Jantscher: „Türkei? Ich habe keine Angst“

SOCCER - UEFA EURO 2016, AUT vs POR
SOCCER - UEFA EURO 2016, AUT vs POR(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Christian Walgram)
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Jakob Jantscher, 27, heuerte vor wenigen Wochen in der Türkei an, der Blick auf das Schwarze Meer begeistert. Mögliche Terroranschläge fürchtet er nicht, „hier lässt es sich leben“.

Die Presse: Hand aufs Herz: Was wussten Sie vor Ihrem Wechsel über Rize?

Jakob Jantscher: Nicht allzu viel. Ich kannte den Verein Rizespor, wusste, dass auch Ümit Korkmaz dort unter Vertrag steht. Ansonsten habe ich viel im Internet recherchiert. Die Stadt liegt am Schwarzen Meer, umgeben ist sie von Bergen und vielen Teeplantagen.

Also ist Ihnen der Abschied aus Luzern nicht schwer gefallen?

In der Schweiz war die Lebensqualität sehr hoch, aber das ist sie auch hier. Wenn Sie jetzt gerade meinen Ausblick auf das Meer hätten, würden Sie auch sagen: „Hier lässt es sich leben.“

Mussten Sie bei Ihrer Familie viel Überzeugungsarbeit leisten?

Nein, nicht wirklich. Meine Frau ist offen für Veränderungen, auch ich schaue mir gern alles an. Nach Gesprächen mit meiner Familie und den Schwiegereltern war klar, dass wir diesen Schritt machen werden.

Die Türkei wurde in der jüngeren Vergangenheit immer wieder von Terroranschlägen erschüttert, im Juli folgte der Putschversuch. Fühlen Sie sich denn sicher?

Natürlich habe ich mir auch darüber Gedanken gemacht, mich mit dem Trainer und dem Präsidenten des Vereins unterhalten. Du kannst es natürlich nie wissen, aber es ist nicht davon auszugehen, dass hier in Rize etwas passieren wird.

Haben Sie den Eindruck, dass auf die Sicherheit der Spieler besonders Wert gelegt wird?

Die Polizei ist jedenfalls rund um die Uhr dabei, egal, ob auf dem Flughafen oder im Hotel. Ob das genügt, wenn tatsächlich etwas passieren sollte, weiß ich nicht. Ich habe jedenfalls keine Angst, auch kein mulmiges Gefühl.

Sie scheinen einen längeren Aufenthalt zu planen, haben für vier Jahre unterschrieben.

Hätte man mir nur einen Zweijahresvertrag angeboten, wäre die Sache vielleicht anders gelaufen. Mir wurde allerdings sofort ein Vertrag über vier Jahre vorgelegt, das bringt schon eine gewisse Absicherung.

Gilt Ihr Vertrag denn auch für ein eventuelles Engagement in der zweithöchsten Spielklasse?

Ich denke, er hat nur für die erste Liga Gültigkeit, ich bin mir aber nicht ganz sicher. Mit dem Abstieg sollte der Klub aber hoffentlich ohnehin nichts zu tun haben.

Sie haben die Schweiz im Glauben verlassen, in der Türkei würde besserer Fußball gespielt werden. Fühlen Sie sich in Ihrer Annahme bestätigt?

Die Türkei ist punkto Qualität der Einzelspieler über die Schweiz zu stellen. Das Niveau ist höher, vor allem bei den Topklubs wie Galatasaray oder Besiktas. Vergangene Woche haben wir bei Galatasaray gespielt (0:2, Anm.), da hat sich schon gezeigt, über welche Klasse einzelne Spieler verfügen.

Was glauben Sie, welche Rolle würde der Schweizer Abo-Meister FC Basel in der Türkei spielen?

Basel würde auch in der Türkei oben mitspielen. Ob sie nun Erster, Zweiter oder Dritter werden würden, sei dahingestellt.

Heute wird Teamchef Marcel Koller den Kader für die WM-Qualifikationsspiele gegen Wales (6. 10) und Serbien (9. 10.) bekannt geben. Mit Ihnen?

Ich weiß es noch nicht, auch ich erfahre es erst bei der öffentlichen Bekanntgabe. Zuletzt war ich nicht dabei, weil ich bei Luzern aufgrund meines bevorstehenden Abgangs nicht mehr viel gespielt habe. In der Türkei konnte ich nun wieder Spielpraxis sammeln. Wenn mich der Teamchef braucht, bin ich bereit.


Was haben Sie außer zwölf Minuten gegen Island von der Euro mitgenommen?

Viel Erfahrung. Kleine Nationen haben gezeigt, wie man bei einem Turnier aufzutreten hat. Eine Qualifikation ist eben etwas gänzlich anderes. Die Euro war für uns alle ein Stück weit enttäuschend.

ZUR PERSON

Jakob Jantscher steht seit Sommer beim türkischen Erstligisten Çaykur Rizespor unter Vertrag. Davor war der 27-jährige Flügelspieler bereits bei Sturm Graz, Salzburg, Dynamo Moskau, NEC Nijmegen und FC Luzern aktiv. [ AFP ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2016)

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