China kauft blauen Himmel für die Welt

The entrance to a conference centre, where the G20 summit will be held, is pictured in Hangzhou, Zhejiang province
The entrance to a conference centre, where the G20 summit will be held, is pictured in Hangzhou, Zhejiang province(c) REUTERS (ALY SONG)
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Peking schließt 700 Fabriken, um zum G20-Gipfel den Smog zu vertreiben. Die Kosten für die Frischluftkur sind groß.

China schmeißt den Mächtigen der Welt eine Party – und die Nebenwirkungen sind rund um den Globus zu spüren. Denn wenn Pekings Führung am 4. September die Staatschefs der Industrienationen (G20) im malerischen Hangzhou empfangen wird, soll bis zum wolkenfreien Himmel alles perfekt sein. Wie schon bei den Olympischen Spielen lässt das Regime auch diesmal nichts unversucht, um den chronischen Smog aus dem Land zu verbannen.

Seit dieser Woche müssen daher 700 Fabriken in der Region für einen halben Monat stillstehen. Unternehmen, die sich dem Dekret widersetzen, werden zwangsweise geschlossen. Das soll nicht nur blauen Himmel garantieren, wenn China der Welt den roten Teppich ausrollt.

Reisegutscheine für 1,3 Milliarden Euro

Staatschef Xi Jinping will das Treffen auch nutzen, um Stärke zu demonstrieren. Gerade in einer Zeit, in der das Wachstum der drittgrößten Wirtschaftsmacht der Welt sich deutlich abbremst. Und wenn das bedeutet, dass der Himmel blau gestrichen und die Einwohner mit Reisegutscheinen im Wert von 1,3 Milliarden Euro aus der Stadt gelockt werden müssen, dann ist es eben so.

Erfahrene Börsenhändler stellen sich hingegen schon einmal auf fallende Ölpreise in den kommenden Wochen ein. Geschätzte 250.000 Fass weniger am Tag wird China in dieser Zeit brauchen. Ökonomen von Capital Economics rechnen damit, dass die Zwangspause auch der chinesischen Volkswirtschaft eine deutliche Wachstumsdelle verpassen wird. Immerhin leben zehn Prozent der 1,4 Milliarden Chinesen in dieser Region, die Industrie ist sogar noch stärker vertreten.

Dass die Imagepolitur des roten Riesen derart auf Wachstum und Märkte durchschlägt, zeigte sich bereits bei den Olympischen Spielen in Peking. Damals beschloss der Staat die vorübergehende Schließung der Kohleminen. Schneller als die Luftqualität stieg in dieser Zeit nur der Preis für Kohle.

Die gute Luft ist teuer und vergänglich

Aber man kann Chinas Manöver durchaus auch Positives abgewinnen. So dürften sich die traditionellen Proteste der lokalen Bevölkerung gegen den G20-Gipfel diesmal in Grenzen halten. Solange sie frische Luft bringen, sind wohl auch die alten Klassenfeinde höchst willkommen. Wobei, allzu lang werden sich die Chinesen an der klaren Sicht nicht erfreuen dürfen. Seit den Olympischen Spielen 2008 messen die USA stündlich die Luftqualität im Land und kommen zu einem vernichtenden Urteil. Die gute Luft während der Spiele war schnell wieder Geschichte. In 80 Prozent aller Messungen seitdem bezeichneten die USA den Zustand der Luft in China als „ungesund“ oder „gefährlich“.

Noch dazu sind die zwei Wochen Frischluftkur für das Land wohl auch diesmal teuer erkauft. Schon für die Asien-Pazifik-Konferenz (Apec) im November 2014 hat China keine Mühen gescheut, um vor den Augen der Welt zu glänzen. Der Bezirk Huairou wurde umgebaut, Straßen wurden neu verlegt, Wälder gepflanzt, Luxushotels errichtet. Jedes zweite Auto in Peking durfte nicht fahren, Tausende Fabriken standen zwangsweise still. Immerhin, der untypisch blaue Himmel während des Treffens wurde im Internet rasch als „Apec Blue“ zum Synonym für alles, was zwar schön, aber flüchtig ist. Die Apec-Staatschefs tagten letztlich nur wenige Stunden in Huairou. Über die Kosten verlor Peking kein Wort.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2016)

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