Jugend und Job: Die relativ gute Lage nützen

Österreich liegt im Young-Workers-Index hinter der Schweiz und Deutschland auf Rang drei. Das weist auf gute Chancen der unter 25-Jährigen auf dem Jobmarkt hin. Ganz anders als in Italien, Griechenland oder der Türkei.

Eine erfreuliche und eine besorgniserregende Erkenntnis liefert der Young-Workers-Index, den das Beratungsunternehmen PwC kürzlich vorgelegt hat. Der Index beleuchtet die Situation und die Chancen der unter 25-Jährigen auf dem Arbeitsmarkt in den 35 Staaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Erstens: Österreich rangiert hinter der Schweiz und Deutschland auf Platz drei, was die Teilnahme der unter 25-Jährigen am Arbeitsmarkt betrifft.

Zweitens: In einigen OECD-Ländern ist die Zahl der NEETs dramatisch hoch. Darunter versteht man 20- bis 24-Jährige, die weder arbeiten noch in Ausbildung oder Schulungen stehen (Not in Education, Employment or Training). Salopp formuliert: Das sind Menschen in den sogenannten besten Jahren, die nichts zu tun haben und sich nichts zu tun finden.

In der Türkei beträgt die NEET-Rate deutlich mehr als ein Drittel. Auch in Spanien und Griechenland bewegt sie sich um die 30-Prozent-Marke. In Italien, einer nicht unwichtigen Volkswirtschaft in der EU, sind es sogar 35 Prozent.

„Alles, was hier über 20 Prozent liegt ist katastrophal“, sagt Harald Dutzler, Managing Partner bei Strategy &, der Strategieberatung des PwC-Netzwerks. „Es bedeutet, dass junge Menschen keine Perspektive haben und tendenziell langfristig arbeitslos sind.“ Das berge auch einiges soziales Risiko. Und ganz abgesehen davon verlieren die betroffenen Länder wirtschaftliches Potenzial. Mit einer NEET-Rate wie in Österreich oder Deutschland (zwölf bzw. zehn Prozent) könnten Länder wie Türkei, Italien oder Griechenland ein um sieben bis neun Prozent höheres Bruttoinlandsprodukt erzielen.

Österreich steht nicht nur bei der NEET-Rate gut da, sondern auch beim Index, der ein gewichteter Durchschnitt aus acht Indikatoren ist. Darunter NEET-, Beschäftigungs-, Arbeitslosen- und Schulabbruchsraten, Teilzeitarbeit, (Lang-)Zeitarbeitslosigkeit und Teilnahme an Aus- und Weiterbildung. Österreichs gute Position erklärt sich also zum Teil aus der im Vergleich geringen Jugendarbeitslosigkeit.

„Ein starker Treiber ist die duale Ausbildung, die Berufsausbildung mit Schulbildung kombiniert und es jungen Menschen erleichtert, in die Arbeitswelt einzusteigen.“ Dutzler verhehlt nicht, dass die Lehrausbildung durchaus eine Investition der Unternehmen ist. Allerdings habe er nicht das Gefühl, dass damit ein guter Platz in der Rangliste teuer erkauft sei.

Verbesserungspotenzial sieht Dutzler vor allem in Sachen Weiterbildung. Hier scheitere es weniger am Angebot als an der Bereitschaft der Einzelnen, sich weiterzuentwickeln.

Was bedeuten die Zahlen des Young- Workers-Index für den Einzelnen?

Und genau bei Aus- und Weiterbildung setzt der Berater auch seine Empfehlungen an: Um nicht in die Gruppe der NEETs zu rutschen, sei Aus- und Weiterbildung entscheidend. Dutzler rät einerseits dazu, eine spezifische Ausbildung zu wählen. Doch er warnt andererseits auch davor, sich zu sehr auf die formelle Ausbildung zu verlassen. Er empfiehlt, früh Kontakt mit den Unternehmen aufzunehmen und sich bietende Möglichkeiten zu ergreifen. Das erfordere Mut. Wichtig wäre für junge Menschen, zu den Unternehmen zu gehen und zu fragen: „Ich bin bereit, in mich zu investieren. Was kann ich für euch, aber vor allem: Was könnt ihr für meine Weiterentwicklung tun?“ Gut zu verdienen sei schön, sagt Dutzler, doch manchmal dauere es ein wenig bis zur „Erntephase“. Möglichkeiten zur Weiterentwicklung sollten am Anfang im Vordergrund stehen.

Welche Konsequenzen sollten Unternehmen ziehen?

Unternehmen seien gefordert, früh auf ihre künftigen Arbeitskräfte zuzugehen. „Recruiting als Reaktion auf Bewerbungen reicht nicht“, sagt Dutzler. Größeren Unternehmen rät er, Bachelorprogramme anzubieten, in denen arbeiten und studieren möglich ist. Damit könnten rasch gute Leute für das eigene Unternehmen aufgebaut werden. Kleinen und mittleren Unternehmen, die nicht über derartige Ressourcen verfügen, empfiehlt Dutzler stärker auf Mundpropaganda zu setzen, um an Talente zu kommen.

Wo und wie sollten Politik und Gesellschaft ansetzen?

Ziel sollte eine möglichst geringe NEET-Rate sein, sagt Dutzler. Dazu müssten Bildungsmöglichkeiten geschaffen, die Qualität in der Lehrlingsausbildung in allen Branchen weiter verbessert und Qualifikationen in den Mint-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) gefördert werden.

(Print-Ausgabe, 03.12.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.