Oberbank-Chef: „Keine Alternative zum Sparbuch“

PK OBERBANK AG: GD FRANZ GASSELSBERGER
PK OBERBANK AG: GD FRANZ GASSELSBERGERAPA/HANS KLAUS TECHT
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Auch bei Zinsen nur knapp über null führe am Sparbuch kein Weg vorbei, sagt Oberbank-Chef Franz Gasselsberger. Grundsätzlich sei das Signal, dass sich Sparen nicht lohne, fatal.

Die Presse: Laut Nationalbank sind die privaten Vermögen der Österreicher 2015 gar nicht mehr gewachsen. Ist das Sparen angesichts von Nullzinsen ein überholtes Modell?

Franz Gasselsberger: Die Politik der Europäischen Zentralbank zielt darauf ab, den Konsum zu stimulieren. Und mit der Nullzinspolitik und auch der Diskussion über die Abschaffung des Bargeldes versucht man, die Wirtschaft anzukurbeln. Allerdings ist man dabei nur an kurzfristigen Veränderungen interessiert und übersieht damit total die nachhaltigen negativen Folgen. So sind nicht nur die Banken, Pensionskassen und Versicherungen davon betroffen, sondern ist es auch für Privatpersonen sehr schwer geworden, Vermögen aufzubauen. Das Signal „Sparen lohnt sich nicht“ ist fatal. Es führt zu einer grundlegenden Änderung der Werte.

Glauben Sie, dass sich die grundsätzliche Mentalität der Österreicher, die ja gern auf die Vorsorge schauen, ändern könnte?

Ich hoffe nicht. Das hat sich in den Köpfen der Menschen über Jahrhunderte gebildet und wird sich hoffentlich nicht so schnell ändern. Zudem erwarte ich nicht, dass das Niedrigzinsumfeld ein Dauerzustand bleiben wird – wie es das in Japan ist.

Was raten Sie als Chef einer traditionellen Regionalbank Ihren Kunden? Wie sollen sie ihr Geld anlegen?

Es gibt nach wie vor keine Alternative zum Sparbuch. Auch wenn die Zinsen dort nur knapp über null sind, führt daran kein Weg vorbei. Für Menschen, die das entsprechende Einkommen oder Vermögen haben, könnten Fonds natürlich eine Alternative sein. Vor allem gemischte Fonds mit einem vertretbaren Aktienanteil bringen eine höhere Rendite und erfreuen sich auch bei unseren Kunden derzeit einer großen Nachfrage.

Die Nullzinspolitik trifft nicht nur die Sparer, sondern auch die Banken, weil Margen sinken. Wie viel Luft haben Banken noch?

Es wird immer schwieriger, einen ordentlichen Ertrag zu erwirtschaften. Und jene, die bei den Kosten ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben, kommen nun unter Druck. Man muss also seine Kosten im Griff haben und gleichzeitig die Erträge aus Dienstleistungen erhöhen. Das kann etwa das Devisengeschäft oder das Geschäft mit Exportdokumenten sein. Oder der Zahlungsverkehr, der nach wie vor unsere ertragsstärkste Dienstleistungssparte ist. Man kann einfach nicht mehr nur Kredite verkaufen.

Zum Stichwort Dienstleistungserträge brachte die Nationalbank die Bankomatgebühr aufs Tapet. Wird das ein Thema werden?

Im privaten Bereich sind die Möglichkeiten zum Erfinden neuer Gebühren meiner Meinung nach sehr eingeschränkt. Das Geschäft ist bei Gebühren und Zinsen sehr stark reglementiert. Auch wenn diese derzeit kostenlose Behebung beim Bankomaten künftig mit einer Gebühr versehen wird, würde das die Ertragslage der Banken nicht spürbar heben. Wir überlegen daher weder im Moment noch in absehbarer Zeit, Bankomatgebühren einzuheben.

Sie meinten vorhin, dass der Zahlungsverkehr die ertragsstärkste Dienstleistungssparte ist. Gerade in dieses Geschäft drängen große Konzerne wie Apple oder Google. Macht Ihnen das Angst?

In diesem Bereich ist für Banken sicherlich das größte Bedrohungspotenzial. Fintechs und Konzerne wie Apple bieten gewisse Leistungen sehr kundenfreundlich und komfortabel an. Wir als Banken müssen daher in diesen Bereichen ebenfalls sehr investieren. Wir müssen uns dieser Entwicklung stellen. Ich habe aber keine Sorge, dass wir aus dem Markt gedrängt werden.

Derzeit sieht es bei Ihnen wirklich nicht nach Sorgen aus. Sie haben das sechste Rekordergebnis in Folge – und das in einem schwierigen Umfeld. Was machen die anderen Banken eigentlich falsch?

Ich möchte nicht darüber sprechen, was andere falsch machen. Ich kann aber sagen, was wir ganz gut gemacht haben. Wir haben in den vergangenen zehn Jahren einfach versucht, unsere Kosten anzupassen. Alles, was wir nicht direkt für den Kunden brauchen, haben wir aus den Filialen herausgenommen. Zudem haben wir auch die Expansion richtig gemacht. Dort hatten wir beim Timing auch unglaubliches Glück. Wir sind vor 25 Jahren nach Deutschland gegangen, erst vor zehn Jahren nach Tschechien und vor sechs Jahren nach Ungarn. Also zu einer Zeit, in der der erste Negativ-Hype bereits wieder vorbei war. Man sieht also, man kommt auch in solche Märkte nie zu spät. Und was wir auch gut gemacht haben, ist, dass wir nie eine andere Bank gekauft haben, die wir jetzt abwerten müssen.

Sie expandieren stetig. Wie groß kann eine Regionalbank werden?

Wir sind eine Regionalbank, haben in der Vergangenheit den Begriff der Region aber immer wieder neu definiert. Man darf das aber natürlich auch nicht überdehnen, weil man das Wachstum zuerst verdauen muss. Es ist jedenfalls nicht mein Naturell zu sagen: Das war es jetzt und jetzt verwalte ich das bis zu meiner Pension. Ich kann allerdings ausschließen, dass wir nach Bulgarien oder Rumänien gehen.

Der österreichische Markt gilt als overbanked. Dennoch eröffnen Sie auch hierzulande stetig neue Filialen. Welche Rolle wollen Sie bei der erwarteten Konsolidierung spielen?

Volkswirtschaftlich gesehen ist es natürlich richtig, dass wir overbanked sind. Es gibt zu viele Banken. Nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland. Eine Bank unseres Zuschnitts hat aber einfach eine Existenzberechtigung. Wir haben ein unglaublich gesundes Geschäftsmodell und eine sehr starke Position bei der Industrie und den mittelständischen Unternehmen. Wir profitieren auch stark von den Veränderungen auf dem Markt. Wir würden aber keinesfalls eine Bank kaufen. Das ist für uns ein Tabuthema. Wir werden aber weiterhin selbst organisch wachsen.

Die Oberbank hat ja auch viele Industriebeteiligungen. Laut Basel IV sollen diese künftig statt mit 100 Prozent des Wertes zu 250 Prozent mit Kapital unterlegt werden. Was würde das für Sie bedeuten?

Das ist noch in sehr weiter Ferne. Aber wir beobachten das genau. Und es würde bedeuten, dass wir für unsere Beteiligungen 0,6 Prozent mehr Kapital vorhalten müssten. Wir haben derzeit eine Quote von 14,2 Prozent. Es ist also nicht die Katastrophe – aber freuen würde es uns natürlich nicht.

Würde sich die Industriepolitik ändern, in der Banken eine bestimmende Rolle spielen?

Ja. Es würde die Rolle der Banken, einen Eigentümerstatus einzunehmen, massiv erschweren. Und wir sind diese Beteiligungen ja auch immer deswegen eingegangen, um etwa sicherzustellen, dass das Hauptquartier eines Unternehmens in Österreich bleibt oder dass es keine feindlichen Übernahmen geben kann.

ZUR PERSON

Franz Gasselsberger ist seit 1. Mai 2005 Vorstandsvorsitzender der Oberbank. Der Oberösterreicher startete nach dem Jusstudium in Salzburg seine Karriere bereits 1983 bei dem zur Drei-Banken-Gruppe (zusätzlich Bank für Kärnten und Steiermark, Bank für Tirol und Vorarlberg) gehörenden Institut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2016)

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