Pariser Modeuniversum

Centre Lancement N°5. Ins Weltall zog es Karl Lagerfeld mit Chanel. Zum Abschluss der Show hob die riesige Chanel-Rakete im Grand Palais unter lautem Getöse vom Boden ab.
Centre Lancement N°5. Ins Weltall zog es Karl Lagerfeld mit Chanel. Zum Abschluss der Show hob die riesige Chanel-Rakete im Grand Palais unter lautem Getöse vom Boden ab.(c) imago/Xinhua
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Die Pariser Modewoche konnte sich – ob gewollt oder nicht – der Politik nicht entziehen.

Zehn, neun, acht, sieben, sechs . . . der letzte Tag der Pariser Modewoche begann mit einem Countdown zum Start. Genauer gesagt, zu einem Raketenstart im Grand Palais. Denn Karl Lagerfeld beförderte seine neueste Kollektion in extraterrestrisches Gebiet. Er ließ sich vom Space Age der 1960er-Jahre inspirieren, und das zeigte sich natürlich auch in der gigantischen Kulisse. Taschen in Raketenform, glitzernde Boots und über dem Kopf getragene Daunenjacken sorgten für den passenden galaktischen Touch bei den typischen Tweedkostümen. Selbst für Chanel äußerst dramatisch war das Ende der Show, als die Rakete zwar nicht durch das gläserne Dach des Palais startete, aber immerhin funkenschlagend vom Boden abhob. Politische Statements, die in der Mode gerade sehr en vogue sind, ließ der Designer nicht verlauten. Wobei man natürlich auch gerade das als Statement interpretieren kann. Im Sinn von „Man kann nicht nicht politisch sein“. Vielleicht wollte sich Lagerfeld von dem ganzen Weltgeschehen ins All verabschieden oder sich von der Milchstraße einen Überblick verschaffen?

Moncler Gamme Rouge.
Moncler Gamme Rouge.(c) Beigestellt

Sesamstraße. Was Glamour in einer unsicher gewordenen Welt bedeutet, damit hat sich Miuccia Prada für Miu Miu auseinandergesetzt. Den medialen Schreckensmeldungen setzt sie üppigen violetten Eco-Pelz entgegen, der nicht nur auf den Einladungen zu finden war, sondern auch die Treppen und Wände des Palais d’Iéna zierte. In der gleichen Tonart wurden die neuen Entwürfe gezeigt: Colour-Blocking in Grün, Orange, Rot oder Türkis wurde großgeschrieben. Pelzige Hüte, Handschuhe und Fellstiefel wurden mit transparenten Mänteln und Hosenanzügen, die an Pyjamas erinnerten, gezeigt. „Sesamstraße“ trifft auf Wes-Anderson-Film. Dazu liefen Hip-Hop-Bässe, die die meterhohen Spiegel klirren ließen. Von Weltuntergangsstimmung keine Spur.

Kanada wird seit der Präsidentschaft von Donald Trump für US-Amerikaner als Auswanderungsland immer attraktiver. Ob das für Giambatta Valli ausschlaggebend war, ist nicht zu sagen. Er jedenfalls inszenierte seine Mode für Moncler Gamme Rouge rund um den kanadischen goldenen Herbst in einem rot-orange gefärbten Blätterwald. Selbst kanadische Mounties standen für die Models, die mit Rucksäcken und Blumenkleidchen einen Mix aus sportlich und schön zeigten, Spalier.

Louis Vuitton.
Louis Vuitton.(c) APA/AFP/BERTRAND GUAY

Starke Frauen ließ Maria Grazia Chiuri bei Dior über den Catwalk laufen. Ein Shirt mit der Aufschrift „We should all be feminists“ wurde vorige Saison zum Verkaufsschlager und Liebling auf Social Media, wurde von Stars getragen und auf Magazincovers abgebildet. Diesmal brauchte es so eindeutig ausgeschriebene Botschaften nicht. Die Models liefen mit strengen Gesichtern, Arbeitsstiefeln, an Blaumänner erinnernden Looks und ausschließlich in Schwarz und Blau über den Laufsteg.

Politische Messages will zwar auch das österreichische Label Wendy & Jim nicht hinausschreien, die Kollektion präsentierte man trotzdem unter dem Titel „Exi(s)t“ in Anspielung auf Wörter wie Brexit und Sexist, die noch immer in aller Munde sind. Und auch das Rattenmuster lässt sich im Nachhinein natürlich frei interpretieren, was viele Zuschauer nach der Show auch taten.

Prints waren diesmal auch bei Hermès ein großes Thema, wenngleich weniger provokant. Designerin Nadège Vanhee-Cybulski griff auf Muster aus den Hermès-Archiven – ebenfalls der 1960er-Jahre zurück – was der Kollektion kantige Modernität verlieh.

Nobi Talai.
Nobi Talai.(c) Yannis Vlamos

Grenzenlos. Einen ungewöhnlichen Ort für ihre Präsentation wählte die deutsche Designerin Nobieh Talaeis für ihr Label Nobi Talai. Sie zeigte ihre nüchternen Entwürfe mit einem Hauch Romantik und Schmuckelementen aus Horn in der Kirche Cathédrale Américaine. Inspirieren ließ sie sich von Bauhaus-Künstler Oskar Schlemmer.

Die wohl spektakulärste Show-Location hatte aber Louis Vuitton. Wie nachts allein im Museum fühlten sich die Gäste, die im sonst menschenleeren Louvre, immerhin dem meistbesuchten Museum der Welt, über die gläserne Pyramide zur Show gingen. Die Mode selbst – kantige Looks mit viel Leder und zarte Kleider mit Spitze und Voilants – wurde dann in der Galerie Court Marly neben Marmorstatuen aus dem 17. und 18. Jahrhundert gezeigt. Designer Nicolas Ghesquière spielte mit Gegensätzen und den vielen Einflüssen der Globalisierung. Sein Ziel war es, in einer Welt, in der immer mehr Zäune gebaut werden, alle möglichen Barrieren zu brechen.

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