Vegane Cremes: Was übrig bleibt, wird aufgegessen

Naturkosmetik
Naturkosmetik(c) Clemens Fabry
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Viele junge Frauen verweigern chemische Inhaltsstoffe und stellen sich ihre Kosmetikprodukte lieber selbst her. Neben dem Verzicht auf Shampoo hat nun auch der Veganismus seinen Platz in den selbst gerührten Cremes, Peelings und Deos gefunden.

Es war vermutlich nur eine Frage der Zeit. Zuerst wurde veganes Essen in den österreichischen Städten massentauglich, nun wird auch von Nicht-Veganern der nächste Bereich entdeckt: vegane Kosmetik, die sich in den vergangenen Monaten durch Bücher, vor allem aber durch Blogs, Webseiten und Foren ihren Weg in die Köpfe vieler gebahnt hat.

Besprochen werden dabei einerseits vegane Kosmetikmarken, andererseits gibt es eine Fülle an Kosmetikrezepten zum Selbstmachen, die mithilfe von Fotos, kurzen Anleitungen und Videos erklärt werden. Die Anhänger des Veganismus können dabei auf eine ohnehin schon große Gruppe an jungen Frauen zählen, die Fans der Do-it-yourself-Bewegung sind und schon länger ihre Kosmetik selber mischen. Frei nach dem Motto: Auf meine Haut kommt nur Wasser, Öl, Obst und Gemüse.

Frei von Chemie

Eine der ersten, die diese Bewegung erkannt hat, ist die Linzer Verlegerin Siegrid Hirsch, die mit ihrem Buch „Die Kräuter in meinem Garten“ schon 1996 im eigens gegründeten Verlag einen Verkaufsschlager geschaffen hat. Neue Bücher wie „Grüne Kosmetik“ und „Vegane Kosmetik“, von und mit Gabriela Nedoma, zählen (neben den veganen Kochbüchern) mittlerweile zu den Bestsellern des Verlags.

Sie sind eine Reaktion auf den Wunsch vieler Österreicher, Produkte frei von chemischen Zusatzstoffen zu verwenden. Ein noch immer schwieriges Unterfangen, da nur wenige Kosmetiklinien wirklich vollständig auf bedenkliche Stoffe verzichten.

Doch im Netz hat sich schon längst eine eigene Community gebildet, die immer neue Wege sucht, um auf chemische Kosmetikprodukte zu verzichten. „No Poo“ (von „No Shampoo“) heißt etwa der unglücklich gewählte Name der Bewegung, bei der Nutzer gänzlich auf Shampoo verzichten. Man wäscht sich die Haare weniger oder eine Zeit lang gar nicht, um die natürliche Talgproduktion der Kopfhaut zu stimulieren, und verwendet später nur Natron, Lavaerde oder nur Wasser zum Haarewaschen.

Einfach mit wenigen Zutaten

Zu Gute kommt den Anhängern von selbst gemachter Kosmetik die Einfachheit der Rezepte. Während das Herstellen eigener Seifen eher aufwendig ist, lassen sich alle anderen Pflegeprodukte wie Haut- und Gesichtcremes, Zahnpasta, Shampoos, sogar leichte Sonnenschutzcremen relativ einfach und mit ein paar Zutaten herstellen. „Rühren“ nennt Siegrid Hirsch das Zubereiten der eigenen Pflegeprodukte.

Große Vorkenntnisse braucht es dafür nicht. Ein halber Teelöffel Mohnsamen, ein Teelöffel Joghurt und ein halber Teelöffel Honig machen etwa ein natürliches Peeling für die Haut. Hausverstand braucht es beim Rühren trotzdem. Vor allem, wenn man bei Hitze mit Ölen und Kakaobutter hantiert. Oder die eigenen Pflegeprodukte nicht verträgt – und in Folge rote Flecken im Gesicht bekommt. „Es gibt ganz viele Menschen, die auf Honig und Bienenwachs nicht gut reagieren“, sagt Hirsch. Ein Grund, warum sie selbst ein Fan von veganer, selbst gerührter Kosmetik ist. Dort lässt man alle natürlichen tierischen Zutaten wie Honig und Joghurt weg – und ersetzt sie durch Pflanzenöle. Statt eines Joghurt-Mohn-Peelings macht der Veganer eine Maske aus einem Teelöffel Mohnsamen, zwei Esslöffel Sojamilch und einem Teelöffel pulverisierter Haferflocken. „Die Naturkosmetik war schon davor zu zwei Drittel vegan“, sagt Hirsch. Viel Verzicht bedeute der Veganismus daher oft nicht. Wer sich bei den Kosmetikrezepten an die alten Hausmittel der Oma erinnert, irrt freilich nicht. „Niemand wäre auf die Idee gekommen, sich etwas ins Gesicht zu streichen, das magenunverträglich ist“, wird die Autorin Chris Stadtlaender im Buch „Grüne Kosmetik“ über Schönheitsprodukte zu Kaiserin Sisis Zeiten zitiert. Diese Rezepte werden jetzt wiederentdeckt und weiterentwickelt.

Was wohl auch mit der wachsenden Zahl an Kosmetikskandalen zu tun hat. Jahrelang galten etwa Deos, die Aluminium enthalten, nicht als gefährlich. Jetzt warnt auch schon das Österreichische Gesundheitsministerium vor ihnen. Alternativen gibt es aber erst vereinzelt auf dem Markt. Die Anhänger von (veganer) DIY-Naturkosmetik machen sich ihre Deos mit Natron und drei Tropfen ätherischen Öls selbst.

Wissen, was drinnen ist

Denn wer selbst mixt, behält die Kontrolle und hat, wenn man den Anhängern der selbst gemachten Kosmetik glauben möchte, auch die besseren Wirkstoffe. In Aloe-Vera-Cremes etwa befinden sich oft nur Spuren der Pflanze. Wer die genügsame Pflanze zu Hause züchtet, kann daher auf eine stärkere Wirkung hoffen. Die Qualität der Pflanzen ist freilich auch bei der DIY-Kosmetik entscheidend, und das ist jener Punkt, der auch selbst zubereitete Cremes teurer werden lässt. Mit Schadstoffen belastete Pflanzen (Ringelblumen, die neben einer Straße gepflückt werden) sollte man nicht verwenden. Sonst ist alles erlaubt, was wächst und gegessen werden kann.

Und was von der Creme übrig bleibe, sagt Siegrid Hirsch, „das isst man einfach auf“.

Bücher

„Vegane Kosmetik“,von Gabriela Nedoma und Siegrid Hirsch, Freya Verlag, 160 Seiten, 19,90 Euro.

„Sugaring“, Marianne Weiss, Freya Verlag, 160 Verlag, 16,90 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2016)

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