Kachelofens statt der Außenwärme nutzt. Seine Idee einer Kachelofen-Wärmepumpen-Ganzhausheizung präsentierte er 2012 bei seinem Arbeitgeber, dem von Technologie- und Wissenschaftsministerium geförderten Kompetenzzentrum Bioenergy 2020+. Gemeinsam mit den Kachelofenbauern der Ortner GmbH und der Kälte- und Systemtechnik GmbH begann die Tüftelei. Die erste Anlage entstand in Goliczas eigenen vier Wänden. Inzwischen sind drei Feldanlagen in Betrieb. Das Patent ist seit Herbst gesichert.

„In unserem System entnimmt die Luftwärmepumpe ihre Energie während der Sommer- und Übergangszeit der Außenluft, im Winter aus der Umluft des Kachelofens“, erklärt Golicza. Ofen und Pumpe greifen ineinander und kommunizieren miteinander. Die Umschaltung zwischen Außen- und Ofenluft erfolge automatisch.

Ist es draußen warm genug, könne die Wärmepumpe die Warmwasserbereitung im Alleingang übernehmen. Der Ofen bleibt dann aus. Aber auch wenn ordentlich eingeheizt werden muss, verhindere die kontinuierliche Energieableitung aus der Kachelofenhülle Richtung Wärmepumpe die Überhitzung der Wohnräume. Der Clou ist eine neuartige Wärmepumpe, die mit den bis zu 70 Grad heißen Quelltemperaturen des Kachelofens zurechtkommt. Wie sie das schafft, bleibt Betriebsgeheimnis. Fest steht laut Golicza nur: „Gewöhnliche Luftwasserwärmepumpen würden das nicht vertragen.“

Kühler Ofen für den Sommer

Und noch etwas scheint am System zu bestechen: In den heißen Sommermonaten könne „die Wärmepumpe die Kachelofenoberfläche aktiv kühlen und so ein kühles Objekt im Wohnraum schaffen. Die dabei entzogene Wärme wird nicht wie bei gewöhnlichen Klimaanlagen an die Umgebung abgegeben, sondern für die Erwärmung des Brauchwassers verwendet“.

Wie sich das System auch wirklich bewähren kann, wollen Forscher und Techniker über den Testbetrieb ihrer Feldanlagen herausfinden. Vielleicht gehen die Zeiten bald zu Ende, in denen sich die Menschen nur an kalten Winterabenden um den heimischen Ofen versammeln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2016)

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