Auf dem Berg, im Zirkus, am See: Ich heirate, wie ich will!

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Heiraten am Strand, das war gestern. Hochzeitsfeiern werden immer individueller, größer und dauern länger. Man will seinen Gästen ein Erlebnis schenken.

Im Schloss, auf dem Sandstrand von Mauritius, in der Plastikkirche in Las Vegas. Schon bisher waren der Fantasie von Brautpaaren bei der Auswahl des Hochzeitsortes kaum Grenzen gesetzt. Mit dem steigenden Wohlstand der Gesellschaft und leistbaren Flügen begann in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren ein regelrechter Hochzeitstourismus in weit entfernte Länder. Da konnten Paare Trauung und Hochzeitsreise praktischerweise gleich zusammenlegen. Die Verwandten ließ man entweder zu Hause (und schickte nur eine Postkarte: „Wir haben uns getraut!“) oder lud nur die engsten Freunde als Trauzeugen dazu. Hochzeiten am Strand oder in Las Vegas, die gibt es heute auch noch, allerdings sind sie nichts Besonderes mehr.

Aber „besonders“, das muss eine Hochzeit heute für viele sein. Ein Grund dafür ist, dass Paare immer später heiraten, zuerst die Karriere ankurbeln, ihre Beziehung lang prüfen – und dann gern bereit sind, Geld und Zeit in die Trauungszeremonie zu stecken. Heute wird wieder sehr traditionell geheiratet, also mit der gesamten Familie und vielen Ritualen – oder sehr individuell. Und jedenfalls ausschweifend und mehrere Tage lang. Beliebt sind auch „Salami-Hochzeiten“: zuerst die Feier im Standesamt mit den engsten Freunden und Verwandten, danach die große Party für den weitverzweigten Freundeskreis und die kirchliche Hochzeit im Jahr darauf, gern auch bei der weiter weg lebenden Verwandtschaft von Braut oder Bräutigam, denen man die Anreise zur ersten Zeremonie nicht antun wollte. Manchmal hat das auch mit dem sich ankündigenden Nachwuchs zu tun. Vor oder nach der Geburt des ersten Kindes wird im kleinen Kreis die standesamtliche Hochzeit gefeiert, erst im Jahr darauf folgt ein großes Fest.

Dass die individuellen Zeremonien immer beliebter werden, hat laut Heiratsplanerin Gabi Socher aus Gmunden auch damit zu tun, dass Brautpaare wirklich dort heiraten wollen, wo es ihnen gefällt: auf einem Schiff auf dem Traunsee, in den Bergen oder im Zirkus. Es gebe aber Gemeinden, in denen der Standesbeamte bei solchen Zeremonien nicht mitwandern dürfe, oder Pfarrer, die das nicht tun würden. Also wird umdisponiert, die Feier mithilfe eines Hochzeitsredners abgehalten oder vielleicht doch ein Priester gefunden, der eine Segnungsfeier anbietet – die dann freilich nicht als kirchliche Trauung gilt.

Zurück an den Hochzeitsort

Es käme immer wieder vor, dass die Brautpaare dann alle Jahre wieder (am Hochzeitstag) an den Ort zurückkehren. „Das sind besondere Momente, die dich ein ganzes Leben lang begleiten.“ Den Trend zu tagelangen Festen hat auch Socher beobachtet. Bis zu drei Tage dauernde Hochzeitsfeiern sind heute keine Seltenheit mehr. Die Gäste kommen etwa am Freitag an, dann gibt es einen „Kennenlernabend“ in Tracht, am Samstag wird geheiratet (in Weiß), und zum Abschluss folgt am Sonntag ein Hochzeitsbrunch oder eine Wanderung. Diese tagelangen Feiern werden oft von weit gereisten Paaren oder Paaren, die aus unterschiedlichen Ländern kommen, geplant, deren Familien und Freunde naturgemäß aus vielen verschiedenen Ländern anreisen. Wer seine Liebsten schon darum bittet, ein Flugzeug zu besteigen, der will ihnen mehr als nur einen Hochzeitsabend bieten. Wer seine Liebsten ohnehin selten sieht, will auch ein bisschen mehr von ihnen haben. „Das wertvollste Gut ist heutzutage, Zeit zu schenken“, sagt Socher.

Viele Brautpaare wollen ihren Gästen daher ein richtiges Erlebnis schenken. Also gibt es Fotoboxen, Kutschenfahrten, Hotdog-Stände, viele Spiele – und irgendein liebevoll ausgesuchtes oder sogar vom Brautpaar selbst gemachtes Geschenk für jeden Gast (Marmelade, Schnaps, Serviettenringe, . . .).

Dem Wunsch nach individuellen Festen wird auch in typischen Heiratsregionen Rechnung getragen. Bei der von Socher mitgegründeten Plattform „Sag Ja im Salzkammergut“ können Paare ihre Hochzeit selbst organisieren oder sich inspirieren lassen. Dort wird auch mit „abenteuerlichen Zeremonien zwischen den Wipfeln im Hochseilgarten“ und einem „Tauchabenteuer im Attersee“ geworben. Es gibt heute wenig, was nicht möglich ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2016)

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