Dominic Thiem: "Manche Dinge sind unfassbar"

Tennis - Madrid Open - Juan Martin del Potro of Argentina v Dominic Thiem of Austria
Tennis - Madrid Open - Juan Martin del Potro of Argentina v Dominic Thiem of AustriaREUTERS
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Dominic Thiem, 23, ist einer der Stadthallenstars. Er spricht über seinen Höhenflug, Ziele, Zeit, Popularität und den Luxus des Tourlebens.

Die Presse: Sie sind 23 Jahre jung, in den Top Ten der Weltrangliste und haben sieben Turniere gewonnen. Müssen Sie sich nicht manchmal zwicken, um all das zu realisieren?

Dominic Thiem: Über alles, was in meiner Karriere schon passiert ist und noch passieren wird, werde ich wohl erst mit 35 Jahren so richtig nachdenken. Das Leben ist irrsinnig rasant, Tennis sowieso eine der schnelllebigsten Sportarten überhaupt. Da bleibt nicht viel Zeit zum Nachdenken.

Warum nicht?

Nach jedem Sieg gibt es ein oder zwei Stunden, in denen man sich richtig gut fühlt. Nach einem Turniersieg sind es ein, zwei Tage. Danach sind diese Eindrücke aber wieder vergessen, das nächste Turnier steht auf dem Programm. Es geht immer weiter.

Ihr Bekanntheitsgrad hat diese Saison, auch international, eine neue Dimension erreicht. Wie gehen Sie mit Popularität um?

Eigentlich ist es eh cool. Spiele ich gut, sieht man mich öfter im Fernsehen, bin ich in den Medien präsenter. Aber wenn ich einmal in Österreich bin, was leider nicht oft vorkommt, bewege ich mich meist ohnehin in Gegenden, in denen man mich von klein auf kennt.

Und der Verlust der Anonymität, wie schmerzhaft ist der?

Ich könnte wahrscheinlich nicht mehr unerkannt in einen Club gehen, aber das habe ich schon in den Jahren zuvor ganz selten gemacht. Das geht mir nicht ab. Ich sehe eher die positiven Seiten. Auf Flügen werde ich mittlerweile sehr oft erkannt, dann kommt es schon vor, dass ich mich währenddessen länger mit dem Flugpersonal unterhalte, das ist ein netter Zeitvertreib. Reisen und Lifestyle als Tennisprofi taugen mir schon richtig.

Wie viele Flugmeilen sammelt ein Tennisprofi? Sie sitzen ja doch jede Woche in einem Flugzeug.

Ich glaube, es sind sicher über 100.000 Meilen im Jahr, jedenfalls habe ich es tatsächlich bereits zum Senator-Status geschafft. Damit lasse ich Flüge upgraden, das ist schon ein großer Vorteil. Man erspart sich einiges an Geld, hat Zutritt zu den Lounges. Mir ist damit sehr geholfen.

Wo ziehen Sie eigentlich die Grenze zwischen professionellem Gedankenaustausch mit Medien, Fans und Ihrem Privatleben?

Privat ist alles innerhalb der eigenen vier Wände. Es braucht niemand wissen, wie es bei mir zu Hause aussieht. Wenn ich mich in der Öffentlichkeit bewege, habe ich kein Problem damit, angesprochen zu werden. Das gehört dazu.

Sie kommen bestimmt auch in den Genuss von so manchem „Zuckerl“, oder?

Da gibt es ein paar Sachen, über die ich mich wie ein kleines Kind freue. In Wimbledon habe ich das neue Auswärtstrikot von Chelsea bekommen – einen Tag, bevor es in den Verkauf ging. Das sind Dinge, die für mich unfassbar sind. Oder Karten für die Champions League, die man sonst nicht so einfach bekommen würde. Ich war zum Beispiel vor zwei Jahren bei Chelsea gegen Atlético im Stadion.

2015 hat es Sie mit drei Freunden im Sommer für einige Tage nach Ibiza verschlagen. Stand auch heuer ein Männerurlaub an?

Nein, leider nicht, es war keine Zeit dafür. 2017 wird es aber, glaube ich, wieder so weit sein. So ein Urlaub tut dem Kopf gut.

Haben Sie auf der Tour schon echte Freundschaften geschlossen oder beschränkt es sich zumeist auf ein Treffen für gemeinsame Trainingseinheiten?

Nein, da gibt es schon echt gute Freunde. Die Deutschen Alexander Zverev, Philipp Kohlschreiber und Jan-Lennard Struff, auch deren Trainer sind wirklich lässige Typen. Mit ihnen unternehme ich auch abseits des Tennisplatzes gern etwas, gehe abends essen. Die gleiche Sprache ist schon ein Riesenvorteil. Ich komme eigentlich mit allen Spieler gut aus, da gibt es echt keine Feindschaften, auch wenn es sich bei den meisten auf ein Hallo und Tschüss beschränkt. Arschlöcher sind da keine dabei.

ZUR PERSON

Dominic Thiem, 23, ist der dritte ÖTV-Tennisspieler nach Thomas Muster und Jürgen Melzer, der es in die Top Ten der Welt geschafft hat. Er gewann sieben Turniere (fünf Sand, je ein Hartplatz und Rasen). Bisheriges Karrierepreisgeld des Niederösterreichers: 4,4 Mio. Dollar.
Stadthalle: Das Wiener ATP-Turnier startet am Sonntag mit Tie Break Tens (19 Uhr/live ORF Sport +). Andy Murray, Thiem, Tsonga, Ivanisevic u. a. spielen in diesem Alles-oder-nichts-Bewerb um 250.000 Dollar (228.000 Euro).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2016)

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