Nach dem Grusel-Clown kommt der Killer-Kasperl

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Vom Hass-Harlekin bis zu Sex-Senioren - manche Wortkreationen sollte man lieber sein lassen.

Manche Komposita sollte man unverzüglich zum Kompostieren ablegen, auf dass sie wieder in ihre Einzelteile zerlegt Grundlage für Neues werden können. Der Grusel-Clown, zum Beispiel, sollte möglichst rasch wieder zu Worthumus verrotten. Nicht, weil von Coulrophobie, also der krankhaften Angst vor Clowns, Geplagte meinen, dass sich dahinter ohnehin ein Pleonasmus verberge. Sondern weil es schlicht eine sprachliche Unart ist, derartige Begriffe zu kreieren. Was mit dem Wut-Bürger noch irgendwie nachvollziehbar war, verliert im weiteren gewissenlosen Zusammenstoppeln von Worten zu möglichst griffigen Begriffen für die Schlagzeile langsam jegliche Rechtfertigung. Welche kompliziert konstruierten Komposita werden wohl als nächste hinter der Ecke lauern? Der Killer-Kasperl? Der Hass-Harlekin? Oder wird uns womöglich bald ein hinterhältiger Tinnitus-Tintifax in den Ohren liegen? Das stößt dem Kolumnen-Kocina jedenfalls säuerlich auf.

Dass mit derartigen Methoden gearbeitet wird, hat natürlich einen Grund. Eine Schlagzeile besteht nun einmal aus recht großen, dafür recht wenigen Buchstaben. Da bleibt nicht viel Raum zum Erklären. Diesen antizipierten Notstand bekämpft man dann eben mit Vereinfachungen à la Kirchen-Killer für einen Terroristen, der in einem Gotteshaus einen Anschlag verübt. Doch spätestens bei der Kopftuch-Kindergärtnerin sollte man fragen, ob das nicht langsam zu weit geht. Sonst landet man rund um einen Medizinerstreik beim Alarm-Arzt, macht einen aufgeregten Kommunalpolitiker zum Stampf-Stadtrat oder titelt bei einem Artikel über Zärtlichkeit im Alter mit Sex-Senioren. Kreateuren derartiger kompositorischer Kraftausdrücke wünschte man am liebsten einen Kuschel-Kaktus auf den Bürosessel. Wird der kaputt, ist auf dem Kreativ-Kompost sicher noch ein Platz frei. Gleich neben den Resten vom Grusel-Clown, bitte.

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2016)

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